Warum ein Feldkircher Stadtrat Klimaaktivisten und Beamte angezeigt hat

Benedikt König war von der letzten Klimaschutzdemonstration in Feldkirch selbst betroffen und sah besonders eine Gefahr für das Rettungswesen. Er zeigte sowohl die Aktivisten selbst als auch die zuständigen Bediensteten der BH Feldkirch an.
Feldkirch Benedikt König reicht es. Er möchte ein Zeichen setzen. Gegen die Aktivistinnen und Aktivisten, die vor zehn Tagen auf der Liechtensteiner Straße in Feldkirch gegen den geplanten Stadttunnel protestierten. Denn Benedikt König – seines Zeichens ÖVP-Stadtrat von Feldkirch – saß zu diesem Zeitpunkt selbst im Auto. Und musste wegen der Demonstration von „Extinction Rebellion“ und anderer Klimaschutzorganisationen einen Umweg von zehn Minuten in Kauf nehmen – er verpasste fast seinen Zug nach Innsbruck. Doch das sei nicht der Hauptpunkt seiner Anzeige, sagt König den Vorarlberger Nachrichten. Denn durch die Demonstration gegen Freitagmittag sei vor allem die wichtigste Straße zur Zufahrt zum Landeskrankenhaus lahmgelegt werden: „Es war zeitweise ein Durchkommen für Einsatzfahrzeuge nicht möglich“, hält er fest.

“Wir haben überprüft, wie die Umleitung funktioniert. Wir haben insbesondere gemeinsam mit der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle überprüft, ob die Versammlung Auswirkungen auf den Rettungsverkehr hat”, sagt Feldkirchs Bezirkshauptmann Herbert Burtscher den VN: “Es gab nicht einmal richtigen Stau, das waren marginale Auswirkungen auf den Verkehrsfluss.”

Gerhard Kräutler vom Roten Kreuz ergänzt: “Das war schon nicht super, wir mussten Umwege fahren. Problematisch war es für den Krankentransport zu Terminen im Spital, etwa für Dialyse-Patienten.” Das sei aber bei jeglicher Verkehrsbeeinträchtigung im Feldkircher Stadtgebiet wegen des Standorts des Spitals so. Und: “Der Notfall ist immer durchgekommen und wurde auch durchgelassen”, sagt der Landesrettungskommandant. Auch die beim Protest anwesende VOL.at-Reporterin Mirjam Mayer berichtet den VN davon, dass Busse und Einsatzfahrzeuge entweder durchgelassen oder direkt umgeleitet wurden. Und Andrea Marosi-Kuster, Leiterin der Unternehmenskommunikation, sagt auf VN-Anfrage, dass der Krankenhausbetriebsgesellschaft “keine Probleme in der medizinischen Versorgung” bekannt seien, die auf die Demonstration zurückzuführen sind.
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Dennoch ist die Versammlung für Stadtrat König ein Fall für die Justiz. Die Aktivistinnen und Aktivisten hätten mit ihrer Straßenblockade physische Gewalt ausgeübt, er sieht dadurch den Straftatbestand der Nötigung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung erfüllt. Außerdem hätten die Demonstranten vorsätzlich “eine Gefahr für Leib und Leben einer größeren Zahl von Menschen” herbeigeführt. Und das gelte auch für die Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft – diese machten sich laut König strafbar, weil sie die Versammlung nicht auflösten und hätten dadurch zudem Amtsmissbrauch begangen.

Strafrechtsprofessor Robert Kert (Wirtschaftsuniversität Wien) aus Feldkirch kann dem aber nichts abgewinnen: “Nach dem österreichischen Verständnis von Gewalt braucht es für eine Nötigung eine Krafteinwirkung.” Und: “Selbst wenn Rettungswägen blockiert worden wären, wäre das auch noch nicht automatisch eine Gemeingefährdung.” Er fasst zusammen: “Wer aus Protest einfach nur eine Straße blockiert, macht sich in der Regel nicht strafbar.”

Und Bezirkshauptmann Burtscher hält fest: “Es ist nichts kaputt gegangen. Und es wird schon Situationen gegeben haben, in denen das mit dem Verkehrsfluss eng wurde, aber dem steht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gegenüber. Wenn es keine grobe Störung gibt, können wir eine Versammlung nicht auflösen.” Das gilt auch dann, wenn sie, wie in diesem Fall, nicht formell angemeldet wurde.

Dennoch beschäftigt sich nun die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit den von Benedikt König erhobenen Vorwürfen. Von dort heißt es, dass aktuell geprüft werde, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Zunächst berichtete der “Exxpress” darüber. Für den Fall, dass es tatsächlich zu einem Verfahren kommt, beantragte König bereits jetzt, als Privatbeteiligter zugelassen zu werden: Denn er sei „durch das Verhalten der Aktivisten zum Opfer einer Nötigung“ geworden und fühlte sich dadurch „nicht nur behindert, sondern unnötig in Stress versetzt“, führt er in der Sachverhaltsdarstellung aus. Und weiter: „Er beziffert seinen Schadenersatzanspruch für die erlittene Unbill vorerst mit 500 Euro (Ausdehnung bleibt ausdrücklich vorbehalten).“

Update um 22.15 Uhr: Stellungnahme von Andrea Marosi-Kuster, Leiterin der Unternehmenskommunikation der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft, eingefügt.