Wie hart das Sparpaket Vorarlberg treffen könnte

Politik / 14.01.2025 • 15:00 Uhr
Wie hart das Sparpaket Vorarlberg treffen könnte
IHS-Chef Gabriel Felbermayr und Verfassungsjurist Peter Bußjäger erläutern die Hintergründe, was das Sparprogramm aktuell bedeuten könnte. APA, VN

FPÖ und ÖVP kündigten am Donnerstag weitere Details an, wie das Budget saniert werden soll. Klar ist: Auch die Bundesländer müssen sparen.

WieN, Schwarzach Am Dienstag reiste Finanzminister Gunter Mayr (ÖVP) mit dem blau-schwarzen Sparplan nach Brüssel. 6,4 Milliarden sollen allein 2025 eingespart werden. ÖVP und FPÖ wollen damit ein EU-Budgetdefizitverfahren vermeiden, obwohl es laut Experten nicht unbedingt einen Nachteil für Österreich bedeuten würde. Verfassungsexperte Peter Bußjäger erläutert, was im Zuge der aktuellen Wirtschaftslage und durch die Budgetkonsolidierung auch auf Vorarlberg zukommen könnte.

Wie geht es den anderen EU-Ländern finanziell?

Die EU-Kommission leitete im Juni 2024 gegen sieben Länder Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung ein. Auch Frankreich und Italien sind betroffen, es handelt sich um die zweit- und drittgrößte EU-Volkswirtschaft. Weitere “Defizitsünder” sind Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Slowakei und Rumänien.

Ist das für Österreich eine Premiere?

Nein. Für Österreich wäre es das zweite EU-Defizitverfahren. Das Erste war im Zuge der Nachwehen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 eröffnet worden. Es wurde erfolgreich Mitte 2014 beendet.

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Wieso steht ein EU-Defizitverfahren im Raum?

Österreich macht mehr Schulden als erlaubt. Das Defizit liegt bei rund vier Prozent des BIP. Wie die Maastricht-Kriterien der EU vorsehen, muss es wieder unter drei Prozent gebracht werden. Fehlentwicklungen in der Wirtschaftspolitik können Rückwirkungen auf alle Mitgliedstaaten haben. Um diese früh zu erkennen und gegensteuern zu können, gibt es das sogenannte Europäische Semester, einen Monitoring- und Koordinationsprozess. Die Regeln für diesen Prozess sind im Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) festgelegt.

Wird das rigorose Sparprogramm im Bund auch Vorarlberg treffen?

“Das ist ein wesentlicher, offener Punkt. Es ist von Reformen und Entbürokratisierung die Rede, aber nicht ganz klar, wo das Geld herkommen soll”, sagt Verfassungsjurist Peter Bußjäger den VN. Diese zwei Bereiche könnten natürlich auch Vorarlberg berühren. Fest stehe: Auch die Bundesländer müssen ihren Beitrag leisten. Allerdings müssen sie ohnehin schon jetzt sparen, gibt Bußjäger zu bedenken, da die Ertragsanteile durch den Finanzausgleich einbrechen, da die Wirtschaft nicht gut läuft.

Könnte der Bund auch in den Finanzausgleich eingreifen?

Das wäre denkbar, erläutert Bußjäger die rechtliche Grundlage: “Der Bund hätte die Gesetzgebungskompetenz, um zu seinen Gunsten in den Finanzausgleich einzugreifen.” De facto hält das der Verfassungsexperte jedoch für unwahrscheinlich: “Den Finanzausgleich einseitig zum Nachteil von Ländern und Gemeinden zu verändern, wird nicht einfach gehen. Diese einseitige Belastung würde ich verfassungsrechtlich kritisch sehen. Bei großen Eingriffen in die Länderkompetenzen benötigen FPÖ und ÖVP eine Zweidrittelmehrheit, die sie nicht haben.” Ob aktuell andere Parteien mitziehen könnten, ist eher unwahrscheinlich.

Wie hart das Sparpaket Vorarlberg treffen könnte
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Chef Holger Bonin warnen vor einem Dämpfer für das Wachstum durch einen rigorosen Sparkurs. APA/Hans Klaus Techt

Wieso wollen FPÖ und ÖVP das Defizitverfahren vermeiden?

Das wurde durch die Parteien noch nicht kommuniziert. Fest steht, dass ein EU-Defizitverfahren auch Vorteile hätte. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Direktor Holger Bonin haben sich zum Beispiel dafür ausgesprochen und raten von dem aktuell geplanten radikalen Sparkurs ab. Denn eine sprunghafte Reduktion des Defizits auf die Maastricht-Höchstgrenze von 3 Prozent würde laut aktueller Wifo-Prognose das Wachstum um 0,5 bis 1 Prozentpunkt dämpfen.

Wie sehen die Strafen aus?

Bei Nichteinhaltung könnten am Ende Geldstrafen in Milliardenhöhe fällig werden – was allerdings noch nie vorkam. Denn ein Defizitverfahren bietet in der Regel mehr Flexibilität, wenn außergewöhnliche wirtschaftliche oder finanzielle Krisen eintreten (z.B. Rezession, Naturkatastrophen oder unerwartete geopolitische Spannungen). In diesem Fall kann der Referenzpfad von vier Jahren auf bis zu sieben Jahre verlängert werden.

ABD0089_20241120 – WIEN – …STERREICH: Finanzminister Gunter Mayr (…VP) am Mittwoch, 20. November 2024, anl. einer Nationalratssitzung im Parlament in Wien. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Finanzminister Gunter Mayr (ÖVP) legte der EU-Kommission Österreichs Sparprogramm vor.APA/HELMUT FOHRINGER

Wie geht es weiter?

Am 31. Jänner treffen sich die EU-Finanzminister. Dann könnte es eine Entscheidung geben, wie Österreich verfahren wird. Für Donnerstag haben FPÖ und ÖVP weitere Details zum Sparplan angekündigt.