Zoll kämpft mit digitaler Zettelwirtschaft: Unterwegs mit Fahrer Andreas Tagajewa

Politik / 05.03.2025 • 15:53 Uhr
Zoll kämpft mit digitaler Zettelwirtschaft: Unterwegs mit Fahrer Andreas Tagajewa
Andreas Tagajewa kämpft sich tagtäglich durch einen langen Prozess, bevor er mit seiner Ware über die Grenze kann. VN/STeurer

Eine Digitalisierung der Abläufe ist geplant. Diese hat allerdings noch ihre Tücken. Umbauten bei den Zollstellen stehen aus.

Schwarzach Wie es mit der Zollabfertigung läuft, bekommen alle auf die eine oder andere Art zu spüren. Ungeachtet von Fahrern, Betrieben und Zollbediensteten werden unzählige Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sowie Pendler täglich daran erinnert, dass es geschmierter laufen könnte. Die Verkehrsbelastung ist hoch, wie sich auch am Mittwoch zeigte: Täglich grüßt der Stau rund um Dornbirn-Nord über die Bundesstraße bis nach Wolfurt. Am Zollamt werden Hunderte Lkw pro Tag abgewickelt. Bei den Prozessen gibt es Nachholbedarf, wie Markus Schrott, COO der TISA Speditions GmbH, berichtet. Um dies zu veranschaulichen, durften die VN den Fahrer Andreas Tagajewa von TISA in Hohenems über die Grenze begleiten – und dabei in die digitale Zettelwirtschaft eintauchen.

Der digitale Zollkorridor in der Praxis: Zettel und App

Zoll kämpft mit digitaler Zettelwirtschaft: Unterwegs mit Fahrer Andreas Tagajewa
Erster Schritt ist die Anmeldung beim E-Portal, wo man ins Transportcockpit gelangt. Diese wird hier von Cornelia Waibel erledigt, Abteilungsleiterin für Zoll bei der TISA Speditions GmBH in Hohenems. Fotos: VN/Stiplovsek
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Im E-Portal wird der “Digital Transport Slip” erstellt. Warenanmeldung wird vermerkt, ebenso wer für welche Firma fährt, ein Code wird erstellt.
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Der Fahrer – hier Andreas Tagajewa – lädt am Warenort – das ist in diesem Fall die TISA Spedition – die Waren ein.
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Im nächsten Schritt erhält der Fahrer die Papiere, die mit einer Zoll-App gescannt werden. Die App wünscht daraufhin “Gute Fahrt”. Aber: Papiere nicht vergessen!
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Mit App und Dokumenten fährt Andreas Tagajewa zum Grenzübergang nach Hohenems.
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Dort angekommen, signalisiert ihm die App automatisch, dass er “weiterfahren” darf. Dies bedeutet derzeit allerdings, dass er dennoch aussteigen und die entsprechenden Dokumente abstempeln lassen muss.
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Im Zollamt Österreich gibt der Fahrer den Grenzzollstellen-Ausgangsschein ab, der Digital Transport Slip wird gestempelt.
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Es geht weiter: Andreas Tagajewa fährt über die Grenze. Next Stop: die Schweizer Zollstelle.
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In der Schweiz angekommen, geht es wieder zur Zollstelle.
Zoll kämpft mit digitaler Zettelwirtschaft: Unterwegs mit Fahrer Andreas Tagajewa
Hier wurden bislang die Nummer auf App und Papier abgeglichen. In Folge nahm der Zollbeamte den Digital Transport Slip entgegen. Seit Montag bleibt den Fahrern dieser Weg zumindest zum Teil erspart. Sie müssen nicht mehr in die Zollstelle, sondern können die Papiere einfach einwerfen.
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Geschafft! Jetzt heißt es freie Fahrt.

Woran hakt’s?

Erklärtes Ziel beim Zoll ist die Digitalisierung – also ein digitaler und automatisierter Grenzübertritt bis 2028. Dies geht auf eine Vereinbarung des Zollamts Österreich und des Schweizer Bundesamts für Zoll zurück. Dafür braucht es nicht nur technische Lösungen, sondern auch Umbaumaßnahmen und Geld des Bundes. Am Ende soll der Verkehr rollen und ein Lkw im gewerblichen Güterverkehr ohne Pause an der Grenzabfertigungsstelle durchfahren können.

Markus Schrott und Michaela Adami-Schrott, Tisa GmbH
Markus Schrott und Michaela Adami-Schrott von der TISA Speditions GmbH hoffen auf eine vollständige Digitalisierung. TISA

Im vergangenen Jahr testete die Firma Gebrüder Weiss die digitale Abwicklung in einer Pilotphase. “Im Juli 2024 konnte der Regelbetrieb für den Zollkorridor für den Ausgang von Waren in die Schweiz und nach Liechtenstein aufgenommen werden”, heißt es im Finanzministerium. Im Sommer waren 13 Unternehmen mit an Bord. Laut Finanzressort steigt die Zahl kontinuierlich, genaue Angaben macht es aber nicht.

Einer der ersten Betriebe, die sich für den digitalen Zollkorridor anmeldeten, war die TISA Speditions GmbH. Im alten System mussten die Lkw-Fahrer für ihren Laufzettel nach Wolfurt, wo ihnen zur Weiterfahrt ein Grenzübergang vorgegeben wurde. Neu ist, dass sie nun für ihren Grenzstellen-Ausgangsschein zu einem zertifizierten Warenort fahren können. TISA ist so einer. COO Markus Schrott berichtet den VN allerdings: “Wir mussten nach der anfänglichen Euphorie feststellen, dass eine technisch tolle und interessante Lösung in der Praxis an einfachen Dingen gehemmt wird.”

Zoll kämpft mit digitaler Zettelwirtschaft: Unterwegs mit Fahrer Andreas Tagajewa
Derzeit braucht es App und Papier. VN/Stiplovsek

Der Zoll habe sich zwar sehr bemüht, fachkundig unterstützt und punkte auch mit dem neuen Verfahren bei den Kunden. “Nur leider ist die Umsetzung der digitalen Lösung noch nicht vollumfänglich erfolgt”, erklärt Schrott. Vielmehr bleibt die digitale Zollabwicklung am Papier hängen. So erhält der Fahrer vom Spediteur die erforderlichen Dokumente, muss sich aber auch in einer App registrieren. Beim Grenzübergang muss er sowohl auf österreichischer als auch auf Schweizer Seite stehen bleiben und seine Papiere vorweisen bzw. einwerfen. “Sie können sich vorstellen, dass dieser Ablauf noch keine Verbesserung wie angedacht für den Fahrer bedeutet und auch die Abfertigungszeit dadurch bisher nicht verbessert werden konnte”, erklärt TISA-Chef Schrott. Daher seien bislang auch nur wenige Abfertigungen nach dem neuen Verfahren erledigt worden. Erst ein papierloser Ablauf bringe die Vorteile. “Die Lkw würden dann von einer Kamera erfasst, erkannt und abgefertigt werden. Damit wäre der Verkehr flüssiger und die Abfertigungszeit wesentlich kürzer.”

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Der Stau am Güterbahnhof Wolfurt ist alltäglich, so reihte sich auch am Mittwoch wieder ein Lkw nach dem anderen ein. VN/STeurer

Noch heißt es also abwarten: Die Papiere sind so lange notwendig, bis die vollständige Digitalisierung inklusive baulicher Veränderungen an den teilnehmenden Grenzzollstellen vollzogen ist, berichtet das Finanzministerium. Also dass beispielsweise Kameras für eine automatische Kennzeichenerkennung oder – falls notwendig – eine zusätzliche Fahrspur eingerichtet werden. 2028 könnte es so weit sein.

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Bitschi will auf die Tube drücken. Derzeit sei der Zoll am Zug. VN/Steurer

Der zuständige Landesstatthalter Christof Bitschi fordert, den Zeitplan einzuhalten; auch, dass es für die Lkw möglich werden müsse, auf der Autobahn zu bleiben. “Hier ist der Zoll am Zug.” Es brauche eine Spur, auf der eine digitale Erkennung möglich sei – ähnlich der Thermoscanner vor dem Arlbergtunnel. “Unser Ziel ist, diese digitalen Erfassungsstellen im Bereich Arlberg und Pfänder aufzustellen.” Wolfurt soll rausgehalten werden. Dort benötige es so schnell wie möglich Entlastung.