Nach Orban-Besuch: “Kickl kann nicht für Österreich sprechen”

Die politischen Wellen schlagen hoch nach dem Besuch des ungarischen Staatschefs Viktor Orbán in Wien. FPÖ-Chef Kickl unterzeichnete danach eine “Wiener Erklärung” zwischen FPÖ und Fidesz. Bei den anderen Parteien sorgte das für Empörung.
Wien Der Besuch des ungarischen Staatschefs Viktor Orbàn in Wien sorgt für nachhaltige Verstimmung in der Politik. Der umstrittene, rechtskonservative Politiker ist der erste internationale Gast des neuen Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz. Die Begegnung fand im Empfangssalon des Parlaments statt. Überraschend war bei dem Treffen mit Rosenkranz auch FPÖ-Chef Herbert Kickl anwesend. Er wurde von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker – Vorsitzender der parlamentarischen Freundschaftsgruppe mit Ungarn -, EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky und FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst begleitet.
Die FPÖ und Orbáns Fidesz gehören beide der neuen Rechtsaußen-Europafraktion “Patrioten für Europa” an. Kickl hat eine Regierungsbeteiligung wohl noch nicht abgehakt: “Dieses Mal ist es im Parlament – wir arbeiten noch daran, dass es beim nächsten Mal im Bundeskanzleramt sein wird”, sagte er nach dem Treffen. Auch Orbán drückte seine Hoffnung aus, dass einmal ein Bundeskanzler aus der Freiheitlichen Partei den Ministerpräsidenten Ungarns empfangen wird.
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STERREICH: (v.l.) FP
-Chef Herbert Kickl, Nationalratsprsident Walter Rosenkranz und der Ministerprsident von Ungarn, Viktor Orban (Fidesz) am Donnerstag, 31. Oktober 2024, anl. eines Besuchs des ungarischen Ministerprsidenten im Parlament in Wien. ACHTUNG ABDRUCK NUR MIT VOLLSTNDIGER COPYRIGHTNENNUNG: “PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEIDER/APA” GESTATTET. – FOTO: APA/PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEIDER – ACHTUNG ABDRUCK NUR MIT VOLLSTNDIGER COPYRIGHTNENNUNG: […]](/2024/11/ABD0024-20241031-1-768x512.jpg)
Erklärung unterzeichnet
Nach dem Treffen zogen sich Orbán und Kickl zu einem bilateralen Gespräch zurück, wo auch eine “Wiener Erklärung” unterzeichnet worden sei, wie die FPÖ in einer Aussendung bekannt gab. Laut Originaltext handelt es sich bei der Erklärung um eine Zusammenfassung der wichtigsten Prinzipien von FPÖ und Fidesz bezüglich Europa. Dabei wurde etwa auf Migrationsthemen eingegangen. Zudem wird darin gefordert, dass Brüssel “an politischer Bedeutung” verlieren solle. Die Erklärung spricht sich auch gegen “eine absurde Vielzahl anderer Geschlechter” aus.
Scharfe Kritik kam von ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: “Kickls Unterzeichnung seiner ‚Wiener Erklärung‘ im Namen Österreichs kommt einer politischen Amtsanmaßung gleich. Er vertritt Österreich in keiner offiziellen Funktion nach außen. Anders als er gerne behauptet, kann Kickl nicht für Österreich sprechen, schon gar nicht für alle Österreicherinnen und Österreicher.”

“Da geht es um Symbol und Signal, und dieses Signal ist fatal”, sagte auch Grünen-Chef Werner Kogler zum Treffen. Rosenkranz werde seiner Rolle als Nationalratspräsident “sicherlich nicht gerecht”, wenn er einen Mann empfange, der sein Land in eine “korrupte Elitenherrschaft umgebaut hat”, betonte SPÖ-Chef Andreas Babler in einer Aussendung. “Anstatt seine Aufgabe wie vorgesehen parteiübergreifend neutral und ausgewogen anzulegen, lädt er ausschließlich den gesamten FPÖ-Klub als einzige Parlamentsfraktion zu einem Arbeitsgespräch mit Viktor Orbán ein. Das entspricht diametral der Art und Weise, wie ein Nationalratspräsident agieren sollte”, sagte Neos-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak
EU-Fahne verräumt
“Dazu kommt auch noch die Missachtung unserer staatlichen Symbole. Zum Beispiel, indem er seit Monaten mit der Flagge von Peru am Anzugrevers herumläuft – die Streifen der österreichischen Flagge sind nämlich definitionsgemäß waagrecht”, sagte Stocker weiter. Und auch die Symbole der EU seien scheinbar nicht vor ihm sicher, denn beim Besuch von Orbán im Parlament wurde laut Medienberichten die Fahne der EU verräumt, kritisierte der ÖVP-Politiker. “Dies mögen symbolische Akte sein, aber sie zeigen die umfassende Geringschätzung Österreichs und der EU, mit der Kickl hier unterwegs ist”, sagte Stocker. Offen sei auch laut ÖVP, wer für die Kosten des Besuchs aufkomme.

Podiumsdiskussion zur Ukraine
Orbáns Visite in Wien ist eigentlich ein Privatbesuch: Im Rahmen der “Weltwoche”-Podiumsdiskussion sprach er mit dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder zum Thema “Frieden in Europa” in den Sofiensälen in Wien-Landstraße. Moderiert wurde die ausgebuchte Veranstaltung von “Weltwoche”-Herausgeber Roger Köppel.
