Sollen Whatsapp-Chats für die Polizei sichtbar werden?

Die Politik diskutiert erneut über die Frage, ob und wie die Kommunikation von Messengerdiensten auf dem Handy überwacht werden kann.
Schwarzach Wer sich auf Whatsapp oder Signal mit einem anderen Menschen unterhält, kann sich in Österreich sicher sein, dass die Behörden nicht mitlesen. Sie können es gar nicht, die Unterhaltung ist verschlüsselt. Nach dem vereitelten Terroranschlag in Wien nimmt die Diskussion, ob sich das ändern soll, wieder Fahrt auf. Die ÖVP möchte ermöglichen, dass Ermittlungsbehörden auch Messengerdienste überwachen können, die anderen Parteien sind dagegen. In Vorarlberg fordert auch SPÖ-Landesparteichef Mario Leiter eine Überwachungsmöglichkeit. Die Datenschutz-NGO Epicenter Works warnt davor.
Nachrichten in Messengerdiensten auf dem Handy sind Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das bedeutet, nur Sender und Empfänger können die Nachrichten lesen. Was für die Privatsphäre gut ist, kann für Ermittlerinnen und Ermittler zum Problem werden. Zumindest gehen Innenminister Gerald Karner (ÖVP) und seine Partei davon aus. Nachdem die Konzerte von Popstar Taylor Swift in Wien wegen Terrorgefahr abgesagt werden mussten, nützt die ÖVP den Vorfall, um erneut über eine Überwachungsmöglichkeit zu diskutieren. Eine politische Mehrheit fehlt ihr, die anderen Parteien haben einen Vorstoß abgelehnt.

Hannes Stummer von Epicenter Works kann schon mit dem Anlassfall wenig anfangen. “Wir wissen jetzt aus Medienberichten, dass sich der mutmaßliche Täter, der den Anschlag geplant hat, öffentlich geäußert hat.” Diese Plattformen könnten nämlich schon jetzt von Polizei und Geheimdienst überwacht werden, fährt er fort. “Darum ist jetzt völlig unverständlich, warum Rufe nach der Abhörmöglichkeit verschlüsselter Kommunikation laut werden.” Die APA meldet allerdings auch: Ohne Messenger-Überwachung von Partnerdiensten wäre man den Anschlagsplänen auf die Taylor Swift-Konzerte in Wien dem Hauptverdächtigen vor den Konzertterminen womöglich nicht auf die Spur gekommen. Darauf deutet der aktuelle Ermittlungsstand hin.
Schon einmal schuf die Politik die Möglichkeit, Handys überwachen zu können. Doch im Jahr 2019 wurde sie vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) wieder aufgehoben. Die Eingriffe in die Privatsphäre sind zu schwerwiegend, urteilten die Höchstrichter. Denn mit der Überwachung ist es so: Da nicht auf den Datenstrom zwischen Sender und Empfänger zugegriffen werden kann, müssen die Behörden direkt auf dem Handy mitlesen können. Dafür benötigen sie einen Zugriff, den sie mittels speziellen, heimlich installierten Programmen erhalten. Sie hacken also das Handy, was ihnen zunächst Zugriff auf das komplette Gerät ermöglicht. Geht es nach dem neuen Vorschlag aus dem ÖVP-Innenminister, soll danach festgelegt werden, dass die Software nur die nötigen Chatnachrichten abgreift. Und nur bei schwerwiegenden Delikten, wie der Standard berichtet. Damit könnte die Überwachung verfassungskonform sein.
Hannes Stummer glaubt das nicht. “Der VfGH hat damals trotz einiger Sicherheitsmaßnahmen das Gesetz gekippt. Der Eingriff ins Smartphone birgt einfach großes Missbrauchspotenzial”, warnt er. “Wir sehen in Ländern, in denen so eine Software zum Einsatz kommt, immer wieder Menschenrechtsverletzungen.” In Spanien seien Politikerinnen und Politiker, in Griechenland Richterinnen und Richter sowie Journalistinnen und Journalisten überwacht worden.
Schon zwei Jahre nach dem VfGH-Erkenntnis startete die Politik einen neuen Anlauf. Die damalige türkis-blaue Koalition mit FPÖ-Innenminister Herbert Kickl beschloss ein Überwachungspaket. Teil des Pakets sollte der Bundestrojaner sein, also ein Programm, das Handys ausspähen kann. Aus dem Vorhaben aus dem Jahr 2021 wurde nichts mehr, mittlerweile ist die FPÖ auch wieder gegen den Einsatz der Überwachungssoftware. Die anderen Parteien auch, wenn auch nicht geschlossen dagegen. Vorarlbergs SPÖ-Chef Mario Leiter, im Zivilberuf Polizist, spricht sich zum Beispiel dafür aus. Denn Telefonüberwachung sei jetzt schon möglich, nur jene der Messengerdienste nicht. “Das muss dringend geändert werden und dient unserer aller Sicherheit”, fordert Leiter. Natürlich verfassungskonform und rechtlich abgesichert.
Der Datenschützer widerspricht. “Man muss schauen, wo die Leute radikalisiert werden. Das geschieht ganz oft in öffentlich zugänglichen Kanälen”, betont Hannes Stummer. “Diese zu überwachen, ist jetzt schon möglich.”