Servicestelle “Persönliche Assistenz” vor dem Aus: “Die Last ist einfach zu groß geworden”

Geschäftsführerin Simone Grabher erläutert, warum es nicht mehr weitergehen konnte. Land sucht nun ein Folgeprojekt.
Schwarzach, Götzis Peter Ainödhofer ist 67 Jahre alt. Vor 42 Jahren verunfallte er mit seinem Motorrad – seitdem sitzt der Götzner im Rollstuhl. Er möchte selbstbestimmt leben, erzählte er kürzlich den VN. Darum benötigt er von früh bis abends eine persönliche Assistenz. In Vorarlberg gibt es mehrere Anbieter dafür. Anfang 2024 sollte ein Pilotprojekt das Angebot unter ein Dach bringen. Ein Jahr später steht fest: Das Projekt ist gescheitert. Die Servicestelle “Persönliche Assistenz Vorarlberg” hat alle Verträge mit dem Land gekündigt und zieht sich wieder zurück. Das Projekt ist zu groß geworden, erklärt Geschäftsführerin Simone Grabher.
Anfang des Jahres 2024 hat die Stelle damit begonnen, die Assistentinnen und Assistenten anzustellen. Mittlerweile habe man über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erzählt Grabher. Zu viel. “Wir haben uns die letzten eineinhalb Jahre aufgeopfert, um das Pilotprojekt umzusetzen. Die Last ist einfach zu groß geworden. Wir können das nicht mehr stemmen.” Wahrscheinlich sei auch die Vorbereitungszeit zu kurz gewesen. “Wir konnten es nicht so aufstellen, wie wir es hätten tun sollen. Und jetzt haben wir gemerkt, wie es uns über den Kopf wächst.” Es würden einfach die Ressourcen fehlen.
Vorstand zog Reißleine
Schon im Herbst hat der Vorstand beschlossen, sich zurückzuziehen. In einer Aussendung erklärt Vereinsobfrau Sabrina Nitz: “Der Vorstand, als Selbstbetroffene, bedauert die Abgabe der persönlichen Assistenz sehr. Unter diesen Bedingungen war es uns jedoch leider nicht mehr möglich, die Verantwortung weiterhin zu tragen.” Grabher konkretisiert, was damit gemeint ist: “Das Geld ist ein Thema. Die finanzielle Last ist zu groß geworden.” Das ganze Jahr über mit dem unsicheren Gefühl zu arbeiten, ob es sich finanziell ausgeht, zehrte sehr an den Nerven. Auch, weil sich für den Vereinsvorstand die Haftungsfrage stellt. “Als GmbH wäre man anders organisiert.”
Viele Krankenstände
Auch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei die Belastung groß geworden, fährt Grabher fort. “In letzter Zeit gab es viele Krankenstände.” Im Büro sei der Arbeitsaufwand gestiegen. “Wenn man 100 Leute anstellt, ist es in der Verwaltung eine ganz andere Geschichte. Aber in der Verwaltung sind wir gleich groß geblieben.”
Die Klienten können sich bis Ende des Jahres sicher sein, dass die Leistung aufrecht bleibt. Das sei auch nötig, sagt Grabher. “Sie brauchen die Leistung. Manche kommen sonst nicht aus dem Bett oder können nicht alleine auf die Toilette.” Die Servicestelle werde dabei helfen, ein Folgemodell zu finden, betont sie. Obfrau Nitz sagt: “Es bedarf einer neuen, angepassten Struktur. Wir hoffen sehr, dass durch die bevorstehende Veränderung das selbstbestimmte Leben für Menschen mit Behinderung trotzdem weiterhin sichergestellt ist.” Die zuständige Landesrätin Martina Rüscher versichert: “Das Land prüft, in welcher Struktur das Angebot der persönlichen Assistenz ab 2026 weiter abgewickelt werden kann”, und fügt an: “Ich bedauere den Rückzug, verstehe aber, dass die hohe Arbeitslast im Rahmen des Pilotprojekts zu viel wurde.”
Leistungen der Servicestelle dürfen Menschen bis 65 Jahre in Anspruch nehmen. Peter Ainödhofer ist zwei Jahre zu alt. Er sucht noch nach einer Assistenz.