Sparen beim Klimaschutz kann teuer werden

Politik / 28.01.2025 • 11:34 Uhr
Sparen beim Klimaschutz kann teuer werden
FPÖ-Chef Herbert Kickl (links) sprach wiederholt von “Klimahysterie”. Einsparungen könnten nun auch zahlreiche Maßnahmen zum Klimaschutz und für die grüne Transformation betreffen, die Klimaministerin Leonore Gewessler (rechts) auf den Weg gebracht hat. APA/Schlager

Die CO2-Emissionen sanken. Ein Großteil ist auf Klimaschutzmaßnahmen und den gesteigerten Einsatz erneuerbarer Energien zurückzuführen. Dennoch droht eine Abkehr von zahlreichen Maßnahmen.

Wien Österreich hat es geschafft, dass die Treibhausgasemissionen 2023 im Vergleich mit 2022 um 6,5 Prozent gesunken sind. Diese Zahlen liefert das Umweltbundesamt in seiner neuen Treibhausgas-Inventur. Prompt forderte Noch-Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) die blau-schwarzen Koalitionsverhandler auf, diesen “guten Weg” nicht zu verlassen. Zahlreiche Maßnahmen im Bereich Klimaschutz könnten durch FPÖ und ÖVP beendet oder zurückgefahren werden.

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ÖVP-Klubobmann August Wöginger will die Tranformation auf “ein normales Maß” glätten. APA

Untergruppe zu Klimaschutz steht vor Einigung

Mittlerweile glaubt man auf beiden Seiten nicht, dass vor Mitte Februar eine blau-schwarze Regierung verkündet werden könnte. Die Koalitionsverhandler können aber zumindest kleine Erfolge erzielen: Wie erwartet soll es in den Untergruppen zu den Blöcken Landwirtschaft, Umweltschutz, Verfassung und Familie bereits um die Endabstimmung gehen. Das überrascht wenig: FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach wiederholt von “Klimahysterie” – das Wort findet sich auch im Wahlprogramm – und beim FPÖ-Neujahrstreffen wetterte er gegen grünen “Klimakommunismus”. ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigte bereits bei der Präsentation des Sparpakets Mitte Jänner an, dass die neue Regierung die in den vergangenen Jahren begonnene grüne Transformation “glätten und auf ein normales Maß anpassen“ wolle.

“Er meinte damit vermutlich eher auf ein jahrzehntelang geübtes Ausmaß. Das hat aber dazu geführt, dass die Emissionen nicht gesunken sind. Angesichts der Problemlage und der wissenschaftlichen Evidenz würde ich nicht meinen, dass das ein normales, sondern ein unzureichendes Maß war”, sagt Umweltökonomin Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien den VN.

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Umweltökonomin Sigrid Stagl ist Wissenschaftlerin des Jahres. APA

Erstmals unter 70 Millionen Tonnen Emissionen

Insgesamt lagen die Emissionen 2023 bei rund 68,6 Millionen Tonnen und damit erstmals unter 70 Millionen Tonnen. Der Rückgang setzt sich laut Umweltbundesamt aus unterschiedlichen Faktoren zusammen. Zum einen ist das Bruttoinlandsprodukt um ein Prozent gesunken. Zum anderen gab es um 3,1 Prozent weniger Heizgradtage als 2022 und die Preise für fossile Energie waren anhaltend hoch. Jedoch ist ein großer Teil auch auf den gestiegenen Anteil erneuerbarer Energien und Klimaschutmaßnahmen zurückzuführen, analysierte das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz.

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Ein wichtiger Faktor sind Gebäude, sagt Stagl. Maßnahmen wie Heizkesseltausch und Gebäudesanierungen hätten gegriffen, für beide sollen die Förderungen abgeschafft oder gekürzt werden. Einen Emissionsrückgang gab es in fünf von sechs Sektoren außerhalb des Emissionshandels. Durch den geringeren Erdgasverbrauch im Sektor Energie und Industrie sanken die Emissionen 2023 hier um zehn Prozent.

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Teure Untätigkeit

Hinzu kommen EU-Klimaziele, die Österreich einhalten muss. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Der Rechnungshof hat kurz vor Jahreswechsel Berechnungen veröffentlicht, wonach die Strafzahlungen mehrere Milliarden ausmachen könnten, erinnert Stagl. “Bis zu neun Milliarden wurden kolportiert. Es ist viel klüger, diese Beträge zu investieren.” Zudem kann Klimaschutz Geld in die Kassen spülen. Denn der EU-Mechanismus sieht vor, dass Mitgliedstaaten, die mehr CO₂ sparen als verlangt, diesen Bonus an andere Länder verkaufen können, die ihre Ziele verfehlen. “Das ist das Schöne an diesen Marktmechanismen: Man ist durch Klimaschutz nicht nur gut auf die Zukunft vorbereitet, sondern kann auch finanziell profitieren”, sagt Stagl.

“Es geht weniger darum, was die Einzelnen tun, als darum, welche Strukturen sie unterstützen, welche Regelwerke, Gesetze und Infrastrukturen”, sagt Stagl. Vor allem gehe es darum, dass nachhaltiges Handeln erleichtert wird, und es sich auszahlt. “Dann machen es alle”, sagt sie.