Gemeindefinanzen unter Druck: Ruf nach Grundsteuerreform wird lauter

Staatliche Mittel und Steueranpassungen reichen nicht, um die Handlungsfähigkeit von Gemeinden zu erhalten. Experten schlagen Alarm.
Text: Julia Schilly-Polozani & Michael Prock
Wien , Dornbirn Dass es den Gemeinden finanziell nicht sonderlich gut geht, ist keine Neuigkeit mehr. Dass sich in Zeiten wie diesen die Lage noch einmal zuspitzt, auch wenig überraschend. Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) prognostiziert jetzt allerdings düstere Zeiten. Karoline Mitterer vom KDZ stellt fest: “Die Gemeinden werden es aus eigener Kraft nicht schaffen.” Auch der frisch gewählte Vorarlberger Gemeindeverbandspräsident Walter Gohm, selbst Bürgermeister von Frastanz, betont: “Die Gemeinden stehen unter großem finanziellem Druck. Es gibt viele Gemeinden, die mit selbst mit den Ertragsanteilen nicht mehr ihre Aufwendungen decken können.” So sehen es auch die Experten vom KDZ: Die zusätzlichen Steuern und Mittel, die die Regierung für Städte und Gemeinden vorsieht, werden nicht reichen. Schon heuer werde fast jede zweite Gemeinde eine Abgangsgemeinde sein, also ohne positiven Rechnungsabschluss. Ohne Reformen drohen auch in Vorarlberg Leistungskürzungen. Und davon warnt Gohm. “Wir müssen einen Weg finden, damit Gemeinden auch in Zukunft ihre Aufgaben ordentlich erledigen können.”
Die Ausgangslage ist schlecht: 2024 trugen die Gemeinden ohne Wien mit einer Milliarde Euro zum öffentlichen Defizit bei. Der Auftrag von Finanzminister Markus Marterbauer lautet: sparen, sparen, sparen. Alle sollen ihren Beitrag leisten. Doch die kurzfristigen Möglichkeiten der Gemeinden sind beschränkt und bedeuten häufig Leistungseinschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger. “Man müsste die Schuldenquote verdoppeln, wenn man Investitionen aufrechterhalten will”, sagt Mitterer. Auch Vorarlbergs Gemeinden kämpfen mit der Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsorge.
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Ein zentrales Problem sind laut Mitterer die wachsenden Finanzierungverpflichtungen der Gemeinden für Soziales und Krankenanstalten. Bis 2028 wird von einem Euro, den die Städte und Gemeinden aus dem Steuertopf erhalten, durch diese Umlagen nur noch 40 Cent bei den Städten und Gemeinden verbleiben. 2019 waren es noch mehr als 50 Cent. In Vorarlberg zahlen die Gemeinden 40 Prozent der Kosten des Rettungsfonds, des Spitalfonds und des Sozialfonds. Darum sei wichtig, dass in den Strukturen gespart wird, betont Gohm. Schon länger verhandeln Gemeinden und das Land über die Kosten. “Der Fokus liegt aber nicht darauf, den Schlüssel zu verschieben”, ergänz der Gemeindeverbandspräsident. Allerdings könnte eine Schlüsselverschiebung durchaus am Ende der Verhandlungen stehen. “Es geht um die Frage, wie Gemeinden finanziell entlastet werden können.”

Das KDZ hat drei Szenarien errechnet: Ohne Gegenmaßnahmen würde sich der Handlungsspielraum im Vergleich zum Vorkrisenniveau halbieren. Szenario zwei würde eine Erhöhung der Gebühren über ein Prozent der Inflation und geringere Personal- und Sachausgaben beinhalten. Damit wären 375 Millionen Euro drin. Ein Hindernis sind der notwendige Personalaufbau in der Elementarpädagogik und in Schulen. Daher rät das KDZ zu Szenario drei: eine Reform der Grundsteuer und eine Anpassung der Umlagen. Da rechnet das KDZ mit 560 Millionen Euro. “Das sind Sachen, die der Bund bewegen muss”, betont Gohm. Er hört aber Signale, dass die kommunalen Investitionspakete des Bundes nicht mehr an Investitionen gebunden sein könnten. “Das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.” Am wichtigsten sei aber, dass die Wirtschaft wieder brummt.
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Fast einstimmig
Dornbirn Der Vorarlberger Gemeindeverband hat einen neuen Präsidenten. Walter Gohm, Bürgermeister von Frastanz, wurde beim Vorarlberger Gemeindetag in Dornbirn mit 98,5 Prozent der Stimmen (also eine Gegenstimme) gewählt. Er folgt auf die Dornbirnerin Andrea Kaufmann, die ihr Bürgermeisteramt nach der Gemeindewahl im März zurücklegte. Gohm ist seit 2010 in der Gemeindevertretung, seit 2019 ist er Bürgermeister.
Zu Vizepräsidenten (wieder)gewählt wurden Elmar Rhomberg (Lauterach), Katharina Wöß-Krall (Rankweil), Dieter Egger (Hohenems), Tobias Bischofberger (Mellau) und Georg Bucher (Bürs). Insgesamt bilden 22 Gemeinden den Vorstand des Gemeindeverbands, dabei ist eine regionale Verteilung festgelegt.





