Die Klimaschutz-Maßnahmen der neuen Regierung unter der Lupe

Politik / 10.03.2025 • 14:43 Uhr
Die Klimaschutz-Maßnahmen der neuen Regierung unter der Lupe
Wo führt der Klimapfad der neuen Regierung hin? ÖVP, SPÖ und Neos bekennen sich zur Klimaneutralität bis 2040. APA/HELMUT FOHRINGER

Wo geht es hin in Österreich? Die VN analysieren das neue Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos nach Themenbereichen. Im Klimabereich gibt es von Experten Lob und Tadel.

Wien Was haben sich ÖVP, SPÖ und Neos beim Klimaschutz vorgenommen? Zunächst ein quantitativer Blick: 210 Seiten hat das neue Regierungsprogramm. Dem “Klima- und Umweltschutz” werden ab Seite 153 acht Seiten eingeräumt. Das Drehbuch sei prinzipiell gut, der Film müsse aber noch gedreht werden, heißt es sinngemäß bei einem Rundruf bei Expertinnen und Experten.

Klimaschutzministerium adé

Zunächst fallen die formalen Veränderungen auf. Das “Megaministerium”, das die Grüne Ministerin Leonore Gewessler verantwortete, wird wieder auf kleinere Portionen verteilt. Der arbeitsintensive Bereich “Energie” wandert in das Wirtschafts- und Arbeitsministerium von Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP). Klimaschutz und Umwelt wandern zum bisherigen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Der bisherige Wiener Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) wird Verkehrsminister.

ABD0023_20230912 – WIEN – …STERREICH: Klimaškonom Karl Werner Steininger (Wegener Center der UniversitŠt Graz) am Dienstag, 12. September 2023, im Rahmen der PK “Fridays For Future” anl. des weltweiten Klimastreiks am 15.9. unter dem Motto “Zukunft fŸr Alle – Klimakatastrophengipfel JETZT!” in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Klimaökonom Karl Steininger vom Wegener Center der Universität Graz sieht das Bekenntnis zur schrittweisen Ökologisierung klimaschädlicher Subventionen positiv, hat jedoch auch Kritikpunkte. APA/GEORG HOCHMUTH

Das Verteilen der Kompetenzen helfe der Sache nicht, sagt Karl Steininger, Klimaökonom am Wegener Center in Graz: “Klima und insbesondere Energie sind wirklich eins.” Historische Erfahrungen legten nahe, dass Klima- und Umweltschutz nicht unbedingt prioritär behandelt wurde, wenn er in einem Landwirtschaftsministerium war.

Sigrid Stagl, Umweltökonomin von der WU Wien und Wissenschaftlerin des Jahres, kann darin auch Positives finden: “Das war das große Manko der letzten Regierung, die den Klimaschutz immer als etwas gesehen hat, den nur das Klimaschutzministerium machen soll. Aber alle Ministerien und Länder müssen da am gleichen Strang ziehen.”

Die Klimaschutz-Maßnahmen der neuen Regierung unter der Lupe
Umweltökonomin und “Wissenschafterin des Jahres” Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien nennt den Verkehrssektor als “größtes Sorgenkind”. Hier fehlen ihr weiterhin ambitioniertere Maßnahmen.APA/Helmuth Fohringer

Klimaschutz in Zeiten des Budgetlochs

Fiskalratspräsident Christoph Badelt gibt eine prinzipiell positive Bewertung ab: “Es ist ein Regierungsprogramm der Hoffnung, bezüglich dessen, was man sich alles vornimmt. Aber wieviel dann wirklich umsetzbar ist, wird nur ein konkreter Budgetpfad zeigen können – auch für die Folgejahre nach 2026.” Angesichts der prekären Budgetlage werden zahlreiche Förderungen im Klimaschutz reduziert. Im Bereich Klimapolitik mahnt Badelt zur Weitsicht: “Es sollte keine Kehrtwende sein, was die Umweltpolitik an sich betrifft.” Aber, so ergänzt er, es sei richtig, Förderungen auf ihre Effektivität zu prüfen. Das betreffe etwa Klimabonus oder Förderungen für Heizungstausch, die VN berichteten über die Empfehlungen des Fiskalrats.

ABD0050_20231214 – WIEN – …STERREICH: PrŠsident des Fiskalrates Christoph Badelt am Donnerstag, 14. Dezember 2023, wŠhrend einer PK des Fiskalrates Austria zum Thema “Bericht Ÿber die šffentlichen Finanzen 2022 bis 2027 und Empfehlungen” in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Fiskalratspräsident Christoph Badelt mahnt dazu, Förderungen auf ihre Effektivität zu überprüfen. APA/GEORG HOCHMUTH

Was den Experten fehlt

Stagl nennt jene Punkte, die ihr fehlen: “Das 2040 noch immer als Ziel für die Klimaneutralität drinnen steht, ist gut und richtig. Aber Zwischenziele und konkrete Umsetzungsschritte fehlen.” Positiv sei, dass erneut ein Klimagesetz und jährliche Klimabudgets angestrebt werden. “Aber leider fehlen die Sektorziele”, sagt sie. Denn die Frage, welches Ministerium dann verantwortlich ist, wenn Klimaziele verfehlt werden, ist offen. Stagl ergänzt in diesem Zusammenhang als positiv, dass laut Programm eine interministerielle Steuerungsgruppe geschaffen werden soll.

Das “größte Sorgenkind” bezüglich dessen, was im Regierungsabkommen steht, ist für Stagl der Verkehr: “Alle Maßnahmen wirken gegenläufig zur Klimaneutralität, wie etwa der weitere Ausbau von Straßen.” Das sieht Steininger genau so: “Einerseits wird der Klimabonus abgeschafft, andererseits soll ab 2026 eine Absetzmöglichkeit für Pendler ausgeweitet werden, um das zu kompensieren.”

Warten auf ein Klimaschutzgesetz

Steininger hebt etwa die internationale Klimafinanzierung, das Bekenntnis zum Green Deal der EU oder die Ausführungen zur Speicherung von CO2 im Boden als positiv hervor. Die Ökologisierung klimaschädlicher Subventionen, die sich ÖVP, SPÖ und Neos vornehmen, sei wichtig. Allerdings, so ergänzt er: “Die Frage ist nun, wie und ob das alles wirklich umgesetzt wird. Schon im letzten Regierungsübereinkommen stand ein Klimaschutzgesetz und wurde dann nicht umgesetzt.”