„Bei Nehammer geht es um Belohnung“

Politik / 21.04.2025 • 12:23 Uhr
„Bei Nehammer geht es um Belohnung“
Karl Nehammer (r.) mit Christian Stocker, seinem Nachfolger als Kanzler und Parteichef, auf dem ÖVP-Bundesparteitag Ende März in Wiener Neustadt. Foto: APA

Postenschacher: Ex-Rechnungshofchef Fiedler vermisst Abkühlphase für Ex-Politiker.

SCHWARZACH. Für Franz Fiedler, den ehemaligen Rechnungshofpräsidenten und Ehrenvorsitzenden der Anti-Korruptionsorganisation „Transparency International“, ist die Sache klar: „Karl Nehammer wäre ein Fall für eine Cooling-off-Phase“, sagt der 81-Jährige. Übersetzt heißt das Abkühlphase und würde bedeuten, dass der Ex-Kanzler und ÖVP-Chef eine Zeit lang gesperrt ist für gewisse Jobs, damit es zu keinem Anschein kommen kann; dass ihn Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) also nicht fürs Direktorium der Europäischen Investitionsbank hätte nominieren dürfen, wie er es auf Wunsch der ÖVP und im Einvernehmen mit der SPÖ getan hat. „Transparency International“ fordere schon lange eine „Cooling-off-Phase“ für Regierungsmitglieder, berichtet Fiedler: „Bis jetzt ist jedoch keine Partei darauf eingestiegen.“

Interview Fiedler
„Man kann grundsätzlich bezweifeln, ob Nehammer die nötigen Eigenschaften für die Funktion mitbringt”, sagt Franz Fiedler. Foto: VN/Hofmeister

Nicht alle Ex-Politiker schaffen es, ohne Unterstützung ihrer Nachfolger eine neue Existenz aufzubauen. Es gibt jedoch solche Fälle: Als Berater und Investoren viel Geld gemacht haben (bereits) die früheren Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP). Neos-Gründer Matthias Strolz war nie Minister, aber Vollzeit-Oppositionsvertreter, ehe er sich verabschiedete, um Menschen wieder bei Veränderungsprozessen zu begleiten und das Buch „Sei Pilot deines Lebens“ zu schreiben. Zwischendurch galt er heuer als möglicher Bildungsminister, daraus wurde jedoch nichts. Derzeit hat er sich Enthaltsamkeit in Bezug auf Politik auferlegt und hält sich auch strickt daran: Er will sich nicht dazu äußern.

Bei den Regierungsmitgliedern, die im März ausgeschieden sind, ist es folgendermaßen: Die Grünen hätten nicht einmal mehr Parteifreunde in Ministerien, die ihnen karrieretechnisch behilflich sein könnten. Aber Johannes Rauch ist ohnehin in Pension gegangen und Werner Kogler, Alma Zadić sowie Leonore Gewessler haben ein ordentlich bezahltes Nationalratsmandat (rund 10.000 Euro Monatsbrutto für einfache Abgeordnete).

„Bei Nehammer geht es um Belohnung“
Ex-Ministerin Karoline Edtstadler folgt im Sommer Wilfried Haslauer (r.) als Landeshauptfrau Salzburgs nach. Foto: APA

Von Regierungsmitgliedern mit einem ÖVP-Ticket befindet sich Alexander Schallenberg noch in einer Orientierungsphase. Karoline Edtstadler wird im Sommer Salzburger Landeshauptfrau und Martin Kocher Nationalbank-Gouverneur. Susanne Raab wiederum möchte Ex-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger als Generaldirektorin der internationalen Migrationsagentur mit Sitz in Wien nachfolgen. Ausgang offen.

Karl Nehammer gründete nach seinem Ausscheiden aus der Politik Anfang Jänner eine Beratungsfirma. Jetzt winkt aber eben der Job bei der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Bezahlung: Über 30.000 Euro brutto pro Monat.

Franz Fiedler meint, dass ihm die ÖVP hilft, dazu zu kommen, sei auch als Dankeschön für seine Parteidienste zu sehen: „Da geht es schlicht um eine Belohnung. Das ist keine Frage. Doch dieser Fall zeichnet sich auch dadurch aus, dass man grundsätzlich bezweifeln kann, ob er die nötigen Eigenschaften für die Funktion mitbringt.“ Wobei: Als eine Qualifikation gilt Erfahrung auf europäischer Ebene, die Nehammer als Regierungschef gesammelt hat.