Nicht nur bei Fahrprüfungen besteht Erklärungsbedarf

Seit Wochen steht die Frage im Raum, warum immer mehr Fahrschüler bei der praktischen Fahrprüfung scheiterten. Doch dies ist nicht die einzige auffällige Entwicklung.
Bregenz Reicht die Führerscheincausa noch über die reinen praktischen Prüfungen hinaus? Einen entsprechenden Verdacht hat Neos-Landtagsabgeordnete Fabienne Lackner: Während die Zahl und Anteil der negativ bewerteten praktischen Fahrprüfungen stieg, fiel jene der verkehrs- und kraftfahrtechnischen Gutachten. “Bisher konnte uns dafür niemand eine plausible Erklärung liefern”, wundert sich Lackner – und macht ihre Zweifel per dringlicher Anfrage nun zum Thema im Landtag.
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Tatsächlich waren es 2013 noch 270, im Jahr darauf sogar 293 verkehrs- und kraftfahrtechnische Gutachten für Behördenverfahren und für die Landesverwaltung. Dies sank dann über die Jahre: 2017 waren es noch 206, 2020 dann 180. 2013 sank die Zahl der Gutachten auf 157, 2024 waren es gar nur mehr 43 verkehrs- und kraftfahrtechnische Gutachten.
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Zwei Erklärungen denkbar
Für Lackner gibt es zwei mögliche Erklärungen: “Entweder hat sich statistisch, organisatorisch oder rechtlich etwas verändert – dann ist die Frage, warum uns das bislang niemand plausibel erklären konnte”, erklärt Lackner gegenüber den VN. Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit: “Es muss ausgeschlossen werden, dass Tätigkeiten über die Jahre in den privaten Bereich ausgelagert wurden.”
Aufgaben der Abteilung Ib Verkehrsrecht
Straßenpolizei und Straßenverwaltungsrecht
Kraftfahrrecht
Eisenbahn-, Seilbahn-, Schifffahrts- und Luftverkehrsrecht
Gewerberecht hinsichtlich des Personen- und Güterverkehrs
Technische Aufsicht über die Kraftfahrzeuge des Landes
UVP-Verfahren: Stadttunnel Feldkirch, Ausbau Eisenbahnstrecke Lauterach – Lustenau
Denkbar wäre demnach, dass Gutachten statt in der Dienstzeit in der Freizeit erbracht und entsprechend verrechnet wurden. Jener Behördenmitarbeiter, der bislang als zentrale Figur des möglichen Netzwerks einzelner Fahrprüfer gilt, war auch als Sachverständiger tätig. Es geht um den Verdacht der Willkür und eine mögliche Bereicherung einzelner Prüfer auf dem Rücken von Fahrschülern. Er hat inzwischen sein Dienstverhältnis mit dem Land beendet.
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Anfrage im Landtag
Nun erwarten die Neos eine offizielle Antwort, wie sich die Entwicklung erklären lässt. Sie hoffen, durch vollständige Aufklärung das verlorene Vertrauen in die Arbeit der Fahrprüfer und der Abteilung wiederherstellen zu können. “Das sind wir insbesondere auch den jungen Menschen in diesem Land schuldig, die auf ein faires und transparentes System angewiesen sind”, sagt Lackner.
Eine Anfrage der VN an das Land Vorarlberg, wie man sich die Entwicklung der behördlichen Gutachten erklärt, ist noch offen.
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Führerschein-Causa: Worum es konkret geht
HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine.
VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für mehrere Prüfer. Einzelne von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.
GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.
WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.
NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.