Jürgen Weiss

Kommentar

Jürgen Weiss

Kommentar: Einheitlich

Politik / 17.06.2025 • 08:57 Uhr

Als Beitrag zur Budgetsanierung haben sich die Bundesregierung und die Landeshauptleute vorgenommen, die Verwaltung zu reformieren und teure Doppelgleisigkeiten zu beseitigen – diesmal aber wirklich. Als Dauerbrenner von Reformideen feiert dabei auch die Vereinheitlichung von Landesgesetzen Wiederauferstehung, beispielsweise beim Jugendschutz und beim Baurecht. Nun kann man sich zu Recht fragen, warum für jugendliche Nachtschwärmer in Wien andere Sperrstunden gelten als im benachbarten Perchtoldsdorf, aber Verwaltungsaufwand erspart man sich dadurch nicht. Ähnliches gilt für das Baurecht, wobei die Länder die früher kritikwürdigen Unterschiede bei bautechnischen Normen inzwischen schon weitgehend bereinigt haben. Ein einziges Bundesgesetz mit einheitlichen Bauverfahren für die Holzbauweise beispielsweise im Bregenzerwald und Wolkenkratzer in Wien wird wohl nicht einfacher zu handhaben sein, jedenfalls keinen nennenswerten Verwaltungsaufwand reduzieren. Ergiebiger wären einfachere Anforderungen an Bauten. So wurde gerade kürzlich bekannt, dass eine Gemeinde in Niederösterreich deshalb einen neuen Kindergarten bauen müsse, weil die bisher verwendeten Räume um zehn Zentimeter zu niedrig seien.

Anders sieht es in dem eng mit dem Finanzausgleich verbundenen Gesundheitswesen aus, wo es ein nur schwer durchschaubares Zuständigkeits- und Finanzierungsdickicht gibt. Ein erster Anlauf einer Verwaltungsreform unter Bundeskanzler Kurz mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkasse (Stichwort Patientenmilliarde) hat sich inzwischen als jedenfalls vorerst teurer PR-Gag entpuppt. Zudem gibt es – trotz einheitlicher Bundesgesetzgebung – nach wie vor nicht nur fünf verschiedene Sozialversicherungsträger, sondern je nach Berufstätigkeit sehr unterschiedliche Beiträge und Leistungen. Das ist historisch gewachsen und offenbar in Stein gemeißelt. Dass in einer Familie drei unterschiedliche Regelungen für den Krankheitsfall gelten, kann durchaus vorkommen. Da könnte die Bundesregierung den Ländern mit gutem Beispiel vorangehen.

Im stark bundeseinheitlich geregelten Schulwesen wird schon länger eine stärkere Schulautonomie gefordert. Damit sollen Schulen viele Angelegenheiten selbst regeln können, von der Struktur des Unterrichts, den Schulzeiten und den Lehrmitteln bis zur Auswahl der Lehrpersonen. Das soll auch ermöglichen, neue pädagogische Konzepte einzuführen. Das ist ein innovatives Vorhaben und bringt belebenden Wettbewerb in die Schullandschaft. Allerdings um den Preis großer Unterschiede – die man sonst mit Blick auf die Bundesländer gar nicht haben will.

Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates (ÖVP) zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.