“Sehen das Mercosur-Handelsabkommen kritisch, sind aber nicht total ablehnend”

Eigentlich präsentierten Landeshauptmann und Landesrat eine Innovationsförderung für die Landwirtschaft. Doch auch der Sparkurs und Handelsabkommen kamen zur Sprache.
Bregenz Der Sparkurs ist in Vorarlberg omnipräsent. Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Christian Gantner sprechen den Rotstift mehrfach an, als sie am Dienstag nach der Regierungssitzung vor die Presse treten. Alle hätten ihren Beitrag zu leisten. Auch der Bereich der Landwirtschaft.
Doch Wallner und Gantner sind eigentlich gekommen, um eine gute Nachricht zu verkünden und um für die Innovationsförderung für kleine, landwirtschaftliche Projekte zu werben. Das Ganze bleibe sparsam. „Wir haben es aber nicht gecancelt“, sagt Wallner. Bis zu 6000 Euro sind als Förderung für Einreichungen möglich, die Vielfalt, Innovation und Selbstversorgungsquote in Vorarlberg steigern. 24 solcher Projekte wurden seit 2020 unterstützt.

Was den Sparkurs des Landes in der Landwirtschaft betrifft, geriet bislang wenig an die Öffentlichkeit. Erst vergangene Woche erklärte die SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer abseits der Einschnitte für Sozialinstitutionen kaum etwas von Kürzungen gehört zu haben. Zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur oder der Landwirtschaft habe sie keinen Aufschrei vernommen.
Landesrat Christian Gantner bekräftigt, dass alle anteilsmäßig ihren Beitrag zu leisten hätte. Nur so könne Sparen auch wirklich funktionieren. Das betreffe deshalb natürlich auch den Landwirtschaftsbereich. „Alle Förderungen werden auf ihre Notwendigkeit und ihren Nutzen hinterfragt.“ Festzuhalten sei allerdings, dass der Großteil der Landwirtschaftsförderungen, die direkt an die Bäuerinnen und Bauern gehen, durch europäische Programme fixiert sind. “Diese werden wir auch weiterhin beibehalten.” Einen strikten Sparkurs will der Landesrat bei Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit fahren. Ebenso sieht er Einsparungspotential in der Struktur und bei Organisationen.

Die bis zu 6000 Euro Innovationsförderung pro Projekt seien jedenfalls gut investiertes Geld, ist Gantner überzeugt. Die Landwirtschaft sei ein Motor für regionale Entwicklung, Klimaschutz und Lebensqualität. „Wir brauchen auch in Zeiten wie diesen Innovation.“
Freihandelsabkommen in Diskussion
In Zeiten wie diesen werden auch Freihandelsabkommen wieder aktuell. Die neuen US-Zölle haben die Diskussion über eine mögliche Übereinkunft der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten aufflammen lassen. “Wenn der Freihandel fair und gerecht ist, sind wir dabei, das ist unsere Position auf EU-Ebene”, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Österreich brauche den Export auch in der Landwirtschaft. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hatte zuletzt deutlich für das Abkommen geworben. Auch die Neos sind mit Außenministerin Beate Meinl-Reisinger dafür. Die SPÖ war bisher stets dagegen. Im Dezember hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten vorläufig unterzeichnet. Nun wird es juristisch geprüft.

Kritisch, aber nicht total dagegen
Maßgeblich für die österreichische Position zum Mercosur-Handelsabkommen bleibt allerdings ein aufrechter Nationalratsbeschluss aus dem Jahr 2017, der sich gegen das Mercosur-Abkommen ausspricht. Auf diesen Beschluss verweist auch Gantner. Sollte eine Übereinkunft dennoch zustande kommen, „braucht es eine noch klarere Lebensmittelkennzeichnung“, betont er. Die Argumentation, wonach man mit dem Mercosur-Handelsabkommen bessere Umwelt- und Sozialstandards nach Südamerika bringe, bezeichnet der Vorarlberger Landesart als Feigenblatt.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von APA Livecenter angezeigt.
Für Markus Wallner sind mehrere Fragen zentral. Bietet ein Abkommen Wachstumschancen? Oder schadet es der Landwirtschaft? „Welche Ergebnisse liegen nun auf dem Tisch? Was bringt’s und was schadet’s?“ Seit dem ersten Entwurf habe sich einiges bewegt. Dies müsse man sich ansehen. „Wir stehen dem Mercosur-Abkommen kritisch gegenüber, aber nicht total ablehnend.“ Man könne ein Handelsabkommen nicht per se vom Tisch wischen, sondern müsse prüfen, ob man die Bedenken ausräumen könne.
Die heimische Landwirtschaft dürfe keinen Schaden davon ziehen, sind sowohl Landeshauptmann als auch Landesrat überzeugt. Sie wollen stattdessen mehr von der Landwirtschaft sehen. Und von ihrer Innovationskraft. Projekte wie die LändleNuss in Hard (2020), MagMa in Dornbirn (2022) und der Zangerlhof in Rankweil, die eine Innovationsförderung erhalten hatten, seien der beste Beweis dafür.
Die Vorarlberger Landwirtschaft in Zahlen
Für die allermeisten ist die Vorarlberger Landwirtschaft:
64.000 Stück Kühe, Rinder und Kälber
40.000 Hektar bewirtschaftetes Grünland (mit Alpen sogar 70.000 ha)
170 Millionen Liter erzeugte Milch pro Jahr
500 bewirtschaftete Alpen und 200 verschiedene Käsesorten
Die Landwirtschaft ist aber auch:
83 Hektar Obstanlagen, Beeren und Kirschen
172 Hektar Dinkel (+169% in den vergangenen zehn Jahren)
75 Hektar Feldgemüse (+114% in den vergangenen 10 Jahren)
9 Hektar Weingärten (+80% in den vergangenen 10 Jahren)
Vorarlbergs Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften:
6400 Hektar Naturschutzflächen
2400 Hektar Streuewiesen (60% der landwirtschaftlich genutzten Moore Österreichs)
Wir haben in Vorarlberg aber auch:
Weinbergschneckenzüchter und Heuschreckenzüchter
30 Stück Wasserbüffel
40 Strauße
1500 Tiere zum Erhalt gefährdeter Nutztierrassen
Quelle: Land Vorarlberg, Landesrat Christian Gantner
„Landwirt.schafft.Neues“ heißt das Förderprogramm: Bis 31. Mai und danach bis 31. Oktober können Projekte unter landwirtschaft@vorarlberg.at eingereicht werden.