Nationalrats-Auftakt mit vielen Neuen und weniger Frauen

Am Donnerstag wurden die neuen Abgeordneten angelobt. Mit Rosenkranz gibt es nun erstmals einen Ersten Nationalratspräsidenten der FPÖ.
Wien Dem Anfang wohnte am Donnerstag nicht nur ein Zauber, sondern auch eine Portion Missstimmung inne. Der Wählerwille sei anzuerkennen, es gehe nicht um Selbstverwirklichung, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats in Wien. Damit bezog er sich auf die Wahl des Ersten Nationalratspräsidenten. Die stimmenstärkste Partei war bei der Nationalratswahl am 29. September die FPÖ und hatte damit auch das Vorschlagsrecht. Die Grünen riefen zu einem Boykott des Freiheitlichen Kandidaten Walter Rosenkranz auf. Schlussendlich wählten ihn aber 100 der 183 Abgeordneten in einer geheimen Wahl. Das entspricht 61,7 Prozent.

Mit 88,1 Prozent wurde Peter Haubner (ÖVP) Zweiter Nationalratspräsident. Doris Bures wird nun die Position der Dritten Nationalratspräsidentin bekleiden, sie bekam 74,9 Prozent der Stimmen.
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Hitzige Reden
Damit steht zum ersten Mal ein Freiheitlicher an der Spitze des Parlaments und bekleidet das zweithöchste Amt nach der Bundespräsidentschaft. Der 62-Jährige war in den vergangenen fünf Jahren Volksanwalt. Von 2008 bis 2019 war er Parlamentsabgeordneter, teilweise als FPÖ-Fraktionschef.

Seiner Wahl waren wie zu erwarten hitzige Reden und Zwischenrufe vorangegangen. Die Grünen sammelten im Vorfeld 20.000 Unterschriften gegen Rosenkranz‘ Wahl. Grünen-Chef Werner Kogler meinte: „Ich will die feierliche Stimmung nicht trüben. Aber es bringt ja nichts vor lauter Weihrauchkesselschwingen sich selbst zu vernebeln.“ Es gebe keine Tradition, jemanden in das Amt des Ersten Nationalratspräsidenten zu wählen, dessen Partei europafeindlich sei und sich nicht ausreichend vom Rechtsextremismus abgrenzt.

Auch Karl Nehammer (ÖVP) richtete seine Worte direkt an Kickl, der vom Bundespräsidenten nicht mit der Bildung einer Bundesregierung betraut wurde: „Das Herausfordernde ist nicht als Erster durchs Ziel zu gehen, sondern Koalitionen zu finden, um eine tragfähige Regierung zustande zu bringen.“ Die ÖVP wird heute beginnen, mit der SPÖ zu verhandeln.
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Einzeltische und Blumentöpfe
Unterhaltsamer wurde es, als es um die Sitzordnung ging. Kogler und Beate Meinl-Reisinger (Neos) sitzen nun an Einzeltischen, damit die Fraktionen besser erkennbar sind. „Wir waren aber nicht schlimm“, sagte Meinl-Reisinger in Richtung von Kogler. Dieser stellte daraufhin einen Blumentopf auf ihren Tisch, den die Grünen als Symbol zur Angelobung mitgenommen hatten.

SPÖ-Klubobmann Philip Kucher hatte für die Neuen einen Trost: Das Hohe Haus habe etwas von Hogwarts, der Schule bei Harry Potter. „Man geht in eine Tür rein und kommt ganz woanders heraus. Aber das legt sich.“ Immerhin 73 der 183 Abgeordneten sind neu, bei der FPÖ sind es sogar 31 der 57 Mandatare. Aus Vorarlberg ziehen Manuel Litzke (FPÖ), Heike Eder (ÖVP), Antonio Della Rossa (SPÖ) und Johannes Gasser (Neos) ein. Thomas Spalt (FPÖ), Norbert Sieber (ÖVP) und Nina Tomaselli (Grüne) haben bereits Erfahrung.
Seit Donnerstag liegt der Anteil an Frauen im Hohen Haus nur noch bei rund 36 Prozent.