Was bringt die Klimakonferenzen noch?

Politik / 17.11.2024 • 14:06 Uhr
COP29 Climate Summit
Nur grüner Schein oder echte Klimaschutzambitionen? Baku ist als Austragungsort der 29. Klimakonferenz umstritten. AFP

Trump, weltweite Inflation, Ukraine, Nahost: Welche Aussichten auf Erfolg haben die Verhandlungsteams der 29. Klimakonferenz? Oder ist alles nur noch Green Washing?

Wien, Baku Eine Krise jagt die nächste. Klimaschutz und Klimaanpassung scheinen auf der politischen Agenda nach unten gerutscht zu sein. Das soll sich mit der 29. Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ändern. Bislang tun die Staaten viel zu wenig, um der Zuspitzung der Krise entgegenzuwirken. Mit ihren aktuellen Plänen steuert die Welt den Vereinten Nationen zufolge auf 2,6 bis 3,1 Grad Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts zu – was erhebliche Teile des Planeten unbewohnbar machen würde. Doch zahlreiche einflussreiche Regierungschefs wie Deutschlands Olaf Scholz, Frankreichs Emmanuel Macron oder Brasiliens Lula da Silva hatten ihre Teilnahme abgesagt. Sie haben andere Prioritäten.

Welche Aussichten haben also die zweiwöchigen Beratungen von 200 Staaten zur Eindämmung der Erderhitzung und Abfederung ihrer fatalen Folgen? Wird die Weltklimakonferenz ein ähnliches Schicksal ereilen wie die Biodiversitätskonferenz in Kolumbien im Oktober? Die Delegationen reisten ohne Ergebnis wieder ab. Die aktuelle Klimakonferenz startete zwar von einer schlechten Ausgangsposition. Sie hat aber durchaus noch einen Sinn, sagt Umweltökonomin Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien.

Allianzen schmieden

Die Welt versammelt sich, um gemeinsam ein Problem anzugehen. “Internationale Kooperation ist im Moment nicht gerade im Aufwind”, konstatiert Stagl. Es gebe viele Konfliktpunkte, Akteure, die nicht sehr stark auf Kooperation setzen, und Druckpunkte, die aktuell wichtiger erscheinen. “Wir brauchen daher diese internationalen Konferenzen, auch wenn wir nur kleine Schritte schaffen.” Aber mit 200 Ländern sei eine gemeinsame Arbeit an der Klimapolitik nicht anders vorstellbar. “Das funktioniert nicht, wenn man sich nur über E-Mails austauscht”, sagt die Ökonomin.

Aufmerksamkeit

Eine Klimakonferenz erzeugt zudem Aufmerksamkeit. Während die Klimakrise derzeit von anderen Krisen überlagert wird, ist ihr mit Zehntausenden Gipfelteilnehmern eine gewisse mediale Aufmerksamkeit sicher.

Technische Details klären

Es gibt auf der aktuellen Klimakonferenz auch andere Agendapunkte außer die Frage, wer für Klimaschutz und -anpassung bezahlt und wieviel, betont Stagl: Dazu zählt etwa die Abschaffung von Subventionen für fossile Energieträger. Auch carbon management – damit werden schwer bis nicht vermeidbare Emissionen geregelt – und Details zum Emissionshandel werden besprochen. “Hier ist es sinnvoll, dass Teams an Experten zusammenkommen. Auch wenn die großen Entscheidungsträger wegbleiben, ist es daher sinnvoll, dass es diese Konferenzen gibt”, sagt Stagl weiter. Es könne dadurch auf technischer Seite und international vernetzt weitergearbeitet werden.

Neue Vorreiter

Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten wird von manchen ein Dominoeffekt befürchtet. Verlassen die USA das Pariser Klimaabkommen, könnten auch andere Länder nachziehen. “Die andere Hoffnung ist aber, dass jemand anderer die Gelegenheit sieht, hier die Leadership-Rolle einzunehmen”, sagt Sigrid Stagl. Sie nennt zum Beispiel China als Option.

Der Markt regelt es

China zieht bereits in wirtschaftlichen Belangen an den USA vorbei. Im Bereich der Solarenergie ist das Land bereits Marktführer. Die chinesische Regierung kurbelt zudem mit erhöhten Kaufanreizen die Verkäufe von Elektroautos an. Erst im Oktober schnellten diese um knapp 57 Prozent auf fast 1,2 Millionen Stück in die Höhe. Damit machen die Elektroantriebe inzwischen mehr als die Hälfte der verkauften Autos in China aus.  “Erneuerbare haben bereits einen Business-Case”, sagt Stagl. Sprich: Die Investitionen lohnen sich. Das werde auch Trump erkennen. Stagl erinnert: “In der ersten Amtsperiode wollte Trump unbedingt die Kohleindustrie retten. Das ist ihm jedoch nicht gelungen, weil es einfach zu teuer war, die Kohle aus dem Boden zu holen im Vergleich zur Energieerzeugung mit Erneuerbaren.” Diese Entwicklung habe sich weiter verschärft. Fossile Energieträger seien mittlerweile zum Teil nicht mehr konkurrenzfähig. Trump müsste also für Fehlanreize und falsche Regularien viel Geld in die Hand nehmen, um nicht mehr wettbewerbsfähige Industrien zu subventionieren und ein altes System am Leben zu halten. Im Vorjahr ist zudem die weltweite Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien schneller gestiegen als jemals zuvor in den vergangenen drei Jahrzehnten, wie die Internationale Energieagentur (IEA) festgehalten hat.

Die US-Bundesstaaten

Ein weiterer Hoffnungsschimmer für Klimaschutz trotz Trump sind die US-Bundesstaaten. Energiepolitik wird in den USA hauptsächlich auf Bundesstaatsebene getätigt und diese waren auch in der ersten Amtszeit von Trump in Sachen Klimaschutz weiter tätig. “Es gibt zudem private Investoren, die darauf achten werden, dass die US-Regierung nicht zu sehr in Richtung fossile Energieträger abdriftet”, sagt Stagl. Allerdings sei Öl noch immer lukrativ und bislang gebe es noch unangetastete Vorkommen in Naturschutzgebieten.

Insgesamt finde die Klimakonferenz heuer unter einer “komplexen Gemengenlage” statt, attestiert Stagl. Der große Wurf sei also nicht zu erwarten.