Staatskasse knabbert an der Abschaffung der Kalten Progression

Politik / 30.05.2025 • 16:31 Uhr
Staatskasse knabbert an der Abschaffung der Kalten Progression
Dem Staatshaushalt fehlt viel Geld. Geld, das vor allem über Steuern eingenommen wird. APA

Budgetloch steigt stetig. Rücknahme des letzten Drittels spüren aber wiederum die Steuerzahler.

Bregenz Magnus Brunner ließ sich feiern. Im Februar 2024 erhielt er den “Europäischen Steuerzahlerpreis” der “Taxpayers Association of Europe”. Die Jury verlieh ihm die Auszeichnung, weil er die Kalte Progression abgeschafft hat. Damit setzte Brunner mit der damaligen Regierung eine langjährige Forderung seiner Partei, der Wirtschaft und vieler Bundesländer um. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hielt diese Forderung viele Jahre lang aufrecht. Mittlerweile sehen es auch führende Politiker der ÖVP anders: Budgetsprecher Andreas Hanger bezeichnete kürzlich auf Puls24 die Abschaffung als Fehler. Partei-Chef und Bundeskanzler Christian Stocker legte kurz darauf im VN-Interview nach: “Es ist eine Frage des Zeitpunkts. Und in der Rückschau der Geschichte ist man bekanntlich immer klüger”, sagte er zur Frage, ob die Abschaffung wirklich ein Fehler gewesen sei. “Die Maßnahme war richtig. Über den Zeitpunkt kann man diskutieren.” Die Bundesregierung reagiert jedenfalls. Ab 2026 wird ein Drittel der Abschaffung zurückgenommen – das Geld wird einbehalten.

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Die Kalte Progression wird von Kritikern als schleichende Steuererhöhung bezeichnet. Dazu gehörte steht das Institut “Agenda Austria”. Es hält deshalb die Abschaffung für richtig – möchte sie auch nicht infrage stellen; auch das letzte Drittel nicht. Denn: Allein 2026 betrage die Mehrbelastung dadurch 362 Millionen Euro, bis 2029 wachse dieser Betrag auf 1,3 Milliarden Euro. “Über die gesamte Legislaturperiode hinweg summiert sich die steuerliche Mehrbelastung durch die Kalte Progression auf insgesamt rund 3,3 Milliarden Euro”, rechnet die “Agenda Austria” auf VN-Anfrage vor. Bei einem Bruttogehalt von 2000 Euro beträgt die zusätzliche Steuerbelastung im Jahr 2026 dadurch 28 Euro. 2029 sind es 100 Euro, auf die vier Jahre zusammengerechnet 256 Euro.

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Die Kalte Progression beschreibt den Umstand, dass Personen nach Gehaltserhöhungen in einer höheren Steuerstufe landen könnten und ihnen damit weniger netto übrig bleibt. Deshalb werden jetzt auch die Steuerstufen mit der Inflation angepasst, was zwar die Steuerzahler freut, den Staatshaushalt aber nicht. Aktuelle Zahlen des Fiskalrats zeigen: Im Vorjahr floss dadurch rund fünf Milliarden Euro weniger Steuergeld in die öffentlichen Kassen. 3,4 Milliarden davon fehlten der Bundesregierung, eine Milliarde den Ländern und 600 Millionen den Gemeinden. Für Vorarlberg bedeutet das: 47 Millionen Euro weniger für das Landesbudget, 28 Millionen weniger für die Gemeinden – immer im Vergleich zu dem, wenn die Kalte Progression nicht abgeschafft worden wäre. Für 2025 errechnet der Fiskalrat, dass 7,5 Milliarden Euro fehlen, 70 Millionen davon dem Vorarlberger Landesbudget, 41 Millionen den Vorarlberger Gemeinden, wenn man vom Zeitpunkt der Abschaffung 2023 ausgeht.

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Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo kommt in seiner Berechnung auf ähnliche Zahlen, berechnet die Mindereinnahmen aber ausschließlich für das aktuelle Jahr. Heuer würden dem Landesbudget demnach 18 Millionen fehlen, den Vorarlberger Gemeinden elf Millionen. 2024 waren es sogar 34 Millionen fürs Land und 20 Millionen für die Gemeinden. Das Wifo gibt allerdings für das Vorjahr auf VN-Anfrage zu bedenken: “Die Ertragsanteile sind trotz der Abgeltung der Kalten Progression um 28 Millionen Euro (Land Vorarlberg) bzw. 17 Millionen Euro (Vorarlberger Gemeinden) gestiegen.” Es sind um acht Prozent mehr als im Jahr zuvor. Ohne Abschaffung der Kalten Progression wären es 17 Prozent mehr.

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Ab 2026 behält der Staat wieder ein Drittel der schleichenden Steuererhöhung ein. Um die Auswirkungen zu skizzieren: Wäre das schon heuer der Fall, würden sich die Mindereinnahmen von Vorarlberg um rund sechs Millionen Euro verringern, rechnet die Finanzabteilung des Landes vor – bei den Vorarlberger Gemeinden um vier Millionen Euro. Wäre die Kalte Progression im Jahr 2022 nicht abgeschafft worden, wäre aber die effektive Durchschnittsbesteuerung heuer um 2,3 Prozent höher, als sie es jetzt ist. Geld, das also dem Steuerzahler wieder fehlt – der Staatskasse aber guttut.