“Ein König des Theaters ist tot”

Kultur / 17.07.2025 • 13:47 Uhr
"Ein König des Theaters ist tot"

Bestürzung über den Tod von Claus Peymann sowohl in der Kulturszene als auch in der Politik.

Berlin Mit großer Bestürzung reagiert die Kulturszene auf den Tod des deutschen Theatermachers Claus Peymann, der schon zu Lebzeiten zur Legende geworden war – als langjähriger Direktor des Wiener Burgtheaters und später des Berliner Ensembles, als kompromissloser Kämpfer für die Gegenwartsdramatik und als streitlustiger Geist mit scharf geschliffener Zunge. Peymann starb am Mittwoch im Alter von 88 Jahren in Berlin, nach langer, schwerer Krankheit. In Erinnerung bleiben wird er nicht nur durch seine legendären Inszenierungen der Werke Thomas Bernhards, sondern ebenso durch seine unverwechselbaren, oft pointiert-provokanten Kommentare zur Kultur und Gesellschaft, mit denen er das Theater stets als Ort des Widerstands und der Reibung verstand. Der Nachhall seines Wirkens spiegelt sich in zahlreichen Würdigungen aus Kunst und Politik wider. Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb auf „X“: „Die Ära Peymann ist zu Ende gegangen, der große Zauberer des Theaters ist tot. Über lange Jahre hat Claus Peymann auf den deutschsprachigen Bühnen nicht nur Theatergeschichte, sondern Geschichte geschrieben. Besonders am Wiener Burgtheater war er rasch schon Kult – und ebenso Reibebaum. Claus Peymann war ein Streitbarer, der in diesem Streit Funken des Theaters herausschlug wie sonst kaum jemand.“

FILES-GERMANY-THEATRE-OBIT-PEYMANN
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Geboren wurde Claus Peymann am 7. Juni 1937 in Bremen. Nach prägenden Stationen unter anderem in Berlin, Stuttgart und Bochum übernahm er 1986 die Leitung des Wiener Burgtheaters als Nachfolger von Achim Benning. Die Kontroverse rund um die Uraufführung von Bernhards Heldenplatz im Jahr 1988 entlud sich mit einer bis dahin selten gekannten Wucht: Die Premiere geriet – so Peymann später in einem Interview mit dem Magazin News – „zum vielleicht legendärsten Datum des österreichischen Theaters der Zweiten Republik“. Damals meldeten sich nicht nur Kulturschaffende, sondern auch führende Politiker wie Vizekanzler Alois Mock (ÖVP), Altkanzler Bruno Kreisky (SPÖ), Bundespräsident Kurt Waldheim und FPÖ-Chef Jörg Haider mit teils scharfer Kritik zu Wort – ein kulturpolitisches Beben, das die Republik erschütterte. Dass Peymann selbst zur Bühnenfigur wurde, ist ein Kuriosum eigener Art: Thomas Bernhard setzte ihm in drei spöttisch-liebevollen Einaktern ein Denkmal – Claus Peymann verlässt Bochum und geht als Burgtheaterdirektor nach Wien, Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen sowie Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese. Im Jahr 2006 präsentierten die Wiener Festwochen alle drei Dramolette – mit Peymann und seinem langjährigen dramaturgischen Weggefährten Hermann Beil in den Hauptrollen.

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In Vorarlberg war er unter anderem im Jahr 2006 im Theater am Saumarkt zu erleben, wo er – wie stets – mit scharfsinnigem Witz und unterhaltsamer Leichtigkeit über die bleibende Aktualität Bertolt Brechts sprach, anlässlich dessen 50. Todestages. Seine Ära am Wiener Burgtheater fasste Peymann mit jener prägnanten Selbstverständlichkeit zusammen, die ihm eigen war: „Ich habe am Wiener Burgtheater das gemacht, was die Aufgabe dieses Theaters ist – nämlich die österreichischen Autoren gespielt.“ Auf die politische Lage in Österreich und Deutschland angesprochen, äußerte er sich knapp und unmissverständlich: „Leider werden die Parteien nicht von den Kreativen geführt, sondern von den Spießern.“ Dass er sich als Alt-68er verstehe, bekannte er ohne Umschweife – doch ein „Sponti“, der mit jedem gleich auf vertraulichem Fuß sei, sei er nie gewesen und werde es auch nie sein.