Triumph des Willens?
Wer in Vorarlberg wählen geht, muss sich nun entscheiden, ob er wählt was auf den Plakaten steht. „Euer Wille geschehe“ – diese Plakate hängen nun auch im Ländle und wer den Unterschied zwischen Demokratie und autoritären Allmachtsfantasien in einem Satz zusammengefasst sehen will, der hat ihn hier vor sich.
„Demokratie, das heißt doch, bereit zu sein, unterschiedliche Interessen auf zivilem Wege auszuhandeln.“
Demokratie, das heißt doch, bereit zu sein, unterschiedliche Interessen auf zivilem Wege auszuhandeln. Das heißt Kompromisse zu suchen und den anderen als Menschen zu achten, auch dann wenn wir politisch vielleicht andere Interesse haben, andere Positionen. Und auch dann, wenn wir Mehrheitsentscheidungen treffen müssen, wenn es einmal keinen Konsens gibt. Was die Mehrheit dabei nicht vergessen sollte ist: jeder von uns kann immer auch zu einer Minderheit gehören, die auf Schutz und Rechte angewiesen ist.
„Euer Wille geschehe“, das ist nicht nur ein schlechter Witz auf Kosten des christlichen Glaubens. Dahinter steckt mehr, der Traum vom „Triumph des Willens“ – und das war nicht zufällig der aufwendigste Propagandafilm der 30er Jahre. Dahinter steckt der Traum von der Einheit von Masse und Macht, die Vergötterung des Willens eines Volkskörpers, der keine Vielfalt, keine Spielregeln, keinen Rechtstaat, keine universellen Menschenrechte mehr kennt. Dahinter steckt der Traum von einem kollektiven Willen, für dessen Realisierung es nur einen Führer braucht, einen bescheidenen einfachen Mann aus der Mitte des Volkes, einen Volkskanzler eben.
Oder zumindest die Karikatur eines Volkskanzlers. Probehalber.
Die ÖVP, ob in Wien oder in Bregenz, wird sich bald entscheiden müssen: wieder einmal ein paar Jahre Spiel mit dem Feuer für den eigenen Machterhalt? Eine Rechnung die doch augenscheinlich nicht aufgeht. Stattdessen sehen wir die Selbstkannibalisierung einer Partei vor uns, die dem rechten Rand die eigenen Wähler zutreibt.
Es geht, und daran haben alle Parteien ihren Anteil, um die drohende Selbstzerstörung demokratischer Politik im Zeichen eines ominösen Willens. Noch wäre allemal Zeit dafür, gegen diese Entwicklung wenigstens ein Vorarlberger Zeichen zu setzen.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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