Heiliger Florian
Die Parteien sind gerüstet, die Themen liegen auf dem Tisch. Es fehlt nur mehr der Termin für die Landtagswahl im Herbst. Einen langen Wahlkampf wünscht sich niemand. Erstens sind mit der neuen Kostenbegrenzung auf 2,85 Euro pro Wahlberechtigtem die Möglichkeiten der Eigen-PR eingeschränkt. Da muss sowohl auf Werbegeschenke als auch auf Plakate und Veranstaltungen verzichtet werden. Zweitens ist das Bedürfnis nach parteipolitischer Auseinandersetzung in der Bevölkerung nicht sehr ausgeprägt und nach den Sommerferien gegen Null tendierend. Drittens wird der Ländle-Wahlkampf ohnehin in der Mutter aller Schlachten, der Nationalratswahl, untergehen.
Die ÖVP verteidigt ihren letzten Vierer vor einem Landeswahlergebnis. Obwohl für Markus Wallner mit der Klärung der Abtreibungsfrage und der Einstellungen aller Ermittlungen wegen der Wirtschaftsbund-Inserate die größten Kritikpunkte beseitigt sind, wird er in die 30-Prozent-Liga absteigen müssen. Da bewirkt selbst ein Budget ohne Neuverschuldung kein Wunder. (Wer das allerdings als selbstverständlich sieht, werfe einen Blick nach Kärnten mit 492 Millionen oder Niederösterreich mit 480 Millionen Euro Defizit.) Bilder von Sebastian Kurz aus dem Gerichtssaal und das sture Festhalten seiner Bundespartei an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka werden allerdings Wallner auch im Wien-fernen Vorarlberg belasten.
Die Grünen sind optimistisch, dass die gemeinsame Zusammenarbeit weitergeht. Es ist für sie die letzte echte Koalitionsbeteiligung auf Landesebene. Von der schwarz-grünen Westachse ist nur noch das gallische Dorf am Bodensee übergeblieben. Tirol und Salzburg werden jetzt von Schwarz-Rot bzw. Schwarz-Blau regiert. Johannes Rauch als Spitzenkandidat und Hauptverhandler wird fehlen, gemeinsame Projekte ebenso und das Klima im Bund auch jenes im Land belasten. Sowohl im übertragenen wie im wörtlichen Sinne aus Sicht der Grünwähler, die sich mehr Einsatz gegen Straßenprojekte erwarten. Konkurrenz ist für die Grünen mit der SPÖ entstanden. Mario Leitner will in die Regierung und präsentiert sich als Alternative zum Juniorpartner und nicht zur ÖVP. Ihr macht eigentlich nur die FPÖ Konkurrenz.
„Von der schwarz-grünen Westachse ist nur mehr das gallische Dorf am Bodensee übergeblieben.“
Teuerung, Klimaschutz und Zuwanderung sind die Topthemen in Österreich. In Vorarlberg kommen noch Integration und leistbares Wohnen hinzu. Und selbstverständlich der Wunsch nach einer neuen politischen Kultur mit mehr Transparenz und Respekt vor dem politischen Gegenüber. Doch Wahlen werden immer stärker von Emotionen entschieden. Welche Person wirkt am glaubwürdigsten, wer kanalisiert Unzufriedenheit, wer weckt Hoffnung? Viele der Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller sieht die Bevölkerung das erste Mal auf dieser Bühne. Denn auch die Neos versuchen es mit Claudia Gamon zwar mit keiner Unbekannten, aber mit einem frischen Gesicht. Umgekehrt können die Parteien nur hoffen, dass ihr Haus bei einer anderen Wahl angezündet wird. Ganz nach dem Motto des Heiligen Florians.
FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.
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