Hitze Debatte nach Beschluss des Vorarlberger Kodex

Politik / 04.07.2025 • 13:23 Uhr
Hitze Debatte nach Beschluss des Vorarlberger Kodex
Der Vorarlberger Kodex sorgte bis tief in den Abend hinein für Gesprächsstoff. Steurer

Die Gesetzesänderung wurde ohne Debatte im Ausschuss beschlossen. Das stößt bei der Opposition auf scharfe Kritik.

Bregenz Ab Herbst können Asylwerbende die Hälfte ihres Taschengeldes verlieren, wenn sie den “Vorarlberger Kodex” nicht unterschreiben. Damit erklären sich Asylwerbende zur Übernahme gemeinnütziger Arbeit sowie zur Teilnahme an Werte- und Deutschkursen bereit erklären. Notwendig war eine Änderung im Sozialleistungsgesetz, die ohne Zuweisung an den Ausschuss und nur mit Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen wurde. Scharfe Kritik kam unter anderem von der SPÖ.

Zweifel an Verfassungskonformität

SPÖ-Chef Mario Leiter meldete sich als Erster zu Wort. Die schwarz-blaue Landesregierung habe die Vorlage nur wenige Stunden vor Sitzungsbeginn an die Mandatare weitergeleitet. Leiter nannte das einen “Tabubruch”. Sein zweiter Kritikpunkt befasste sich mit verfassungsrechtlichen Bedenken: “Ich verstehe, dass wir Maßnahmen brauchen. Aber wir brauchen Verfassungskonformität.” Denn der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts hatte in der Begutachtung Bedenken angemeldet, dass eine Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen könnte: Diese untersagt in Artikel 4, Absatz 2 Zwangsarbeit. Gemeinnützige Arbeit dürfe nicht über “normale Bürgerpflichten” hinausgehen.

Verfassungsrechtliche Bedenken dürften nicht einfach zur Seite gewischt werden, kritisiertem die Neos. Eine Begründung für ein Durchpeitschen “ohne sauberen Prozess” durch das Plenum sei die Regierung schuldig geblieben, betonte Fabienne Lackner (Neos). “Schockiert und enttäuscht vom ehemaligen Koalitionspartner ÖVP” zeigte sich Eva Hammerer (Grüne). Hier werde ein Gesetz ohne Debatte im Ausschuss und trotz erheblicher Bedenken durchgedrückt: “Das zeigt den Stil der neuen schwarz-blauen Landesregierung.”

ÖVP und FPÖ verteidigten ihr Vorgehen als geschäftsordnungskonform. Die Legistik-Abteilung habe die Bedenken ordentlich beurteilt, so der zuständige Landesrat Daniel Allgäuer (FPÖ). Die neue Regelung kann laut ÖVP nun drei Monate früher in Kraft treten, die Landesregierung werde die zugehörige Verordnung im Spätsommer beschließen.

Der Vorarlberger Kodex ist seit Juli 2024 in Kraft. 99 Prozent der Asylwerbenden haben ihn bislang auch ohne drohende Sanktionen unterzeichnet.