Längerer Weg, höherer Aufwand: Doch Musik hilft der sechsjährigen Emilia

Das Mädchen kann ihre Therapie bei den aks-Kinderdiensten fortsetzen, aber für ihre Familie wird es wegen der Kürzungen des Landes komplizierter.
Dornbirn Über die Frage, welches denn ihr Lieblingsinstrument ist, muss Emilia nicht lange nachdenken. “Die Trommel”, ruft sie, setzt sich ans Schlagzeug und legt gleich los. “Das klingt super.” Therapeutin Jutta Grabher begleitet die Sechsjährige auf dem Klavier. Im Musikzimmer warten noch zahlreiche weitere Instrumente auf Emilia, zum Beispiel ist da auch eine Klangwiege, in die sich das Mädchen hineinlegen kann. Sie hat sichtlich Spaß in ihrer Musiktherapiestunde bei den aks-Kinderdiensten in Dornbirn. Auch zur Logopädie geht Emilia seit einigen Jahren.

Sprachverzögerung
Emilias Mutter Tatjana Weiss ist froh über diese Möglichkeit. Emilia habe eine Sprachverzögerung gehabt, der Hausarzt stellte eine Überweisung zur Therapie aus. Das Mädchen sei auch immer schüchtern und zurückhaltend gewesen. Der Verdacht auf Legasthenie stehe zudem im Raum, erzählt Weiss den VN. Nun mache sie große Fortschritte. Für Weiss ist daher klar, dass Emilia mit ihrer Therapie weitermachen soll – auch wenn der Anfahrtsweg länger und der organisatorische Aufwand größer geworden ist. Denn ursprünglich fanden die Therapiestunden bei den aks-Kinderdiensten in Lustenau statt, in jener Gemeinde, wo die Familie ihren Wohnort hat. Aufgrund der Einsparungen der Landesregierung im Sozialbereich hat die aks gesundheit den Standort in der Marktgemeinde aber aufgegeben, Ende Juli war endgültig Schluss.

Emilia konnte die Therapie, wie auch andere Kinder, in Dornbirn zwar fortsetzen. Auch alle Mitarbeiter aus Lustenau arbeiten jetzt an anderen Standorten. Musiktherapeutin Grabher beschreibt aber einen organisatorischen und zeitlichen Mehraufwand, auch für die betroffenen Familien wird es mitunter komplizierter. Weiss hat noch ein zweites Kind, zudem ist sie wie auch ihr Mann berufstätig, die Großeltern leben weit weg. Sie kann zwar künftig in Dornbirn arbeiten, ist aber länger unterwegs als früher. Um ihre Tochter nach der Arbeit rechtzeitig zur Therapie zu bringen, bleiben ihr nur etwa 30 Minuten für den Weg von Dornbirn nach Lustenau und wieder zurück. Ohne die Arbeit früher zu verlassen oder freizunehmen, werde es knapp, befürchtet Weiss.
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Dabei will sie sich gar nicht beschweren. “Ich habe wenigstens ein Auto und bin dadurch flexibler. Andere sind auf die Öffis angewiesen.” Die engagierte Mutter, die selbst eine Ausbildung zur Legasthenietrainerin macht, warnt aber vor noch weitreichenden Folgen für andere Betroffene. Viele Kinder, denen es ähnlich wie Emilia geht, warteten jetzt schon zum Teil lange auf einen Therapieplatz. “Was man im Alter von drei Jahren schaffen kann, funktioniert mit fünf schon nicht mehr so einfach. Ich finde es sehr tragisch, dass durch die Kürzungen für diese Kinder die Zeit verstreicht.” Spätestens beim Schuleintritt würden die Probleme dann gravierend.
7000 Stunden weniger
aks-Geschäftsführer Georg Posch hatte bereits davor gewarnt, dass zukünftig weniger Leistungen angeboten werden können, die VN berichteten. “Vor allem mit Blick auf den jährlich erwarteten Anstieg der Nachfrage im Herbst wird das Defizit spürbarer.” Allein bei den Kinderdiensten geht die aks-Gruppe von einem Rückgang von 7000 Therapiestunden jährlich aus. Die Sparmaßnahmen des Landes treffen auch andere soziale Institutionen, unter anderem die Caritas, das IfS, die Lebenshilfe, die neurologische Reha SMO und Pro Mente.
Für Emilia ist die Musiktherapie bei den Kinderdiensten jedenfalls ein wichtiger Fixpunkt geworden, und das soll auch so bleiben, den Widrigkeiten zum Trotz. “Mit den Instrumenten bekommen die Kinder die Möglichkeit, sich auszudrücken. Musik ist ein Weg, in Kontakt zu kommen, die Hemmschwelle ist niedriger”, erklärt Grabher. Emilia tut das gut, sagt Tatjana Weiss. “Sie ist viel offener geworden und spricht nun mehr mit anderen Menschen. Das war früher nicht so.”