Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Ökologisierung

Politik / 18.01.2025 • 07:05 Uhr

Der ÖVP ist nichts zu blöd. Es liegt auch in ihrer Verantwortung, dass die Verhandlungen mit SPÖ und Neos gescheitert sind. Karl Nehammer hat sie ziellos laufen lassen. Da muss sie nicht so tun, als agiere sie staatstragend, wenn sie sich nun auf das schier Alternativlose einlässt, nämlich eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl (FPÖ).

In Bezug auf das Budget verhält es sich ähnlich: Schon lange erklärt Fiskalratschef Christoph Badelt, dass es aus dem Ruder läuft. Nehammer dementierte bis zum Wahltag. Erst danach begann er, die Wahrheit einzugestehen. Aber wie: Es sollte Advent werden, bis es zur Gänze so weit war. Da darf sich seine Partei heute nicht erwarten, dafür gelobt zu werden, Grundlagen für eine schnelle Einigung über die Budgetsanierung mit der FPÖ geschaffen zu haben. Sie hat es bis zum St. Nimmerleinstag verschleppt.

Die Sanierung, die die beiden angehen, kann aus mehreren Perspektiven betrachtet werden. Es ist etwa vernünftig, sich ein EU-Defizitverfahren zu ersparen. So muss man sich nichts sagen lassen, kann eigenständig agieren. Zweitens: Um heuer über sechs Milliarden Euro bewegen zu können, sind schmerzliche Einschnitte unausweichlich. Da kann man ausschließlich über die Verteilung reden.

Wie es FPÖ und ÖVP anlegen, ist bemerkenswert. Beide haben Steuererhöhungen lange ausgeschlossen. Jetzt schreiten sie zu Belastungen. Das läuft auf das Gleiche hinaus: Wird die Gebührenerhöhung im angekündigten Ausmaß durgezogen, kostet ein Reisepass etwa nicht mehr 75,90, sondern rund 109 Euro. Entsprechend weniger wird den Leuten bleiben. Man kann feststellen, dass das gerechtfertigt sei, sind Gebühren zuletzt doch real gesunken. Von solchen Maßnahmen wollten die künftigen Regierungsparteien vor der Wahl jedoch nichts wissen, obwohl ihnen die Umstände schon damals klar waren. So viel zum Glaubwürdigkeitsproblem der Politik insgesamt.

Dass sie Klimaförderungen senken wollen, haben sie hingegen immer gesagt. Es ist im Übrigen nicht nur böse: In den vergangenen Jahren hat auch hier „Koste es, was es wolle“ gegolten. Mit der Treffsicherheit hat man es nicht so genau genommen. Weder mit der sozialen noch mit der ökologischen. Der Klimabonus war vor allem als Ausgleich zur CO2-Bepreisung gedacht, aber wesentlich höher als diese. Eine Kürzung wäre daher allemal vernünftig gewesen.

Aber eine Streichung? Es ist interessant, dass Blau-Schwarz das vorhat. Auch wenn man die motorbezogene Versicherungssteuer für E-Autos berücksichtig, die sie planen; oder die Tatsache, dass sie das Kilometergeld für Autos „selbstverständlich nicht antasten“, jenes für Fahrräder jedoch halbieren wollen, bleibt damit in erster Linie eine Belastung von Menschen, die mit einem Verbrennungsmotor unterwegs sind.

Wie alle werden sie keinen Klimabonus von bis zu 290 Euro mehr erhalten. Für sie heißt das jedoch, dass die CO2-Bepeisung, die zu höheren Spritpreisen führt, nicht mehr abgefedert, sondern voll spürbar wird: Es ist, als sollten sie dazu gebracht werden, auf Bus und Bahn umzusteigen. Eine Art Ökologisierung, wie sie Schwarz-Grün nicht gewagt hat.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.