Einbußen von über 14.000 Euro: Arbeit von Frauen ist in Vorarlberg weniger wert

Statistisch gesehen arbeiten Frauen zwei Monate im Jahr ohne Bezahlung. Im Westen sogar noch länger. Das trifft vor allem auch sogenannte Systemerhalterinnen.
Schwarzach Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine Jobzusage – aber nur mit der Bedingung zwei Monate im Jahr gratis zu arbeiten. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben sich als Frau beworben. Zumindest statistisch betrachtet. Denn österreichweit arbeiten Frauen ab 1. November unbezahlt, wie die Berechnungen zum heurigen Equal Pay Day ergeben. Noch mehr Abschläge müssen sie in Vorarlberg hinnehmen. Hier gibt es – statisch gesehen – bereits seit 7. Oktober keinen Lohn mehr für die Arbeitnehmerinnen.
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Jahresbruttolöhne vergleichen
Der Equal Pay Day vergleich die Jahresbruttolöhne von Vollzeit beschäftigten Männern und Frauen. In Österreich verdienen Männer durchschnittlich 59.258 Euro brutto pro Jahr, Frauen mit 49.438 Euro also um 9820 Euro weniger. Noch dramatischer ist es in Vorarlberg, wo der jährliche Einkommensunterschied bei 14.258 Euro brutto liegt. Arbeiterkammer-Präsident Bernhard Heinzle bezeichnet dies als unhaltbaren Zustand. Vorarlberg sei nicht nur Schusslicht bei der Gehältergerechtigkeit zwischen Frauen und Männer, sondern auch noch seit Jahren weit abgeschlagen.

Teilzeit nicht berücksichtigt
Werden Frauen in Teilzeitarbeit bei der Statistik mitberücksichtigt, ist der Einkommensunterschied noch drastischer. Österreichweit hat etwa jede zweite Frau ihre Arbeitszeit reduziert, bei den Männern sind es 13,4 Prozent. Knapp 40 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen geben an, ihre Arbeitszeit aufgrund von Betreuungspflichten für Kinder oder pflegebedürftige Erwachsenen reduziert zu haben. Bei den Männern sind es 8,1 Prozent. Andere persönliche oder familiäre Gründe schlagen sich mit jeweils rund sieben bis acht Prozent nieder. Ein Viertel der teilzeitbeschäftigten Männer und Frauen wollen nicht Vollzeit arbeiten, wie die Mikrozensuserhebung der Statistik Austria zeigt. Die jüngste Zeitverwendungsstudie zeigt allerdings auch auf, dass Frauen nach wie vor einen Großteil der unbezahlten Arbeit leisten. Teilzeitarbeit führt wiederum zu einem geringeren Einkommen, was am Ende in schlechteren Pensionen mündet. Diese liegen aktuell 40 Prozent unter jenen der Männer. Der Euqal Pension Day fiel heuer auf den 6. August.
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Schlechter bezahlte Branchen
Hinzu kommt, dass Frauen eher in schlechter bezahlten Branchen und Positionen arbeiten. „Oft erhalten sie im gleichen Job in der gleichen Firma weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen“, erklärt Eva Fischer-Schweigkofler, Leiterin der Abteilung Familie und Beruf bei der AK Vorarlberg in einer Aussendung. „Man kann Frauen aber nicht vorwerfen, dass sie sich schlechter bezahlte Branchen aussuchen. Statistiken zeigen nämlich sogar, dass die Durchschnittsgehälter sinken, wenn viele Frauen neu in eine Branche oder Firma kommen.“

Das ist auch in einer Studie des Momentum Instituts zu lesen. Die Autoren warfen darin vor allem einen Blick auf systemrelevante Berufe, die notwendig sind, um die Gesellschaft am Laufen zu halten. Dazu zählen von Gesundheits- über Lehrberufen hin zur öffentlichen Sicherheit zahlreiche Professionen. 16 davon hat sich das Momentum Institut genauer angesehen. Bei elf Berufen liegt der Brutto-Stundenlohn unter dem österreichischen Durchschnitt von 20,1 Euro. Von diesen elf systemrelevanten Berufsgruppen sind wiederum sieben weiblich dominiert. Drei Beispiele: 84 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege/Pflege sind Frauen, ihr durchschnittlicher Bruttostundenlohn liegt laut Momentum Institut österreichweit bei 15 Euro. In der Kinderbetreuung sind 97 Prozent der Beschäftigten weiblich, mit durchschnittlich 13,2 Euro brutto pro Stunde. Bei den Reinigungs- und Hilfskräften (91 Prozent) und den Küchenhilfen (72 Prozent) ist der Frauenanteil ebenso hoch, der Stundenlohn mit 12,4 bzw. 11,1 Euro brutto aber unterdurchschnittlich. Männlich dominiert und unterdurchschnittlich bezahlt sind die Bereiche der öffentlichen Sicherheit, Fahrzeugführer, Müllabfuhr und Taxibetriebe.
Lohntransparenz zentral
In der Arbeiterkammer hofft man indes durch mehr Lohntransparenz auf steigende Gerechtigkeit. Eine entsprechende EU-Richtlinie ist seit Juni 2023 in Kraft. Bis Juni 2026 muss sie in Österreich umgesetzt sein. Die Richtlinie gilt dann für Unternehmen ab 100 Beschäftigten. Sie müssen den Behörden über ein etwaiges geschlechterspezifisches Lohngefälle berichten. Leistbare Kinderbetreuung und Wiedereingliederungsmaßnahmen wären außerdem wichtig – ebenso eine gerechte Aufteilung der unbezahlten Arbeit.
Rückblickend gab es auch Fortschritte. Binnen 14 Jahren verschob sich der Equal Pay Day um viereinhalb Wochen. Um den Gender Pay Gap zu schließen, reicht das nicht. Es fehlen fast neun Wochen.