Magnus Brunner: Von Finanzagenden zu Drogenhandel und illegaler Migration

Politik / 03.10.2024 • 17:10 Uhr
ABD0009_20240918 – WIEN – …STERREICH: Finanzminister Magnus Brunner (…VP) im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates am Mittwoch, 18. September 2024, im Parlament in Wien. – FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Noch ist Magnus Brunner Finanzminister, bald wird er sich dem Kampf gegen organisierte Kriminalität widmen. APA

Magnus Brunner nimmt sein Nationalratsmandat an. Was danach passiert, verrät er den VN im Interview, ebenso, warum Ursula Von der Leyen ihn im anspruchsvollen Bereich für Migration und Inneres Sicherheit einsetzen will.

Schwarzach Im November wird es ernst für Magnus Brunner. Am 4. November starten die Hearings der künftigen EU-Kommissare. Die zuständigen Fachausschüsse des EU-Parlaments werden die ihnen zugeteilten Kandidatinnen und Kandidaten auf ihre Eignung prüfen. Bis dahin wird Brunner Nationalratsabgeordneter. Wird er Kommissar, legt er sein Mandat aber zurück. Dann will er sich um eine Sicherheitsstrategie für Europa kümmern, um einen funktionierenden Schengenraum und um den Asyl- und Migrationspakt. Ob mit einem Kanzler Herbert Kickl oder ohne, macht für Brunner als Kommissar keinen großen Unterschied. Er rede mit allen, die an einer Lösung interessiert seien.

Am 24. Oktober konstituiert sich der Nationalrat. Kurz darauf starten die Hearings der künftigen EU-Kommissare im EU-Parlament. Werden Sie Ihr Mandat im Nationalrat dennoch annehmen?

Brunner Wie die anderen Mitglieder der Bundesregierung werde ich das Mandat vorläufig annehmen. Das tue ich auch aus Respekt vor dem Europäischen Parlament. Ob ich EU-Kommissar werde, hängt vom Hearing ab.

Haben Sie bereits einen fixen Termin.

Brunner Nein noch nicht. Anfang, Mitte November wird das Hearing sein. Im Dezember soll die neue Kommission stehen.

Sie waren in Kommissionsangelegenheiten in Brüssel. Was haben Sie bisher erlebt?

Brunner Ich habe die Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, die auch zum Hearing antreten. Bei uns allen beginnen nun die Vorbereitungen für die Hearings. Ich werde meine Wochenenden und Abende dazu verwenden. Die Generaldirektion für Inneres, Sicherheit und Migration steht mir dabei zur Verfügung. Ich versuche auch, die wichtigsten handelnden Personen auf europäischer Ebene zu treffen, seien es Abgeordnete des Europäischen Parlaments oder Fachleute. Es ist zentral, die unterschiedlichsten Meinungen und Expertisen zu kennen.

Warum haben gerade Sie das Ressort Migration und Innere Sicherheit bekommen?

Brunner Weil Ursula Von der Leyen davon ausgeht, dass ich Brückenbauer sein kann.

Haben Sie schon konkrete Aufträge von der Kommissionspräsidentin erhalten?

Brunner Als Kommissar für innere Angelegenheiten und Migration bin ich dann Sicherheits-Kommissar. Ich soll in den ersten 100 Tagen eine Sicherheitsstrategie vorlegen, unter anderem im Kampf gegen organisierte Kriminalität, gegen Drogenhandel, gegen Antisemitismus. Aber es geht auch um die Stärkung von Europol. Im Asylbereich geht es darum, den Asyl- und Migrationspakt, der von den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament verabschiedet wurde, umzusetzen. Natürlich wird es da noch Diskussionsbedarf geben. Ziel muss es sein, dass die europäische Lösung erreicht wird, die alle Interessen berücksichtigt.

ABD0224_20240917 – WIEN – …STERREICH: Finanzminister Magnus Brunner am Dienstag, 17. September 2024, im Rahmen eines Doorsteps im Finanzministerium in Wien nach der Vorstellung der neuen EU-Kommission. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Mit inhaltlichen Aussagen hält sich Brunner noch zurück. APA

Glauben Sie, dass es große Auswirkungen auf Ihre Arbeit haben würde, wäre Herbert Kickl Bundeskanzler?

Brunner Es geht um eine gesamthafte europäische Lösung. Natürlich gibt es in ganz Europa einen Trend, wo ein Rechtsruck sichtbar ist. Ich werde aber mit allen sprechen, die an einer Lösung auf europäischer Ebene interessiert sind – egal ob links oder rechts. Mein Job ist es, die unterschiedlichen Zugänge auf einen Nenner zu bringen.

Wird es einen verpflichtenden Solidaritätsmechanismus geben?

Brunner Ich bitte um Verständnis, dass ich aus Respekt vor dem Hearing noch nicht konkret ins Detail gehen kann.

Sie erklärten bei der Wahldiskussion von VN und ORF, dass Schengen derzeit nicht funktioniert. Was konkret muss denn anders werden?

Brunner Hier geht es um die Sicherung der EU-Außengrenzen. Die müssen wir verbessern. Es gibt bereits Schritte von Mitgliedsstaaten an den äußeren Grenzen, die mich durchaus optimistisch stimmen. Ich sehe etwa sehr starke Bemühungen von Rumänien und Bulgarien. Das sieht man auch an den Zahlen.

Österreich legte ein Veto gegen die volle Schengen-Erweiterung auf Rumänien und Bulgarien ein und zählt damit zu den Bremsern in der EU. Werden Sie als Kommissar die künftige österreichische Bundesregierung überzeugen müssen, das Veto aufzuheben?

Brunner Es wird meine Aufgabe sein, unter Berücksichtigung der Fortschritte von Rumänien und Bulgarien Gespräche mit der österreichischen Bundesregierung zu führen. Sowohl Rumänien als auch Bulgarien haben große weitere Anstrengungen unternommen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Das ist positiv.

Haben Sie Gespräche mit ungarischen Vertreterinnen und Vertretern gesucht? (Anm. Ungarn wurde vom EuGH zu Strafzahlungen verurteilt, da es keinen effektiven Zugang zu Asylverfahren gibt.)

Brunner Das hat sich noch nicht ergeben.

Ungarns Premier Viktor Orban will mehr Geld von der EU, um Grenzzäune bauen zu können. Was halten Sie davon?

Brunner Es geht nicht darum, Zäune zu bauen, sondern um eine sinnvolle Außengrenzschutzpolitik.

Orban drohte, Asylwerber per Bus nach Brüssel zu schicken. Wie ernst nehmen Sie das?

Brunner Das ist vermutlich etwas verkürzt dargestellt. Wichtig ist, dass man nicht populistisch agiert. Ein erfolgreiches Hearing vorausgesetzt, werde ich mir als Kommissar alle unterschiedlichen Zugänge anhören und versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden, um die irreguläre Migration eindämmen zu können. Anders ist es bei der regulären Migration. Die brauchen wir dringend für den Arbeitsmarkt in Europa.