Mario Leiter über 11.000 Wohnungen: “Es ist eine große Challenge, aber wir schaffen das sicher”

SPÖ-Chef Leiter ist überzeugt, dass seine Forderung im gemeinnützigen Wohnbau umsetzbar ist.
Schwarzach SPÖ-Chef Mario Leiter hat ein großes Ziel: Nach der Landtagswahl am 13. Oktober möchte er in die Landesregierung. Im VN-Sommergespräch spricht er über mögliche Koalitionen, auch mit der FPÖ. Er bekräftigt seine Forderung nach 11.000 gemeinnützigen Wohnungen in der neuen Legislaturperiode und spricht über das Vorarlberger Gesundheitssystem.
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Herr Leiter, angenommen, Sie könnten sich ein Gesetz wünschen, das sofort umgesetzt wird. Welches wäre das?
Mario Leiter Vermutlich würde ich die Wohnbaurichtlinie ändern, damit tatsächlich mehr Wohnungen gebaut werden können.
Und weil wir gerade beim Wunschkonzert sind: Sollten Sie es in die Landesregierung schaffen, welches Ressort hätten Sie gerne?
Leiter Ich habe kein Wunschressort, ich bin total offen. Anspruch der SPÖ ist es, in die Landesregierung einzuziehen, um auch auf andere Ressorts Einfluss nehmen zu können.

Die Menschen kämpfen immer noch mit der Teuerung. Sie hat sich zwar verlangsamt, aber die Preise steigen weiter. Was kann eine Landesregierung dagegen tun?
Leiter Das große Problem ist, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung in diesem Bereich total versagt haben, beide sind schwarz-grün. Jetzt sind die Auswüchse da, das Leben in Vorarlberg ist zu teuer. Menschen vermögen teilweise ihre Einkäufe nicht mehr.
Und welche konkreten Maßnahmen könnten helfen, die Lebenskosten in Vorarlberg zu senken?
Leiter Kinderbetreuung muss zum Beispiel leistbarer werden. In allen Bereichen der Landeskompetenz kann etwas gemacht werden. Auch im gemeinnützigen Wohnbau hat das Land Einfluss. Die Wohnraumnot ist in der Mittelschicht angekommen. Auch hier ist die Landesregierung absolut säumig. Sie hat 4000 gemeinnützige Wohnungen ins Regierungsprogramm geschrieben und nicht einmal die Hälfte geschafft. Wenn wir jetzt wieder beginnen zu bauen, wird es mehr leistbare Wohnungen geben und die Bauwirtschaft wird angekurbelt. Damit entstehen Arbeitsplätze, die Wirtschaft wird angekurbelt, damit gelangt wieder mehr Geld in den Umlauf.

Die Landesregierung schafft es nicht, das einstige Ziel von 4000 Wohnungen zu erreichen, sie fordern trotzdem 11.000 Wohnungen in der kommenden Legislaturperiode. Wie soll das funktionieren?
Leiter Eine Wifo-Studie zeigt, wie sich mehr gemeinnützige Wohnungen auf den privaten Mietpreis auswirken. Wenn die Zahl um zehn Prozent erhöht wird, werden die privaten Mietpreise um 30 bis 40 Cent billiger. Da reden wir schon mal von 300 bis 500 Euro Mietkosten pro Jahr.
Die Vogewosi wird heuer 114 neue Wohnungen vergeben. Wie sollen die drei gemeinnützigen Wohnbauträger 2000 neue Wohnungen pro Jahr stemmen?
Leiter Das ist eine große Challenge. Wir haben gute gemeinnützige Wohnbauträger. Und die Vogewosi hat ein großes Grundstücksvorkommen, darauf kann man bauen. Land und Gemeinden können weitere Grundstücke mit Baurecht vergeben. Wir schaffen das sicher, das Land muss aber mehr fördern. Das Problem ist ja, dass ein gemeinnütziger Wohnbauträger zunächst beim Bürgermeister fragen muss, ob er Bedarf hat. Der Bürgermeister antwortet: An dieser Stelle haben wir aber nur einen kleinen Kindergarten, also nein. Sonst müsste er neue Kindergartenplätze an dieser Stelle schaffen. Diese Bedarfsfrage muss gelockert werden, damit in allen Gemeinden gemeinnützige Wohnungen entstehen. Ein Privater muss den Bürgermeister nicht fragen. Er hat sich an die Regeln zu halten, dann baut er.

Auch im Vorarlberger Gesundheitssystem rumort es. Die Ärzte möchten mehr Geld, die Krankenhäuser und das Land sind zurückhaltend. Auf welcher Seite stehen Sie?
Leiter Da lege ich mich nicht fest. Aber ich diskutiere gerne mit den Ärztinnen und Ärzten, weil ohne Ärzte wird es nicht gehen. Wir müssen sie wertschätzen, es ist enorm, was sie täglich für das Volk in Vorarlberg leisten.
Im Gesundheitssystem sehen wir insgesamt Personalprobleme, gleichzeitig kostet es sehr viel Geld. Wie würden Sie Vorarlbergs Gesundheitssystem effizienter gestalten?
Leiter Wir müssen jedenfalls Personal finden, um das aktuelle Spitalspersonal zu entlasten. Zudem müssen vorgelagerte Stellen ausgebaut werden. Also, dass wirklich nur der Notfall ins Krankenhaus kommt, dafür kann für ihn dann genug Zeit aufgewendet werden. Derzeit geht jeder ins Krankenhaus, auch nachts um drei, weil er Halsweh hat. Das geht nicht, das muss vorgelagert geschehen. Da spielt auch die Telefonnummer 1450 eine große Rolle. Dieses Service muss ebenfalls ausgebaut werden.
Das Krankenhaus Dornbirn gehört der Stadt. Soll es dort bleiben oder unter das Dach der KHBG wandern?
Leiter Das müssen Stadt und KHBG selbst entscheiden. Da rede ich nicht rein.

In Ihrer Partei rumort es ebenfalls. Nach der EU-Wahl hat Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil erneut Bundesparteichef Andreas Babler öffentlich kritisiert. Warum gibt es in der SPÖ keine Einigkeit?
Leiter Die SPÖ ist keine One-Man-Show. Wir sind in neun Bundesländern vertreten, mit neun Landesparteichefs. Wir haben verschiedene Ausrichtungen und wir diskutieren im Parteivorstand intensiv, über jedes Thema wird am Ende abgestimmt. Es wird immer wieder Themen geben, die dem Osten weniger gefallen als vielleicht den anderen im Westen. Natürlich ist es in Summe schlecht, wenn man sich Dinge über die Medien ausrichtet. Aber ich schätze Hans-Peter Doskozil sehr, er ist ein guter Freund von mir. Auch Tirols Landesparteichef Georg Dornauer ist ein guter Freund, hat aber ab und zu eine andere Meinung, die muss man auch lassen.
Steckbrief
Mario Leiter
Landesparteivorsitzender der SPÖ Vorarlberg
Geboren 27. Juli 1965 in Bludenz
Laufbahn Seit 1985 für Stadtpolizei tätig, 2015 Einstieg in Gemeindepolitik, bis zum Frühjahr 2021 Vizebürgermeister von Bludenz.
Familie Verheiratet, Vater eines Sohnes
Sind Sie Team Babler oder Team Doskozil?
Leiter Auch Andreas Babler ist ein sehr guter Freund. Er ist am Parteitag gewählt worden und wird von uns zu 100 Prozent unterstützt. Wir möchten, dass er Bundeskanzler wird.
Sie haben vor einigen Wochen getwittert, dass Sie es schade finden, dass es keine Direktwahl des Landeshauptmannes gibt. Hätten Sie bessere Chancen, wenn Sie ohne SPÖ im Hintergrund antreten könnten?
Leiter Nein, natürlich nicht. Ich bin stolzer und überzeugter Sozialdemokrat. Aber ich bin überzeugt, wenn ich die Chance hätte, auf Augenhöhe im direkten Duell mit dem Landeshauptmann zu diskutieren, hätten wir sehr gute Chancen. Und für die Bevölkerung wäre eine Direktwahl sehr interessant, wie beim Bürgermeister.

Sie möchten in die Landesregierung, dazu müssen Sie natürlich eine erfolgreiche Wahl schlagen. Befürchten Sie, dass Ihnen die KPÖ einen Strich durch die Rechnung machen könnte, weil sie Ihnen einige Prozente klaut?
Leiter Es werden ja noch mehr Parteien antreten, die Auseinandersetzung wird spannend. Wir stehen ja nicht ganz links, sondern haben uns links der Mitte ausgerichtet, wir sind ein Angebot für die breite Masse der Bevölkerung. Wir möchten die Mittelschicht ansprechen. Wir möchten, dass die Menschen, die Steuern zahlen, auch etwas davon haben. Wir müssen sie entlasten.
Würde die SPÖ auch einer Landesregierung angehören, in der die FPÖ sitzt?
Leiter Auf Bundesebene gibt es einen Beschluss keine Koalition mit der FPÖ einzugehen, das ist Gesetz. Aber in Vorarlberg rede ich mit allen Parteien, ich bin ein offener Mensch.
Es könnte also eine Koalition geben, in der SPÖ und FPÖ sitzen?
Leiter In Vorarlberg reden wir mit allen und jede Koalitionsform ist möglich.

Wordrap
Was ist Ihre größte Schwäche? Zeit für Freizeit.
Ihr Lieblingsort in Vorarlberg? Bludenz.
Home Office oder Büro? Wechselhaft.
Ihre Urlaubspläne diesen Sommer? Italien.
Eine Sache, die Sie an Vorarlberg ändern würden? Das Wohnen.
Was war Ihr schönster Moment in der Politik bisher? Dinge umzusetzen.
Welches Land würden Sie gerne bereisen? Australien.
Welcher historische Politiker inspiriert Sie am meisten? Kreisky.
Mit welchem Promi würden Sie gerne einmal essen gehen? Wolfgang Ambros.
Wie starten Sie in den Tag? Immer lächelnd und um 6.30 Uhr.
Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Ein Buch, wenn es geht, ein Handy, um zu telefonieren und natürlich Sonnencreme.
Welche Musikrichtung hören Sie gerne? Blues.