Wahldiskussion: “Manche machen sogar Rollenspiele”

Politik / 23.09.2024 • 06:00 Uhr
Wahldiskussion: "Manche machen sogar Rollenspiele"

Heute findet die große Wahldiskussion von VN und ORF statt. Peter Filzmaier erklärt, was die Kandidaten noch bewegen können und warum Magnus Brunner eine fast unlösbare Doppelrolle einnimmt.

Schwarzach Zum jetzigen Zeitpunkt ist es völlig unmöglich, einen Anhänger der Gegenseite zu überzeugen. Somit geht es für die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Landesparteien bei der VN-ORF-Wahldiskussion um eines: Entweder die Unentschlossenen zur Wahl zu motivieren oder die eigenen Anhänger zu mobilisieren, erklärt Politologe Peter Filzmaier.

Heute, Montag, tauschen Magnus Brunner (ÖVP), Antonio Della Rossa (SPÖ), Thomas Spalt (FPÖ), Nina Tomaselli (Grüne) und Johannes Gasser (Neos) ihre Standpunkte aus. Die Wahldiskussion von VN und ORF startet um 19.30 Uhr und kann auf VOL.at live verfolgt werden.

Filzmaier zufolge ist die wichtigste Frage "Was dann?"
“Auch aus Vorarlberger Sicht ist es nicht möglich, das Thema Umwelt- und Klimaschutz wegzulassen“, sagt Filzmaier.

Für die Kandidatinnen und Kandidaten ist Vorbereitung alles, weiß Filzmaier. „Manche machen sogar Rollenspiele, spielen erwartbare Konflikte durch.“ Wichtig sei es, möglichst viel darüber zu wissen, was die jeweils anderen im Vorfeld gesagt haben. „Dann können Gegenargumente präsentiert und Schwachpunkte gefunden werden.“

Waren bislang Teuerung, Zuwanderung und Gesundheit die Topthemen im Wahlkampf, werden die Debatten nun von der Hochwasserkatastrophe im Osten Österreichs überschattet. „Auch aus Vorarlberger Sicht ist es nicht möglich, das Thema Umwelt- und Klimaschutz wegzulassen“, hält der Politologe fest. Die vergangenen Tage seien zu dramatisch gewesen.

Wahldiskussion: "Manche machen sogar Rollenspiele"

In anderen Fragen wird es wichtig sein, dass die Kandidatinnen und Kandidaten die Bundeswahlprogramme auf Vorarlberger Beispiele runterbrechen.

Zentral sei ebenso, dass sie ihre Zielgruppe definieren, sagt Filzmaier. „Die eigenen Anhänger muss man mit besonders scharfen Tönen mobilisieren. Will man Wechselwähler ansprechen, braucht es eher einen sachlichen Ton.“ Voller Angriff versus gemäßigter Auftritt? Das wird für die Kandidatinnen und Kandidaten also zur Gretchenfrage.  Für die Parteibüros beginnt nach der Diskussion die Arbeit. Sie müssen die wichtigsten Aussagen daraus verwerten. Eine Aufbereitung für die Sozialen Medien sei zentral. „Viele werden die Diskussion live sehen, aber sicher nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten.“ Darum sei es wichtig, die Inhalte auch in Folge zu verwerten, betont der Politikwissenschafter. Wahldiskussionen könnten vor allem bei Unentschlossenen das Zünglein an der Waage sein, sagt er und erklärt im selben Atemzug: „Der Satz, dass es auf meine Stimme nicht ankommt, ist objektiv falsch“. So habe bei einer Wahl im Burgenland einmal eine einzige Stimme entschieden, ob eine Partei in den Landtag einzieht oder nicht.

ABD0223_20240917 – WIEN – …STERREICH: Finanzminister Magnus Brunner am Dienstag, 17. September 2024, im Rahmen eines Doorsteps im Finanzministerium in Wien nach der Vorstellung der neuen EU-Kommission. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Brunner wirbt für ein Programm, mit dessen Umsetzung er nichts zu tun haben darf. APA

Magnus Brunner mit schwieriger Doppelrolle

Für Magnus Brunner wird der Auftritt bei der heutigen Wahldiskussion kein leichter. Er ist zwar Spitzenkandidat der Vorarlberger ÖVP für die Nationalratswahl, wird aber nicht in der Bundespolitik bleiben. Brunner wechselt als Migrationskommissar nach Brüssel – sofern er das Hearing im EU-Parlament erfolgreich absolviert. „Man kann ihm nichts vorwerfen, weil er das immer transparent gemacht hat und die Kandidatenliste vor der EU-Entscheidung erstellt worden ist“, sagt Politologe Peter Filzmaier. „Jetzt ist Magnus Brunner natürlich in einer schwierigen, fast unlösbaren Doppelrolle. Er vertritt das Wahlprogramm einer Partei, wo er mit der Umsetzung nichts mehr zu tun haben kann oder darf.“ Als Kommissar sei er schließlich kein Vertreter Österreichs: „Er hat für alle EU-Staaten gleichermaßen da zu sein.“ Dass die ÖVP dennoch Brunner zur Wahldiskussion schicke, sei verständlich. Er ist der Bekannteste auf der Liste. Hinter ihm folgt Bundesrätin Heike Eder und der Präsident der Apothekenkammer Christof van Dellen.