Bürgermeister zu Sparappellen: “Der Druck für die Gemeinden ist nicht mehr aushaltbar”

Politik / 02.04.2025 • 11:51 Uhr
Bürgermeister zu Sparappellen: "Der Druck für die Gemeinden ist nicht mehr aushaltbar"
Was kann gebaut werden und was muss aufgeschoben werden? Vorarlbergs Gemeinden stehen vor schwierigen Entscheidungen. VN

In acht Bundesländern sind die Schulden gestiegen, so auch in Vorarlberg. Die Gemeinden suchen nach Sparmöglichkeiten, der Spielraum wird jedoch immer kleiner.

Wien, Bregenz Die Turnhalle in Lauterach hat 50 Jahre am Buckel. Energieeffizienz: Fehlanzeige. Doch die Gemeinden müssen sparen und so landet die Halle, im Wettbewerb mit anderen notwendigen Projekten, auf der Wartebank. Das ist nur eines von vielen Beispielen aus Vorarlbergs Gemeinden, wo aktuell nicht mehr investiert werden kann. “Alle werden ihren Beitrag leisten müssen”, hieß es von Finanzminister Markus Marterbauer zur Budgetsanierung. Bloß: Vorarlbergs Bürgermeister sehen nur noch wenig Einsparpotenzial in den Gemeinden. Den VN haben sie erklärt, wieso der Spielraum nicht mehr groß ist.

Bürgermeister zu Sparappellen: "Der Druck für die Gemeinden ist nicht mehr aushaltbar"
Michael Ritsch, hier mit Ehefrau Yvonne am Wahltag Mitte März, plädiert für eine klare Aufgabenverteilung. Roland Paulitsch

Ritsch: Entflechtung von Aufgaben

“Das größte Problem der Kommunen ist, dass die Ertragsanteile auf dem Niveau von 2020 sind. Die Lohnkosten sind in diesem Zeitraum um 25 Prozent gestiegen”, sagt Michael Ritsch, Bürgermeister von Bregenz. Zwei Drittel der städtischen Ausgaben ergeben sich aus vier fixen Haushaltsstellen: Personalkosten, Sozialfonds, Gesundheitsfonds und die Landesumlage. “In dem restlichen Drittel haben wir uns jede einzelne Zahl durchgeschaut. Sparen ist relativ schwierig.” Wichtig wäre eine Schlüsseländerung im Finanzausgleich oder eine neue Aufgabenverteilung.

Ab Mai startet ein weiterer Konsolidierungsprozess, sagt Ritsch. “Dafür nehmen wir uns ein Jahr Zeit, um zu schauen, welche Aufgaben die Kommune weitermachen muss und welche es vielleicht nicht mehr braucht.” Auch Pensionierungen sind ein Thema: “In unserer Kommunikationsabteilung waren immer fünf Mitarbeiter. Einer steht kurz vor der Pensionierung und wird nicht nachbesetzt.” Das sei auch aufgrund von KI möglich, da gewisse Sachen schneller und einfacher gehen.

Bürgermeister Elmar Rhomberg ist zurück im Amt
Elmar Rhomberg berichtet von Projekten, die die Gemeinde zeitlich schieben muss.Beate Rhomberg

Rhomberg: Interkommunale Zusammenarbeit stärken

Große Projekte werden verschoben, berichtet auch der Lauteracher Bürgermeister Elmar Rhomberg: “Die Turnhalle der Mittelschule ist 50 Jahre alt. Wir sollten sie dringend sanieren oder neu bauen. Das können wir im Moment nicht stemmen.” Auch andere Infrastrukturprojekte müssen zeitlich geschoben werden. “Solange nicht klar ist, wie sich die Einnahmensituation entwickelt, können wir nicht investieren”. Dass die öffentliche Hand überall zurückfährt, sei kein gutes Signal an die Wirtschaft, betont Rhomberg.

Kooperationen, die nun verstärkt gefordert werden, gebe es in Lauterach bereits seit Jahren. Rhomberg zählt drei Beispiele auf: Die Abfallentsorgung in Lauterach wird gemeinsam mit Wolfurt, Schwarzach und Kennelbach durchgeführt. Die Musikschule am Hochsteig wird mit Lauterach, Wolfurt, Schwarzach, Bildstein und Buch betrieben. Zudem ist geplant, dass mehrere Gemeinden gemeinsam die Lohnabrechnung durchführen. “Die Budgetknappheit wird diese interkommunale Zusammenarbeit sicher noch beflügeln”, sagt Rhomberg.

Homestory Simon Tschann, ÖVP Bludenz
Simon Tschann fordert von Bund und Land, sich “endlich etwas zu überelgen und strukturell einzugreifen”. Beate Rhomberg

Tschann: Der Bund ist am Zug

Der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann spricht von enormen Herausforderungen: “Ohne strukturelle Maßnahmen werden wir nicht regieren können.” Projekte müssen priorisiert werden: “Wir werden gewisse Dinge machen können und gewisse Dinge, die auch schön wären, leider nicht.” Konkrete Beispiele kann Tschann noch nicht nennen, die konstituierende Sitzung steht kurz bevor.

Bludenz sei im Bereich Kooperationen Vorreiter, sagt der Bürgermeister: “Die IT-Kooperation machen wir etwa schon fast für den gesamten Bezirk und darüber hinaus.” Im Vorarlberger Süden werden zudem erste Projekte in der Sozialplanung gemeinsam umgesetzt. “Da ist enormes Potenzial vorhanden.” Bei den Infrastrukturprojekten nennt Tschann das Regionalbad in Bludenz: “Solche Großprojekte gehen nur in die Umsetzung, wenn wir sie gemeinsam planen.”

Tschann appelliert an Bund und Land, sich nun “endlich etwas zu überlegen und strukturell einzugreifen”. Gerade im Bereich des Sozialfonds sei der Handlungsbedarf groß. “Dieser Druck ist für die Gemeinden eigentlich nicht mehr aushaltbar.”