Alarmierende Zahl rechtsextremer Straftaten in Vorarlberg

Politik / 28.04.2025 • 17:00 Uhr
Anti-Rassismus-Stelle ZARA: Rechtes Gedankengut nicht nur in kleinen Gruppierungen. FOTO: DPA
Die rechtsextreme Szene präsentiert sich längst nicht mehr nur auffällig. Codes, Symbole und die Verschiebung von sprachlichen Grenzen sind auch in Vorarlberg ein Problem. APA

Der aktuelle Rechtsextremismusbericht identifiziert Vorarlberg als Brennpunkt. SPÖ-Abgeordneter Antonio Della Rossa hebt die Bedeutung von Jugendarbeit hervor und kritisiert die Verrohung von Sprache – auch im Parlament.

Wien Der neue Rechtsextremismusbericht stellt Vorarlberg kein gutes Zeugnis aus. Im Land kam zu 18,8 Tathandlungen pro 100.000 Einwohnern. Nur in Salzburg war 2023 der Anteil an rechtsextremen Tathandlungen bezogen auf die Bevölkerungszahl höher (20,6). Berücksichtigt man die Zahlen von 2021 und 2022, steht Vorarlberg mit durchschnittlich 15,4 Tathandlungen sogar an der Spitze. „Dieser Bericht ist keine Statistik – er ist ein demokratischer Notruf. Besonders für uns hier in Vorarlberg sind die Zahlen alarmierend”, warnt SPÖ-Abgeordnete Antonio Della Rossa.

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Aufklärung und Sensibilisierung

Der Bodenseeraum sei aufgrund seiner geografischen Lage in den letzten Jahren regelmäßig Tummelplatz für rechtsextreme Tätigkeiten und Nazi-Konzerte, sagt der Nationalratsabgeordnete. “Wir haben ein Verbotsgesetz. Das wird aber oft durch Zahlencodes oder Symbole umschifft”, sagt Della Rossa. Hier sei die Legislative gefragt.

Noch wichtiger sei jedoch die Jugendarbeit, mit durch Schulungen und Aufklärung im Bereich Extremismus. Della Rossa ist selbst bei der Offenen Jugendarbeit Bludenz tätig: “Wir haben immer wieder Fälle, bei denen sich die Jugendlichen wundern, dass etwas verboten ist oder sie Freunde haben, die auf solche Konzerte gehen. Das ist schon erstaunlich und ich habe das Gefühl, es wird in Vorarlberg ein wenig weggeschaut.”

Die Kapazitäten sind angesichts der anstehenden Sparmaßnahmen extrem schwierig aufzustellen, aber grundsätzlich müsse auch mehr Aufklärung an Schulen passieren. “Ich kenne das aus der Jugendarbeit. Jugendliche, die auch am rechten Rand Täter werden, kommen meist aus schwierigen familiären Verhältnissen.” Auffallend sei, dass sie zum Großteil Männer sind. Insgesamt, betont Della Rossa, zeigt ein Blick auf die Straftaten aber, dass es sich nicht nur um “jugendlichen Blödsinn” handelt. Zu rund 80 Prozent handle es sich bei den Tätern um erwachsene Männer.

Antonio Della Rossa, SPÖ
Der Vorarlberger Antonio Della Rossa arbeitet für die SPÖ im Nationalrat. Er plädiert dafür, dass auch in Vorarlberg bei Rechtsextremismus genauer hingeschaut wird. VN

Hitzige Debatte im Parlament

Der Bericht, der regelmäßig vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) veröffentlichte wird, sorgte auch im Parlament für hitzige Debatten. Insgesamt hat es 2023 laut DÖW 1208 rechtsextreme Taten in Österreich gegeben. Darunter fielen zum Beispiel NS-Wiederbetätigung, Verhetzung, Stalking, Drohungen bis hin zu rassistisch motivierten Angriffen mit Körperverletzung. Harald Stefan (FPÖ) bezeichnete den Bericht, der im Auftrag von Innen- und Justizministerium erstellt wurde, im Plenum als “pseudowissenschaftliche Agitation von Linksextremen”. Die Abgeordneten alle anderer Fraktionen sahen das anders. Die Zahlen seien alarmierend, zumal sich etwa die Straftaten nach dem Verbotsgesetz von 2015 bis 2024 mehr als verdreifacht hätten, sagte Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ).

Kickl verteidigte NS-Begriff “Umvolkung”

Im Bericht wird auch darauf eingegangen, dass rechtsextreme Sprache und Denkweise “normalisiert” werde. Die FPÖ lieferte just in der Debatte zum Rechtsextremismusbericht selbst ein Beispiel. Für Aufregung sorgte der Zwischenruf von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl, in dem er die Verwendung des im Nationalsozialismus gebräuchlichen Ausdrucks “Umvolkung” durch seinen Parteikollegen Peter Wurm am Vortag verteidigte. Die anderen Fraktionen reagierten empört. Der Zweite Nationalratspräsident Peter Haubner (ÖVP), der die Sitzung leitete, kündigte nach einer Sitzungsunterbrechung samt Steh-Präsidiale an, dass man sich darauf geeinigt habe, den Vorfall noch einmal in der Präsidiale des Nationalrats zu besprechen.

Der Umgang mit Sprache ist auch ein Punkt, den Della Rossa im Gespräch mit den VN hervorhebt: “Die Frage ist, inwieweit eine Verrohung der Sprache, auch im Parlament dazu beiträgt, dass sich Rechte mehr heraustrauen. Es werden ja auch permanent Nazi-Begriffe in die Parlamentsdebatten eingeschleust und versucht, sie wieder salonfähig zu machen.” Es sei wahrscheinlich Taktik der FPÖ, immer wieder Grenzen zu überschreiten und dadurch mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, sagt er.