Damit es sich ausgeht
Eines gleich vorweg: Die heimische Wirtschaft ist gut aufgestellt. Die fehlende Bekämpfung der Inflation hat zwar höhere Lohnabschlüsse zur Folge gehabt und damit unsere Wettbewerbsposition leicht verschlechtert. Aber noch sind die Exportzahlen – und das ist ein guter Indikator für die Leistungsfähigkeit unserer Betriebe – trotz der schwächelnden Konjunktur beim wichtigsten Handelspartner Deutschland, gut.
„Woher das Geld kommt, aus einer Vermietung, einer Erbschaft, einer Schenkung oder einem Erwerbseinkommen, sollte eigentlich egal sein. “
Die mahnenden Worte von Unternehmerseite nach mehr Unterstützung durch den Staat sind vor diesem Hintergrund zwar verständlich, aber im Vergleich zur Situation der lohnabhängigen Menschen doch einigermaßen übertrieben. Gerade von Seiten der Immobilien- und Bauwirtschaft wirkt dieser Ruf nach dem Staat angesichts der Turbokonjunktur der letzten 15 Jahre unverständlich. Faktisch leidtragende sind die Mieter und Wohnungskäufer. Sie müssen mit einer Preisdynamik am Wohnungsmarkt zurande kommen, die im Vergleich zur Entwicklung ihrer Einkommen existenzgefährdend ist.
So sind in Vorarlberg die Medieneinkommen (ohne Sonderzahlungen) der Arbeitnehmer im Zeitraum 2010 bis 2022 real gerade einmal um 5,5 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum aber haben die Preise für Wohnungseigentum um 122 Prozent und die Mietpreise um 48 Prozent zugelegt. Dass sich das für viele Menschen die einen Eigentumserwerb anstreben, nicht mehr ausgeht, ist augenscheinlich. Wenn der Staat nachhaltig etwas für die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes tun will, dann muss er bei den Kosten für die Grundbedürfnisse Menschen ansetzen. Dies nur über bessere Löhne bewerkstelligen zu wollen, würde gleichzeitig auch schlechtere Wettbewerbsbedingungen für die Betriebe bedeuten.
Deshalb macht es weit mehr Sinn, über neue Formen der Besteuerung im Gegenzug zu Entlastungen bei der Einkommenssteuer nachzudenken. Die Politik wird trotz starkem Widerstand der bekannten Bedenkenträger und Unternehmerlobbyisten wohl nicht umhinkommen und jene zur Kasse bitten müssen, die große Vermögen besitzen. Es würde schon mehr Gerechtigkeit bringen, wenn zumindest das Zuflussprinzip als Grundlage der Besteuerung konsequent angewandt wird. So wie es für jeden Arbeitnehmer und jeden Pensionisten automatisch gilt. Wer einen Geldzufluss erhält, muss diesen versteuern. Woher das Geld kommt, aus einer Vermietung, einer Erbschaft, einer Schenkung oder einem Erwerbseinkommen, sollte eigentlich egal sein. Das dümmste Argument dagegen, es handelt sich ja um bereits versteuertes Geld, ist sofort bei der Hand, wenn es darum geht, große Vermögen zu schützen.
Dieselben Lobbyisten, die nichts dagegen haben, dass ein Arbeiter sein Essen mit seinem versteuerten Geld bezahlen muss, sehen den Untergang des Abendlandes nahen, sollte es soweit kommt, dass auch auf Vermögensübertragungen beim Empfänger eine Steuerpflicht entsteht.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
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