Gantner: „Land darf nicht zur großen ‚Ausgleichsmaßnahme‘ für Stadt werden“

Die Agrarreferenten fordern bezüglich der Umsetzung des Renaturierungsgesetzes eine engere Einbindung der Bundesländer.
Wien Die Bundesländer wollen bei der Ausgestaltung der Renaturierungsverordnung ein gewichtiges Wort mitreden. Daran ließen die Teilnehmenden an einer außerordentlichen Agrarreferentenkonferenz – alle Bundesländer außer Wien und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) waren vertreten – in dieser Woche keinen Zweifel. Sie fordern eine „gemeinsam getragene“ Koordinierungsstelle für die Umsetzung und Ausgleichszahlungen, die bis Jahresende eingerichtet werden soll.
„Es muss jetzt Schluss mit der Ideologie sein.“
Landesrat Christian Gantner
„Mein größter Vorwurf ist nach wie vor, dass man die Katze im Sack gekauft hat. Man weiß noch gar nicht, was alles damit verbunden ist und wie es finanziert wird“, sagt der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) zu den VN. Zumindest in der Umsetzung müsse nun „Schluss mit der Ideologie“ sein und die Landesagrarreferenten intensiv eingebunden werden. „Naturschutz ist Länderkompetenz“, betont er, und ergänzt: „Es darf nicht passieren, dass der ländliche Raum zur großen ‚Ausgleichsmaßnahme‘ für den urbanen, städtischen Raum wird.“ Die Infrastruktur des ländlichen Raums und die Lebensmittelproduktion müssten sichergestellt werden.
Es könnte eine massive Kostenlawine auf die Steuerzahler zurollen, befürchtet zudem die oberösterreichische Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP), die aktuell den Vorsitz in der Agrarreferentenkonferenz führt. Gefordert werden daher eine Abschätzung der Folgekosten sowie „vollumfängliche“ Ausgleichszahlungen.
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Umweltschädliche Subventionen höher
Die Umweltschutzorganisation WWF sah sich die Kosten genauer an und kritisiert in diesem Zusammenhang eine „irreführende und falsche Kommunikation einiger Bundesländer.“ Die Aussage, dass durch die Bürokratisierung Mehrkosten von 154 Milliarden Euro verursacht werden, sei laut WWF lückenhaft. Es handle sich erstens um eine Hochrechnung aus der Wirkungsanalyse der EU-Kommission bis zum Jahr 2070. „Ohne Trendwende würde übrigens allein Österreich von heute bis 2070 insgesamt rund 260 Milliarden Euro in umweltschädliche Subventionen stecken“, informiert der WWF. Derzeit sind es laut Berechnungen des Wifo bis zu 5,7 Milliarden Euro pro Jahr.
Bestehende Regelungen reichen laut WWF in Österreich nicht
Mehr als 80 Prozent europarechtlich geschützter Arten und Lebensräume sind laut WWF in keinem günstigen Erhaltungszustand. „Mehr als die Hälfte der Fließgewässer verfehlt die EU-Kriterien für einen guten ökologischen Zustand. Auch der Großteil der Moore ist in einem bedenklichen Zustand“, heißt es in einem aktuellen Faktencheck.
„Für solche Aussagen sind mir und auch den öffentlichen Stellen noch keine ausreichenden Zahlen bekannt“, meint Gantner bezüglich einer Einschätzung der Folgekosten durch die Umsetzung des Renaturierungsgesetzes. Der Vorarlberger ÖVP sei aber wichtig, dass auch Vorleistungen angerechnet werden. „Österreich und Vorarlberg im Speziellen haben bereits sehr hohe Umweltstandards. Es ist mir wichtig, das zu berücksichtigen und nicht zu sagen, dass alle bei Null anfangen müssen.“
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Gantner betont zudem, dass gerade in Vorarlberg bereits in der Vergangenheit sehr viele Umweltschutzmaßnahmen „ganz ohne Gesetz“ passiert seien. Bestes Beispiel sei das landesübergreifende Hochwasserschutzprojekt RHESI.

Grüne: ÖVP soll Blockadehaltung beenden
Anders sieht man das beim Juniorpartner in der Landesregierung. Der Grüne Landtagsabgeordnete Bernhard Weber forderte Landesrat Gantner und die Vorarlberg Volkspartei auf, ihre „andauernde Blockadehaltung“ gegen das EU-Renaturierungsgesetz aufzugeben. Denn „Zersiedelung und Bodenfraß seien die wirkliche Gefahr für die Lebensmittelsicherheit“, so Weber. „Von einem zubetonierten Feld kann niemand abbeißen.“ Weber verweist auf eine WWF-Studie, demnach befürworten 80 Prozent der Menschen die Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz: „Es ist höchste Zeit, dass die ÖVP ihre Blockadehaltung aufgibt und auf die Bürgerinnen und Bürger hört.“