Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Kommentar: Beispiel Haselmaus

Politik / 01.08.2025 • 07:57 Uhr

Die Bundesregierung will Genehmigungsverfahren vor allem bei Infrastrukturprojekten wie Kraftwerken beschleunigen. Staatssekretär Schellhorn erklärte in der Pressekonferenz zornig, dass eine Verfahrensdauer von zehn Jahren wie etwa für das Speicherkraftwerk Kühtai keinesfalls akzeptabel sei.

Das Beispiel war nicht besonders klug gewählt. Das Auffüllen eines ganzen Gebirgstales mit Hilfe eines 113 Meter hohen Staudamms ist halt auch in Zeiten der Erneuerbaren Energien keine Kleinigkeit. Angesichts der Größe und der Auswirkungen des Projekts scheinen da zehn Jahre Verfahrensdauer sogar vergleichsweise kurz.

In einem ersten Schritt der Verwaltungsreform dürfte nun das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz geändert werden. Sogenannte Großverfahren sollen erleichtert durchgeführt werden können. Ein Blick in den Begutachtungsentwurf zeigt allerdings, dass die Phantasie des Gesetzgebers eine begrenzte ist: Ein paar kosmetische Änderungen, die für die Behörden vielleicht gewisse Vereinfachungen bringen, in der Wirkung möglicherweise aber auch völlig verpuffen. Das Beschleunigungspotenzial der ministeriellen Vorschläge dürfte bescheiden sein.

Eine lange Verfahrensdauer hat zumeist andere Ursachen, wie sich an folgendem Beispiel zeigt: 2024 hat der Verwaltungsgerichtshof die Genehmigung eines eher kleineren Wasserkraftwerks in Salzburg mit der Begründung aufgehoben, dass die Behörden unzureichend erhoben hätten, ob im Gebiet der geplanten Anlage die durch EU-Recht geschützte Haselmaus lebte. Das zuständige Landesverwaltungsgericht hatte sich in der angefochtenen Entscheidung nicht näher mit der Haselmaus befasst, weil die Sachverständigen das Tier zuletzt vor zehn Jahren und auch nur in der Nähe des Projektgeländes erblickt hatten. Mit dieser großzügigen Sichtweise hatte das Verwaltungsgericht nach Auffassung des VwGH einen schweren Verfahrensfehler begangen, weshalb es nunmehr abzuklären hat, wie es um die Haselmaus tatsächlich bestellt ist. Ob dies mittlerweile gelungen ist, lässt sich den Entscheidungsdatenbanken nicht entnehmen.

Das Beispiel Haselmaus zeigt, dass die Behörden, um den Anforderungen des Unionsrechts und der Höchstgerichte zu genügen, zuweilen äußerst aufwändige Ermittlungen vornehmen müssen, deren Sinn dann und wann auch hinterfragt werden darf. Die Politik zieht sich bis jetzt eher hilflos auf Gesetzeskosmetik zurück, mit der sich zwar eine Pressekonferenz bestreiten lässt, aber das wahre Problem nicht gelöst werden kann.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.