Neun Monate zu kurz? Vorarlberger Ruf nach freiwilliger Verlängerung des Zivildienstes

Organisationen plädieren dafür, Zivis die Wahl zu lassen, ob sie ihren Dienst nach neun Monaten beenden oder verlängern wollen. Dies brächte einige Vorteile. Das Grundproblem liegt aber woanders.
Schwarzach Neun Monate Zivildienst sind genug. Eine freiwillige Verlängerung gibt es nicht mehr. Von 2006 bis 2011 war dies anders. Damals konnten Zivis ihren Dienst um drei Monate verlängern, wenn sie das wollten. Zivildienstorganisationen im Land hoffen auf eine Rückkehr zu dieser Vorgehensweise. Der Tenor: Eine freiwillige Verlängerung würde sicherlich von einigen Zivis genutzt und brächte gleichzeitig Entlastung für deren Dienstgeber. Die Rahmenbedingungen – inklusive Finanzierung – müssten aber stimmen.
Die VN hörten sich bei zahlreichen Organisationen um. Von der Aqua Mühle über die Krankenhausbetriebsgesellschaft (Khbg) und Lebenshilfe hin zum Vorarlberger Kinderdorf und Institut für Sozialdienste (Ifs). Alle verweisen auf den wertvollen Beitrag, den Zivildiener leisten. Eine freiwillige Verlängerung wäre ihrer Ansicht nach sinnvoll. Einer generellen Verlängerung der aktuell bestehenden neun Monate stehen sie in der Regel hingegen kritisch gegenüber. Der Zivildienst, der ohnehin schon länger als der Wehrdienst dauere, könnte dadurch an Attraktivität verlieren, befürchtet Monika Kawaus von der Caritas Vorarlberg. Zivis könnten nicht mit derselben Motivation an die Arbeit gehen oder sich gar nicht erst für den Zivildienst entscheiden, meint Corina Albrecht von der Kaplan Bonetti gGmbH. Maximilian Hämmerle vom Vorarlberger Gemeindeverband betont: „Wichtiger als die wiederkehrende Debatte über eine Änderung der Laufzeit ist es, die zentralen Weichen zu stellen, um das Gesundheits- und Sozialwesen zukunftsfähig zu machen. Hier sind Bund und Länder gefordert.“
Anstoß für eine optionale Verlängerung gab der Samariterbund. Könnten sich Zivildiener freiwillig entscheiden, drei Monate mehr zu leisten, wäre dies eine unmittelbar wirksame Maßnahme gegen den Zivildienst-Mangel, argumentiert die Hilfsorganisation. Immer wieder gebe es entsprechende Anfragen. Die Möglichkeit einer freiwilligen Verlängerung wurde 2011 aber abgeschafft.
Schwierige Suche
Die Suche nach Zivildienern bleibt schwierig, heißt es seitens der Lebenshilfe: „Um dem entgegenzuwirken, setzen wir auf intensive Maßnahmen wie Schulungen oder fördern den Austausch unter den Zivildienern“, sagt Petra Grasser-Mattle. Auch die KHBG berichtet davon, dass es nicht einfach sei, Zivildiener für den Gesundheits- und Sozialsektor zu finden. Laut Gemeindeverband ist die Bedarfsdeckung je nach Tätigkeitsfeld und Jahreszeit unterschiedlich. „Sie gestaltet sich jedoch nicht zuletzt aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge sowie der hohen Zahl an Untauglichen teilweise als herausfordernd“, erklärt Maximilian Hämmerle.
Im jüngsten Gesundheitsbericht der Statistik Austria ist beim Geburtsjahrgang 2004, der zum größten Teil im Jahr 2022 „gemustert“ worden ist, ziemlich genau ein Viertel der Vorarlberger „untauglich“. Österreichweit liegt die Untauglichkeit bei 16,9 Prozent.
Flexibilität gefordert
Laut Aqua Mühle wäre es hilfreich, Platzkontingente und Eintrittstermine unterjährig flexibler und bedarfsorientierter zu gestalten, erklärt Hans-Peter Bickel. Es gebe Jahre, in denen sie doppelt so viel Plätze besetzen könnten, sagt er aber auch. In anderen Jahren sei es wiederum schwieriger. Auch im Ifs wird davon berichtet, dass die Plätze im Herbst meistens relativ gut besetzt sind. Unterjährig sei es weniger einfach. Ähnliches hört man von der Caritas. Corina Albrecht erkennt bei der Kaplan Bonetti gGmbh einen Rückgang der Bewerbungen: „Prinzipiell haben wir aber das Glück, dass die meisten unserer neun Zivildienststellen immer besetzt sind.“
Nicht für alle verfügbaren Stellen lassen sich Zivis finden. 2022 standen 960 junge Männer für einen der 1100 verfügbaren Plätze in Vorarlberg bereit. 2023 waren es 891 Zivildiener für 1070 Stellen.
Freiwillige Verlängerung des Zivildienstes
Mit der Verkürzung des Präsenzdienstes auf sechs Monate folgte mit 1. Jänner 2006 die Verkürzung des Zivildienstes von zwölf auf die bis heute gültigen neun Monate. Zugleich wurde die Möglichkeit einer dreimonatigen freiwilligen Verlängerung eingeführt. Die Zivildienstserviceagentur berichtet, dass die Einrichtung nach der Verkürzung des Zivildienstes zwar einen höheren Bedarf an Zivildienstpflichtigen meldeten, dieser allerdings ausgeglichen werden konnte. So endete die Möglichkeit der freiwilligen Verlängerung mit 1. Jänner 2011.






