Abgeordnete nehmen Abschied: Stolz auf Land, Aydin-Effekt und vieles mehr

Politik / 04.07.2024 • 16:11 Uhr
Landtag Aktuelle Stunde Thema: Klimaschutz
Rund ein Drittel der 36 Abgeordneten wird nicht mehr im Landtag vertreten sein. VN/RHomberg

Für viele Mandatare geht am Donnerstag mit der letzten regulären Landtagssitzung dieser Legislaturperiode eine Ära zu Ende. Mit den VN blicken einige von ihnen auf ihre Zeit im Landtag zurück.

Bregenz Es erinnert ein wenig an den letzten Schultag, wenn die Abgeordneten nach und nach den Sitzungssaal im Vorarlberger Landtag füllen. Bernie Weber macht in einem körperlichen Balanceakt ein Erinnerungsfoto, die Mandatare lachen, etwas Wehmut liegt in der Luft. Zwar dauert die Legislaturperiode noch an, allerdings ging am Donnerstag die letzte reguläre Landtagssitzung über die Bühne. Am 13. Oktober wird gewählt. Mindestens ein Drittel der 36 Mandatare kehrt danach nicht mehr in der bisherigen Funktion ins Landhaus zurück. In der ÖVP nehmen Klubobmann Roland Frühstück, sein Stellvertreter Thomas Winsauer, Steve Mayr sowie Susanne Andexlinger, Gabriele Graf, Christoph Thoma und Raphael Wichtl den Hut. Winsauer ist stolz auf das Land, das eines der sichersten, schönsten und wohlhabendsten Regionen in ganz Europa sei. Bei den Grünen verabschieden sich Christoph Metzler und Vahide Aydin, wobei letztere die erste Abgeordnete mit Migrationshintergrund im Landtag war. Der Aydin-Effekt habe bei den Gemeinderatswahlen 2010 und 2015 eingeschlagen. Migrantinnen und Migranten seien sichtbarer geworden, erzählt sie. Stolz ist sie auf die Implementierung des Integrationsausschusses. Eine niederschwellige Anlaufstelle für Menschen, die Alltagsrassismus erleben, sei noch zu schaffen. Bei der SPÖ verabschieden sich Elke Zimmermann und Martin Staudinger. Er berichtet von einem guten Umgang mit Kolleginnen und Kollegen aller Parteien: “Das ist wichtig. Nur im Dialog kann Politik alle Blickwinkel miteinander zu einer Lösung für alle bilden.” Thomas Hopfner, der als Sozialdemokrat einzog und parteifrei wurde, geht ebenso. “Vertrauen in den Staat, die Verwaltung und in die Politik sind unverzichtbar”, sagt er. Das sei die große Herausforderung der Zukunft. Bei der FPÖ verabschiedet sich voraussichtlich Nicole Feurstein-Hosp aus dem Landtag, die maximal über die Landesliste einziehen könnte. Sie wolle Teil eines starken, freiheitlichen Teams sein, sagt sie. Neos-Klubobmann Johannes Gasser wechselt aller Voraussicht nach in den Nationalrat. Er habe in den vergangenen fünf Jahren viel gelernt und sein Bestes gegeben. “Ich wünsche mir, dass der Landtag ein Ort einer positiven Debattenkultur bleibt.”

Maurice Shourot
“Ich blicke mit Dankbarkeit auf die letzten 20 Jahre im Landtag zurück; dankbar bin ich vor allem meinen treuen Wählerinnen und Wählern. Das Land hat sich beachtlich entwickelt, viele Herausforderungen positiv bewältigt, Vorarlbergs Bevölkerung kann in einer der sichersten, schönsten und wohlhabendsten Regionen in ganz Europa leben, darauf bin ich stolz. Nun habe ich mich bewusst dafür entschieden, mehr Zeit meiner Frau, meinen beiden Kindern  sowie meinem Beruf als Notar zu widmen.  Ich wünsche mir in den kommenden Jahren weiterhin eine christlich-soziale Familienpolitik mit bestmöglicher Förderung unserer Kinder, die verbesserte Möglichkeit des Eigentumserwerbs von Wohnraum und möge die Landespolitik weiterhin alles unternehmen, dass sich Leistung in unserer Gesellschaft wieder mehr lohnen wird.” Thomas Winsauer, ÖVP Foto: Shourot
Maurice Shourot
“Ich blicke mit Stolz und Dankbarkeit auf meine Zeit als Abgeordnete zurück. Ich war überwältigt, dass ich als erste Abgeordnete mit Migrationshintergrund mit Vorzugsstimmen in den Landtag gewählt wurde.  Mein Ziel war es, einerseits, dass es Zeit ist auch auf der politischen Ebene zu partizipieren und sichtbar zu sein. Andererseits, dass ich Migrantinnen und Migranten Mut mache, sich auch auf der politischen Ebene zu engagieren und dass ich die Diskussion über Integration für Vorarlberg mit gestalten will. Zum Beispiel hatte der Aydin-Effekt bei den Gemeinderatswahlen 2010 und 2015 eingeschlagen, so dass  auf allen Parteien Menschen mit Migrationshintergrund sichtbar waren. Ich wollte eine Stimme für jene sein, die sonst kaum Gehör finden in der Politik. Das habe ich auch gleich bei der Angelobung gemacht, als ich sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch „Ich gelobe/yemin ederim“ gesagt habe. Diesen Worten habe ich auch gleich Taten folgen lassen: Einer meiner ersten Anträge zur Mehrsprachigkeit wurde einstimmig angenommen. Auch das Integrationsbild, das ich mitgestaltet habe, wurde einstimmig beschlossen und ein Integrationsausschuss wurde implementiert. Aber natürlich gibt es weiterhin viel zu tun in Vorarlberg: Für die Landespolitik in den kommenden Jahren wünsche ich mir, dass der Familienzuschuss für alle Kinder gewährt wird. Ein ganz wichtiger Schritt, um Vorarlberg zum chancenreichsten Lebensraum für alle Kinder zu machen. Außerdem ist es wichtig, eine niederschwellige Anlaufstelle für Menschen zu schaffen, die Alltagsrassismus erleben. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um eine gerechtere, integrativere und inklusivere Gesellschaft zu fördern. Ein besonders emotionaler Moment war eine Rede zum Erdbeben in der Türkei und Syrien. Ich hatte einen Kloß im Hals, weil ich stolz und berührt war, dass eine Vorarlberger Delegation vor Ort war.” Vahide Aydin, Grüne
FOTO: SHOUROT
Maurice Shourot
„Wenn ich auf meine Zeit als Landtagsabgeordnete zurückblicke, dann erfüllt mich das mit Demut, Stolz und Dankbarkeit. Es war eine spannende und intensive Zeit, die geprägt war von vielen besonderen Momenten, Debatten und Begegnungen. Diese Erfahrungen haben mich nicht nur politisch, sondern auch persönlich bereichert. Mein Ziel ist es, auch zukünftig Teil eines starken freiheitlichen Teams zu sein, das die Interessen und das Wohl der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger in den Focus rückt.“ Nicole Feurstein-Hosp, FPÖ FOTO: SHOUROT
Maurice Shourot
“Ich blicke vor allem mit einer großen Dankbarkeit auf die letzten 5 Jahre zurück. Ich habe in dieser Zeit mein Bestes für die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger gegeben. Dabei konnte ich unglaublich viel lernen und vor allem so viele verschiedene Seiten unseres Landes kennenlernen. Auch wenn wir in Opposition waren, weiß ich, dass ich einen Beitrag leisten konnte Vorarlberg weiter zu bringen und Themen auf die politische Tagesordnung zu bringen – von der Kinderbetreuung, Leistungsgerechtigkeit, aber auch wie wir unser Sozialsystem zukunftstauglich machen. Ich wünsche mir, dass der Vorarlberger Landtag ein Ort einer positiven Debattenkultur bleibt und der menschliche Umgang in der Politik und in der Gesellschaft gestärkt wird!” Johannes Gasser, Neos FOTO: SHOUROT
Maurice Shourot
“Den Abschied aus dem Landtag sehe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Es war eine herausfordernde und abwechslungsreiche Zeit, mit Höhen und Tiefen. Ich habe in den letzten Jahren nicht nur viele neue Erfahrungen sammeln können, sondern auch zahlreiche engagierte Personen kennenlernen dürfen. Dennoch freue ich mich jetzt schon darauf, wieder mehr Zeit für Familie und Freizeit haben zu können, und dass ich mich nun auch als Betriebsrätin noch stärker einbringen kann.” Elke Zimmermann, SPÖ FOTO: SHOUROT
Maurice Shourot
“Für mich war das eine äußerst interessante, spannende, herausfordernde und lehrreiche Zeit. Die Krisen der letzten Jahre haben alle vor immer neue Herausforderungen gestellt. Ich durfte mich in einem für die Gesellschaft bedeutenden Bereich gestaltend einbringen. Dabei habe ich versucht, diese Tätigkeit mit Verantwortung und einer gewissen Demut auszuüben. Bei aller Ernsthaftigkeit soll man sich selber aber nicht zu wichtig nehmen. Unsere Gesellschaft hat zu viel Polarisierung, Zuspitzungen und leider auch Spaltung und zu viel lauten und schrillen Lärm. Darum war mir der soziale Friede in unserem Land, eine mehrheitsfähige Politik der Mitte, in der Zuhören, Gespräche, Austausch und auch Kompromisse selbstverständlich sind, ein besonderes Anliegen. Vertrauen in den Staat, die Verwaltung und in die Politik sind unverzichtbar. Darin liegt eine große Herausforderung der Zukunft. Dafür gilt es auch in der nächsten Periode massiv zu arbeiten.” Thomas Hopfner, parteifrei FOTO: SHOUROT