Brunner über seine Nominierung: „Dass die Opposition dagegen stimmen musste, war erwartbar“

Magnus Brunner, Finanzminister und Kandidat für das Amt des österreichischen EU-Kommissars, im Gespräch mit den Vorarlberger Nachrichten.
Wien, Brüssel Magnus Brunner hat die nächste Hürde genommen. Der Hauptausschuss des Nationalrates hat ihn als nächsten österreichischen EU-Kommissar designiert. Nun muss er noch vom EU-Parlament bestätigt und ihm von der wiedergewählten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Ressort zugewiesen werden.
Die Opposition kritisiert, dass Sie einen Versorgungsposten bekommen würden. Ist das so?
Brunner Ich glaube, die letzten Jahre haben bewiesen, dass ich ein glühender Europäer bin und ich im Wirtschaftsbereich, im Energiebereich und im Finanzbereich gewisse Erfahrungen habe. Die Bundesregierung hat mich deshalb als Kommissar nominiert, bestätigt wurde ich im Hauptausschuss. Dort herrschte durchaus positive Stimmung, aber dass die Opposition halt dagegen stimmen musste, war erwartbar und verkraftbar.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich gewünscht, dass jeder Mitgliedsstaat eine Frau und einen Mann nominiert. Warum wurde Verfassungsministerin Karoline Edtstadler nicht auch nominiert?
Brunner Wir haben ein etwas anderes Verfahren, das in der Bundesverfassung klar geregelt ist. Daran hat sich die Regierung gehalten und eine Person nominiert, die aus ihrer Sicht die fähigste ist – wie das bei den letzten Malen auch war. Dass die Entscheidung auf mich gefallen ist, ist eine große Ehre.
Der Bundeskanzler hat gesagt, dass Sie in Brüssel „österreichische und europäische Werte gleichermaßen vertreten“ würden. Ist sich die ÖVP zu wenig bewusst, dass Sie eigentlich die gesamteuropäischen Interessen beachten werden müssen?
Brunner Selbstverständlich ist sie sich dessen bewusst. Es ist natürlich ein europäischer Job – keine Frage. Trotzdem bringt man gewisse Werte und Einstellungen in so ein Amt mit. Und dass ich neben einem überzeugten Europäer auch überzeugter Österreicher und Vorarlberger bin, habe ich in den letzten Jahren wohl bewiesen. Und das soll man auch nicht zurücklassen.

Landeshauptmann Markus Wallner hat gesagt, dass Sie in Brüssel „eine starke Stimme für unseren Vorarlberger Wirtschaftsstandort“ sein werden. Können Sie das sein oder hat er etwas missverstanden?
Brunner Die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung in ganz Europa ist für eine Region wie Vorarlberg enorm wichtig – nicht nur für Vorarlberg, sondern für ganz Österreich, als kleine exportorientierte Volkswirtschaft in der Mitte Europas. Und das zu unterstützen, wird eine der Hauptaufgaben der nächsten Kommission sein. Darum freue ich mich darauf.
Würden Sie in der EU-Kommission jedes Ressort übernehmen? Es gäbe zum Beispiel auch ein Kommissariat für die „Förderung der europäischen Lebensweise“.
Brunner Ich gehe davon aus, dass die Frau Präsidentin mich und meine Erfahrungen kennt. Es ist naheliegend, dass der oder die Kandidatin eines Mitgliedsstaates nach seinen oder ihren Kompetenzen ein Portfolio zugewiesen bekommt. Die Gespräche laufen – ich gehe davon aus, dass es etwas im wirtschaftlichen, im finanziellen oder im Energiebereich sein wird.

Auch andere Mitgliedsstaaten haben Persönlichkeiten nominiert, ehemalige Minister oder frühere Kommissare. Ist die Chance auf ein hochkarätiges Ressort tatsächlich gegeben?
Brunner Ich kann das nicht beurteilen. Und die Frage ist auch: Was ist hochkarätig? Das ist nicht für jeden gleich, jeder hat seine Zugänge und Prioritäten. Ich denke, dass Ursula von der Leyen eine gute Entscheidung treffen wird und mich, und dadurch Österreich, mit einem Portfolio ausstattet, das zu mir passt.
Würden Sie im Energiebereich die österreichische Anti-Atomkraft-Haltung auf europäischer Ebene durchsetzen?
Brunner Österreichs und meine Positionierung sind klar. Ich komme aus dem erneuerbaren Energiebereich, die Wasserkraft spielt in Österreich eine ganz andere Rolle und wir haben uns in den 70er-Jahren gegen Atomkraft entschieden. Das ist von allen zu respektieren. Umgekehrt ist uns aber auch bewusst, dass es andere Staaten mit anderem Zugang gibt, den europäischen Ausgleich muss man führen.
Sind mit Ihrem Wechsel nach Brüssel alle nationalen politischen Ambitionen Geschichte?
Brunner Man wird für fünf Jahre bestellt, darauf freue ich mich, weil große Herausforderungen zu bewältigen sind. Und einen Beitrag zu leisten, dass sich Europa gegenüber anderen Regionen, etwa den USA oder dem asiatischen Raum, gut entwickelt, ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe.