„Nostrifizierung in jetziger Form abschaffen”

Politik / 12.07.2024 • 15:08 Uhr
Primärversorgungszentren hätten in ländlichen Gebieten nichts verloren, sagt Ärzte-Vertreter Walla.  Foto: APA
Der Bedarf an Ärzten und Pflegepersonal ist hoch. Auch im Ausland wird rekrutiert, die Berufsqualifizierungsverfahren sollen in Zukunft effizienter ablaufen. APA

Aufgrund der demografischen Entwicklung sind Fachkräfte aus dem Ausland gefragt. Die Berufsanerkennung soll vereinfacht werden.

Wien, Schwarzach “Ich möchte schon kundtun, dass es mir wichtig ist, dass die Zertifikate, Ausbildungszeugnisse etc. von ausländischen Ärzten oder Personen in systemrelevanten Berufen sehr gut überprüft werden bzw. dass Nachprüfungen und eine Nostrifizierung erfolgen sollen”, schreibt eine Leserin als Reaktion auf einen Bericht über die Situation eines indischen Neurologen, der in Feldkirch arbeiten will. Ein Punkt, dem wohl niemand widerspricht. Dennoch ist die politische Ebene um Vereinfachungen der aufwendigen und langwierigen Verfahren bemüht.

Denn Österreich hat einen Fachkräftemangel. „Aufgrund der demografischen Entwicklung hat allgemein die Rekrutierung von Fachkräften aus dem EU-Ausland an Bedeutung gewonnen“, sagt dazu eine Sprecherin der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG).

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Zeit und Ressourcen verschwendet

Die Politik sieht Handlungsbedarf, um die Verfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen. „Die Nostrifizierung in der jetzigen Form muss abgeschafft werden“, sagte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Sowohl Bewerberinnen und Bewerber, als auch Hochschulen würden derzeit zu viel Ressourcen dafür aufwenden. Daher wird eine zentrale Kompetenzstelle geschaffen. Ausländische Akademiker sollen beraten und österreichische Hochschulen bei der Überprüfung von Dokumenten unterstützt werden, informierte Polaschek. Als Erstes soll aufgrund des Personalbedarfs der Pflegebereich angegangen werden.

Nach der Nostrifizierung darf etwa ein akademischer Grad geführt oder ein bestimmter Beruf wie etwa Anwalt, Ärztin oder in der Gesundheits- und Krankenpflege ausgeübt werden. Für das Nostrifizierungsverfahren sind jene Hochschulen zuständig, die ein entsprechendes Studium selbst anbieten. Derzeit gibt es jährlich im Schnitt insgesamt rund 500 Anträge.

Viele Frauen wollenAusbildungen anerkennen lassen

In Vorarlberg ist AST – Beratung zur Anerkennung ausländischer Diplome eine zentrale Anlaufstelle. Dort wird kostenlose, mehrsprachige Information, Beratung und Begleitung im gesamten Anerkennungs- bzw. Bewertungsverfahren angeboten. Damit ist die Stelle ein zentraler Vernetzungspunkt zwischen allen Einrichtungen und den Bewerberinnen und Bewerbern.

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Die Zahlen aller Klientinnen und Klienten von AST aus dem Vorjahr geben Aufschluss, wer in Vorarlberg um eine Berufsanerkennung ansucht: Es waren zu fast zwei Drittel Bewerberinnen, in Zahlen: 194 Frauen und 111 Männer. Die Altersgruppe, die am stärksten vertreten war, waren 26- bis 35-Jährige (132), danach folgten gleich 36- bis 45-Jährige.

Die meisten Menschen, die an einer Nostrifizierung interessiert waren, kamen aus Syrien. Es waren 59 Personen und damit 27,6 Prozent aller Klientinnen und Klienten. Mit 38 Interessenten folgten Menschen aus der Ukraine (17,8 Prozent), am dritten Platz folgte die Türkei mit 29 Personen (13,6 Prozent).

Aufschlussreich ist auch der Ausbildungsgrad: 54 Prozent der Männer und 62,4 Prozent der Frauen haben einen Universitätsabschluss.

Zuständigkeiten bei Nostrifizierungen

Die Länder sind zuständig für Nostrikfikationen von Drittstaatsangehörigen. Der Bund ist zuständig für die Nostrifikationen von EU- und EWR-Bürgerinnen und -Bürgern. Im Jahr 2023 wurden in Vorarlberg insgesamt 52 Verfahren zu Nostrifikationen nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz abgeschlossen. 40 Nostrifikationen in der Pflegefachassistenz, 12 Nostrifikationen in der Pflegeassistenz, informiert das Büro von Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP),

45 Fachkräfte rekrutiert

Eine Nachfrage bei der KHBG, die alle Landeskrankenhäuser umfasst, gibt einen Einblick in die Praxis, auch wenn keine Statistik über nostrifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt wird. „Die Vorarlberger Landeskrankenhäuser rekrutieren derzeit Fachkräfte im EU-Ausland – insbesondere Fachpersonal für die Pflege, operationstechnische Assistenz und Radiologietechnologie. Mit Ende des heurigen Jahres sollen rund 45 Fachkräfte ihre Arbeit in den Häusern der VLKH beginnen“, informiert eine Sprecherin.

Es gebe eine „sehr gut funktionierende Kooperation“ mit dem Land Vorarlberg, der FH Vorarlberg und der Pflegeschule Vorarlberg.  Für die Ausbildung zur „Pflegeassistenz“ und „Pflegefachassistenz“ etwa werden regelmäßig Nostrifikationskurse an der Pflegeschule Vorarlberg angeboten.

Hohe Sprachkompetenz

Der Nostrifikationsprozess sei aber „durchaus mit einigen (bürokratischen) Hürden verbunden, insbesondere bei der Nostrifikation der ärztlichen Ausbildung“, informiert die Sprecherin. Österreich verlange zum Beispiel mit C1 eine hohe Sprachkompetenz, das kann eine „Hürde“ sein. Ebenso die länderspezifischen Ausbildungswege: Eine Hürde speziell für Ausbildungsärztinnen und -ärzten kann mitunter die vorgeschriebene neunmonatige Basisausbildung in Österreich darstellen. Diese muss bei einem Wechsel nach Österreich nachgeholt werden.

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