Cannabis-Legalisierung: Innenminister warnt vor dramatischen Folgen

Karner spricht sich gegen eine Cannabis-Freigabe nach deutschem Vorbild aus. Was die Personalsituation bei der Polizei in Vorarlberg anbelangt, ist der Innenminister optimistisch.
Bregenz In der Polizei geht es wieder aufwärts. Die Zahl der neuen Polizisten habe sich verdoppelt, sagt Innenminister Gerhard Karner im VN-Gespräch. Von einer Westzulage für die Vorarlberger Bediensteten hält er nichts. Noch weniger hält er von einer Cannabis-Legalisierung. “Von mir gibt es dazu ein ganz klares Nein.” Positiv sieht Karner, dass der VfGH nun eine Tür geöffnet habe, straffällig gewordene Afghanen abzuschieben. Die Nachbarschaftshilfe für Asylwerber bleibt Geschichte. Sie sei rechtlich offensichtlich schwierig.
In Vorarlberg arbeiten derzeit rund 1100 Personen bei der Polizei. 150 Planstellen sind unbesetzt. Personalvertreter sprechen von einer prekären Lage. Beunruhigt Sie das?
Karner Beunruhigung ist kein Gemütszustand für einen Innenminister. Aufgabe des Innenministers ist es, zu handeln. Personal war zunehmend ein Thema, nicht nur bei der Polizei, sondern auch in anderen Bereichen wie der Bildung und der Pflege. Daher haben wir vor zwei Jahren Maßnahmen eingeleitet, österreichweit das Grundgehalt für Polizeischüler erhöht, das Klimaticket eingeführt, die Möglichkeit den Führerschein während der Ausbildung zu machen, in Vorarlberg haben wir zusätzlich mit dem Jobrad eine Sonderaktion eingeführt. Diese Maßnahmen zeigen Wirkung: Wir werden heuer in Vorarlberg knapp über 90 Polizistinnen und Polizisten aufnehmen, das ist mehr als eine Verdoppelung der Aufnahmen zum Vorjahr. Diesen Weg müssen wir weitergehen.
Landeshauptmann Markus Wallner fordert im VN-Sommergespräch eine Westzulage für Polizistinnen und Polizisten, weil die Lebenshaltungskosten in Vorarlberg völlig andere sind als etwa im Burgenland. Ist das eine Möglichkeit?
Karner Zunächst einmal ist Vizekanzler Werner Kogler für die Gehälter im Bundesdienst zuständig. Aber natürlich klingt eine solche Zulage verlockend, ist in der Praxis aber nicht umzusetzen in dieser Art. Nehmen wir zum Beispiel Niederösterreich: da bestehen große Unterschiede bei den Kosten zwischen dem nördlichen Waldviertel und dem Bezirk Mödling. Zudem wurden im Bundesdienst die Gehälter in den letzten beiden Jahren um fast 17 Prozent erhöht.

Uta Bachmann soll Hans-Peter Ludescher als Vorarlberger Landespolizeidirektorin folgen. Haben Sie beim Bundespräsidenten schon um ihre Ernennung angesucht?
Karner Der Bestellungsvorgang von Uta Bachmann läuft planmäßig. Sie war die bestgeeignete Bewerberin.
Gibt es für die Uta Bachmann beim Vorarlberger Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung schon eine Nachfolge?
Karner Sobald die Bestellung von Uta Bachmann zur Landespolizeidirektorin formell erledigt ist, wird es eine entsprechende Ausschreibung nach dem Ausschreibungsgesetz geben.
In Wien sind Straßenschlachten bzw. sogenannte Bandenkriminalität derzeit großes Thema. Gibt es in anderen Bundesländern ähnliche Gefährdungslagen?
Karner Wir haben bereits Anfang März eine Einsatzgruppe zur Jugendkriminalität eingesetzt, weil wir gesehen haben, dass sich die Zahl der Täter in den vergangenen zehn Jahren bei den Zehn- bis 14-Jährigen verdoppelt hat. Es gibt auch eine deutliche Steigerung bei den 14- bis 18-Jährigen. Die Einsatzgruppe schreitet robust ein, wenn es notwendig ist und räumt auf. Brennpunkt ist Wien, aber natürlich generell der städtische Bereich. Es sind auch in Vorarlberg Aktionen geplant, aber hier ist die Gefährdungslage nicht mit Wien vergleichbar. Dennoch ist es auch Thema beim Sicherheitsgespräch mit unseren Nachbarn im Bodenseeraum Deutschland oder Schweiz gewesen. Ebenso die erfolgte Cannabis-Freigabe in Deutschland.

Hat die Cannabisfreigabe in Deutschland die Arbeit der Polizei erschwert?
Karner Die Polizei hat lange bevor die Freigabe in Kraft getreten ist, Maßnahmen geplant und umgesetzt, sodass wir an den Grenzen und im grenznahen Bereichen Drogenkontrollen massiv verstärkt haben. Daher sehen wir auch noch keine Auffälligkeiten. Aber wir sind weiter auf der Hut.
Würde es Ihre Arbeit erleichtern, wenn Cannabis auch in Österreich legal wäre?
Karner Nein, das kommt für uns nicht in Frage. Von mir gibt es dazu ein ganz klares Nein. Auch aus Sicht der Polizei wäre das der völlig falsche Schritt.
Warum?
Karner Wir sind davon überzeugt, dass die Kontrollen schwieriger würden. Wir sind davon überzeugt, dass es dazu führt, dass der Drogenkonsum steigen würde. Das sagen sämtliche Experten der Polizei. Und: Der Drogenhandel würde vor allem mit härteren Drogen steigen.
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich sein sollen. Was bedeutet das für die Afghanen im Land?
Karner Es muss im Einzelfall geprüft werden, das ist klar. Zusätzlich müssen wir klare Kante zeigen, wenn jemand sein Aufenthaltsrecht verwirkt hat. Wir müssen auf europäischer Ebene diskutieren, dass wir Menschen nach Syrien und Afghanistan zurückführen. Alleine im vergangenen Jahr sind mehr als 140 Menschen nach Syrien und Afghanistan freiwillig zurückgekehrt.

Was bedeutet das für jene, die eine Asylberechtigung haben?
Karner Wenn jemand einen Asylstatus hat, aber kriminell wird, dann verwirkt er letztendlich sein Asylrecht. Da brauchen wir als Innenministerium eine Handhabe, die Menschen abzuschieben. Mit der Entscheidung des VfGH haben wir eine Chance dazu.
Wer einen Asylstatus hat und sich nichts zu Schulden kommen lässt, muss sich keine Sorgen machen, dass sein Fall neu aufgerollt wird?
Karner So ist es. Im Fokus liegen klar jene, die nicht bereit sind, sich in die Gesellschaft einzugliedern oder gewalttätig werden.
Wie sieht es bei subsidiär Schutzberechtigten aus? Werden sie hier den Aufenthaltsstatus systematisch prüfen?
Karner Das ist jetzt nicht vorgesehen, der Fokus liegt klar bei jenen, die sich nicht an unser Wertegefüge halten.

In Oberösterreich wird gerade die Bezahlkarte für Asylwerber getestet. Wann kommt sie bundesweit?
Karner Das ist ein Pilotprojekt, das Oberösterreich gemeinsam mit dem Bund initiiert hat. Die ersten Wochen laufen gut an. Natürlich obliegt es den Ländern, ob sie auch eine Sachleistungskarte wollen. Ich sage: Je früher, desto besser. Die Sachleistungskarte macht das Ganze gerechter.
Je früher, desto besser heißt in den kommenden Monaten?
Karner Das geht nicht von heute auf morgen. Jedes Bundesland kann hier im eigenen Bereich entscheiden. Aber natürlich würde das Innenministerium für eine bundesweite Ausschreibung sorgen, wenn Einheitlichkeit gewünscht wird.
In Vorarlberg hätten sich Vertreter aller Parteien die Nachbarschaftshilfe zurückgewünscht. Nun kam die Absage des Arbeitsministers. Gerade mit Blick auf die von Ihnen eingeführte „Arbeitspflicht“ für Asylwerber: Wäre die Nachbarschaftshilfe nicht ein konstruktiver Weg gewesen?
Karner Seit wenigen Tagen ist die neue Verordnung in Kraft, die den Ländern zusätzliche Möglichkeiten bietet, Asylwerber im Sinne des Gemeinwohls zu beschäftigen, etwa in Zivildienst-Organisationen oder im Pflegebereich.

Bei der Nachbarschaftshilfe ginge es aber darum, dass Privatpersonen auch Bedarf anmelden hätten können und die Caritas vermittelt hätte.
Karner Das ist rechtlich offensichtlich schwierig, daher hat das Arbeitsministerium davon abgesehen.
Wollen Sie Innenminister bleiben?
Karner Ja. Ich trete gemeinsam mit Klaudia Tanner als Doppelspitze in Niederösterreich an und werbe um ein Mandat für das österreichische Parlament. Ich mache meinen Job als Innenminister mit voller Freude und großem Tatendrang.