Eggler-Bargehr mahnt: “Nur weil eine Stelle geschaffen wird, ist noch nichts passiert”

Land richtet Stelle zum Bürokratieabbau ein. Der Landesrechnungshof begrüßt diesen Schritt, fordert jedoch auch Zählbares.
Bregenz, Schwarzach “Die Bürokratie ist ein Wahnsinn!” Diese Worte hörte Landeshauptmann Markus Wallner beim VN-Sommergespräch aus dem Munde einer pflegenden Mutter. “Die Bürokratie macht uns psychisch und physisch kaputt.” Wallner gelobte Besserung. Immer wieder versprechen er und seine Landesregierung, den bürokratischen Aufwand zu verringern. Jetzt tut sich etwas: Bald soll sich eine eigene Stelle im Landhaus darum kümmern. Wie Wallner mitteilte, soll die Person noch heuer die Arbeit aufnehmen. Wer das ist, steht bald fest. Am Dienstag ging die Stellenausschreibung online.
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Die Aufgabe der Person: Sie soll Anrufe entgegennehmen, Mails sichten, mit Unternehmen und anderen Institutionen sprechen. Ein Bürgerrat nimmt sich dem Thema an, zudem soll es einen sogenannten Online-Konsultationsprozess mit der Wirtschaft geben. In all diesen Gesprächen werden Erlebnisse und Erfahrungen mit überbordender Bürokratie gesammelt. Stammt die Bürokratiehürde aus der Feder des Landes, kann sich die neu geschaffene Abteilung direkt einmischen. Ansonsten wird es schwierig, denn oft sind mehrere oder andere Behörden für ein Thema zuständig. Das betonte auch Wallner im VN-Sommergespräch: “Die geteilte Zuständigkeit macht es für Betroffene nicht leichter.” Eine politische Steuerungsgruppe soll sich mit den Ergebnissen der Abteilung befassen. Wallner erläutert: “Daraus sollen direkte Handlungsempfehlungen für die Politik entstehen.” Da gehe es vor allem auch um Anliegen aus der Wirtschaft, speziell bei Betriebsanlagengenehmigungen und im Bereich Raumplanung. Auch Verwaltungsprozesse stehen auf dem Prüfstand.
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Eine Institution, die sich seit Jahren intensiv mit der Verwaltung und Bürokratie beschäftigt, ist der Landesrechnungshof. Dessen Direktorin, Brigitte Eggler-Bargehr, befürwortet diese Stelle grundsätzlich. Damit würde die Bedeutung des Bürokratieabbaus herausgestrichen. Sie fügt allerdings an: “Bürokratieabbau muss ein kontinuierlicher Prozess sein. Da steckt mehr dahinter als nur eine Stelle. Und nur weil eine Stelle geschaffen wird, ist noch nichts passiert. Am Ende stecken immer politische Entscheidungen dahinter.” Bürokratie müsse im Zusammenhang mit anderen Themen gesehen werden. “Man kann nicht nur einzelne Aspekte herausgreifen. Das haben wir etwa gesehen, als Josef Moser 2018 Minister war und seine Aufgabe lautete, Gesetze zu durchforsten.” Eggler-Bargehr betont zudem: “Bürokratie ist nicht zwingend eine Sofortmaßnahme zum Sparen. Am Ende ist es effizienter, aber am Anfang muss man vielleicht investieren. In Zeiten von Einsparungen lautet die Frage, wie viel Geld man in digitale Lösungen oder One-Stop-Shops investiert. Solche Dinge kosten Geld und dauern lange.”
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Für Eggler-Bargehr ist die Dauer besonders wichtig. “Alles, was eine langfristige strategische Perspektive hat, lässt sich vom politischen System nicht als kurzfristigen Erfolg verkaufen.” Das gelte auch für den Bürokratieabbau. “Man macht sich nicht überall sofort beliebt, sondern wird durch Täler der Mühen und Tränen müssen. Da braucht es mutige Entscheidungen und einen langfristigen Blick.” Die vom Rechnungshof angeregte Rettungsfonds-Reform sei so ein Beispiel. “Die Langfristperspektive ist nicht unbedingt eine Stärke der Politik. Sie orientiert sich eher an Wahlzyklen.” Insgesamt müsse es zu einem Kulturwandel in der Verwaltung kommen. Zuerst die Ziele definieren, dann Maßnahmen für diese Zielerreichung erstellen – und Gesetze hin und wieder evaluieren. Auch Wallner fordert in Sachen Bürokratieabbau einen Sinneswandel in der Verwaltung. Nicht immer müsse ein Gesetz geändert werden. “Aktuelle Spielräume sollten stärker zum Wohle der Bürger ausgenützt werden.”
Die Vorarlberger Neos haben Unterstützung beim Bürokratieabbau zugesagt – Parteichefin Claudia Gamon ergänzt jedoch: “Die ÖVP regiert seit über 80 Jahren durchgehend in Vorarlberg und trägt die Verantwortung für die Bürokratie, die sich über Jahrzehnte aufgebaut hat.”