Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Voodoo

Politik / 06.09.2024 • 07:20 Uhr

Voodoo ist ein in verschiedenen Gegenden Afrikas und der Karibik beheimateter Kult, der auch auf Zauberei beruht. Der Hokuspokus hat bei vielen Menschen, die sich davon beeindrucken lassen, schweren Schaden angerichtet. Als „Voodoo-Ökonomie“ wird hingegen das Bestreben bezeichnet, mittels Steuersenkungen die Wirtschaft anzukurbeln, wodurch die Menschen mehr Geld ausgeben können, was dann die Staatseinnahmen wieder steigen lässt.

„Die ÖVP verspricht, dass es kein Sparpaket gibt, will aber trotzdem 10 Milliarden einsparen.“

Die Praxis folgt der Theorie leider nur in seltenen Fällen und so müssen die Einnahmenausfälle des Staates letztlich entweder durch neue Steuern oder Sparmaßnahmen kompensiert werden.

Wahlkampfzeiten sind Zeiten grassierender Voodoo-Ökonomien: Die SPÖ will das Steuerloch durch Vermögens- und Erbschaftssteuern für die „Superreichen“ schließen. Sie wird damit höchstens die Betroffenen und ihre Vermögen aus Österreich wegzaubern.

Die FPÖ möchte die Steuern generell senken, die Einnahmenverluste zum Teil durch nicht näher konkretisierte Sparmaßnahmen in der Verwaltung ausgleichen, zum anderen hofft sie, wie Parteichef Kickl im „Sommergespräch“ durchblicken ließ, auf Mehrerträge durch die florierende Wirtschaft: Voodoo in Reinkultur.

Die ÖVP verspricht, dass es kein Sparpaket gibt, will aber trotzdem 10 Milliarden einsparen. Dieser Zauber soll unter anderem durch „Zero-Based-Budgeting“ erreicht werden, das die Ministerien zwingt, jede einzelne Ausgabe genau zu durchleuchten. Man fragt sich, wieso die ÖVP, die immerhin schon seit mehreren Jahrzehnten mitregiert, erst jetzt auf diese Idee kommt.

Die originellsten Zauberer sind allerdings die Neos: Sie wollen nicht nur jedem Jugendlichen 25.000 Euro auf den Lebensweg mitgeben, sondern gleichzeitig auch sparen. Zu diesem Zweck soll, wie Beate Meinl-Reisinger in einem Interview sagte, der nagelneue Finanzausgleich aufgeschnürt und die Einnahmen der Länder gekürzt werden. Also nicht etwa beim Bund mit seinen 15 Milliarden Defizit sparen, sondern bei den Ländern, die zusammen nur einen Bruchteil dieses Verlusts bilanzieren.

Man kann auf das nächste Regierungsprogramm gespannt sein, welche Kaninchen die dann regierenden Parteien aus dem Zylinder holen und dem staunenden Publikum vorführen.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.