Bankenexperte Huber über die Kredite an die Signa: „Die Hypo hat sich wohl blenden lassen“

Die Hypo Vorarlberg sei trotz der ausgefallenen Kredite von mehr als 130 Millionen Euro ganz klar nicht insolvenzgefährdet, sagt Jürgen Huber.
Bregenz, Innsbruck Für den Betriebswirtschaftler Jürgen Huber kommen die Recherchen über die ausgefallenen Kredite der Hypo Vorarlberg an die Signa-Gruppe extrem überraschend, wie er im Gespräch mit den Vorarlberger Nachrichten ausführt. „Eine Bank, die ihr Geld wieder haben will, muss natürlich die Kreditwürdigkeit eines Kreditwerbers prüfen und sollte im Normalfall bei solchen Krediten im Grundbuch abgesichert sein“, sagt der Leiter des Instituts für Banken und Finanzen an der Universität Innsbruck.
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Huber rechnet damit, dass die Hypo Vorarlberg rund 20 bis 30 Prozent der voraussichtlich 131,2 Millionen Euro an ausgefallenen Krediten im Gläubigerverfahren wieder zurückbekommen könnte; das „Chalet N“ in Lech ist zum Beispiel mit einem Pfandrecht belastet. „Die Bank ist dadurch ganz klar nicht insolvenzgefährdet. Es kann aber zum Beispiel gut sein, dass die 730 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jetzt für ein oder zwei Jahre keine Bonuszahlungen mehr bekommen.“

Jedenfalls ortet Jürgen Huber ein Versagen der internen Kontrollsysteme. Die externen – etwa jenes der Österreichischen Nationalbank, die nach einer Vor-Ort-Prüfung vor dem Signa-Konstrukt warnte – hätten funktioniert; jene der Bank selbst eben nicht. „Aber der Herr Benko ist nun einmal eine sehr überzeugende und schillernde Persönlichkeit gewesen, der viele Banken und Investoren davon überzeugt hat, ihm Geld zu geben“, sagt Huber.
„Da hat man sich wohl blenden lassen“
Wie die VN berichteten, hielt die Fachabteilung der Hypo zu einem Kreditantrag der Gruppe zwar fest, dass „die positiven Ergebnisse der letzten Jahre […] nur sekundär auf der operativen Tätigkeit“ beruht hätten. Gleichzeitig verfüge Vorsitzender René Benko aber auch über ein „zweifelsohne ausgezeichnetes und weitverzweigtes Netzwerk in Wirtschaft und Politik“.
„Da hat man sich wohl blenden lassen“, kommentiert Jürgen Huber eine solche Argumentation. „Das kommt die Bank nun sehr teuer zu stehen.”
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Und das sei wohl auch der Grund, warum sich die Hypo Vorarlberg überhaupt auf Kreditgeschäfte dieser Art einließ. „Ich weiß auch nicht, wie sehr die Hypo Vorarlberg außerhalb von Vorarlberg aktiv sein soll und will. Warum sie ein Projekt eines Nicht-Vorarlbergers mit einer Nicht-Vorarlberger Firma in Berlin finanziert, weiß ich nicht“, sagt Jürgen Huber. „Man hätte auch 260 Vorarlberger Familien einen Wohnbaukredit von jeweils einer halben Million geben können, da wären die 130 Millionen deutlich besser angelegt gewesen.“
„Man hätte auch 260 Vorarlberger Familien einen Wohnbaukredit von jeweils einer halben Million geben können, da wären die 130 Millionen deutlich besser angelegt gewesen.“
Jürgen Huber, Institut für Banken und Finanzen, Universität Innsbruck
Wer ist dafür verantwortlich? Der Experte sieht den Vorstand in der Pflicht: „Der ist letztlich verantwortlich und müsste bei derartig hohen Krediten besonders genau prüfen. Auch medial tut das nicht gut, der Ruf wird beschädigt.“ Eine Verantwortung des Landeshauptmanns sieht Jürgen Huber, der auch promovierter Politikwissenschaftler ist, aber nicht. „Ganz ehrlich: Er ist zwar Eigentümervertreter und das Land ist im Aufsichtsrat vertreten, aber realistisch kann man ihm die tagesaktuellen Geschäfte nicht vorwerfen. Eine Aktiengesellschaft hat eben einen Vorstand für das Tagesgeschäft.“

Könnte also zum Beispiel eine Art KIM-Verordnung für Unternehmen die Lösung sein, um solchen Problem vorzugreifen? Nein, glaubt Jürgen Huber, schließlich seien unterschiedliche Unternehmen auch unterschiedlich aufgestellt. Aber: „Zum Beispiel die Immobilienbranche ist immer riskant und gleichzeitig gut besicherbar. Dass die Bank ins Grundbuch geht, ist für jeden Häuslebauer logisch.“ Über Vorgaben in diese Richtung könne man also nachdenken. Denn: „Mindestens 80 Prozent, besser 100 Prozent, sollten bei Immobilienkrediten grundbücherlich besichert werden.“
