Eisenbahnerstreiks nicht ausgeschlossen

Markt / 05.10.2025 • 08:00 Uhr
Reinhard Stemmer Vorarlberg Live
Reinhard Stemmer sagt: Bei guter Wirtschaftslage kann man den Metaller-Abschluss auch wieder aufschnüren.

Vorarlbergs Gewerkschafts-Chef im Interview über die Lohnverhandlungen im Herbst und weshalb der Metaller-Abschluss nicht auf andere Branchen abfärbt.

Schwarzach So kurz und ruhig waren Lohnverhandlungen in der Metallbranche schon lange nicht mehr. Bereits nach der ersten Runde einigten sich die Verhandler auf einen Abschluss klar unter der Inflation. Das sei verständlich, sagt Reinhard Stemmer im VN-Interview auf Vorarlberg Live. Allerdings dürfe man daraus nicht auf andere Branchen schließen.

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Der Metaller-Lohnabschluss liegt weit unter der Inflation. Bisher galt er immer als Richtwert für die anderen Lohnrunden im Herbst. Wie beurteilen Sie diesen Abschluss?

Reinhard Stemmer Er kam nicht wirklich überraschend, es handelt sich um einen Krisen-Kollektivvertragsabschluss.

Sie sind ja Eisenbahner und verhandeln den Eisenbahner-KV mit. Was bedeutet der Metaller-Abschluss für Ihre Verhandlungen?

Stemmer Wenn die Metaller einen guten Abschluss gemacht haben, war es für die anderen einfacher. Bei den Eisenbahnern haben wir mittlerweile 65 private Unternehmen, ein Großteil ist aber bei den ÖBB. Insgesamt sprechen wir von 55.000 Angestellten, von denen in den kommenden Jahren 25.000 in Pension gehen. Wir müssen also nachbessern, sonst finden wir keine Leute. Der Eisenbahnsektor boomt. Deshalb dürfen wir uns nicht am Metallerabschluss orientieren, sondern den Eisenbahnsektor betrachten. Und dem geht es gut.

Fürchten Sie nicht, dass ein hoher Abschluss die Ticketpreise verteuert?

Stemmer Strom ist der höchste Anteil der Kosten, die Lohnverhandlungen eher ein geringer Anteil. Wir brauchen einfach mehr Leute.

Gilt das auch für andere Branchen? Auch beim Handel stehen schwierige Verhandlungen an. Und wie bei den Eisenbahnern besteht die Gefahr, dass eine Lohnerhöhung auf die Preise aufgeschlagen wird.

Stemmer Wir haben zwar im Einzelhandel kurioserweise viele Insolvenzen, aber es sind drei Großkonzerne, die Kohle machen. Die Umsatzsteigerung beträgt 1,6 Prozent. Und die Lohnabschlüsse lagen zuletzt 0,5 Prozent unter der Inflation, trotzdem hat der Handel alle Preise erhöht. Wir reden zudem nicht von Großverdienern. Auch diese Branche ist mit den Metallern nicht vergleichbar. Das gilt auch für den Tourismus und andere Dienstleistungssektoren.

Normalerweise geben die Metaller Ihnen Rückenwind, heuer sieht es eher nach Gegenwind aus.

Stemmer Ja, heuer ist es umgekehrt. Das Gegenüber hat schon erklärt, dass die Metaller der Maßstab sind. Aber wir müssen auf unsere Branche schauen.

Gilt das auch für die Verhandlungsatmosphäre? Wird es so harmonisch wie bei den Metallern oder konfrontativer?

Stemmer Es wird sicher keine harmonischen Verhandlungen geben. Wir sind nicht gewillt, dass wir unter der Inflation abschließen. Wir werden auch Maßnahmen setzen, die ersten fangen schon mit Betriebsrätekonferenzen an. Wenn es hart auf hart geht, könnten weitere Maßnahmen folgen.

Das heißt, auch Eisenbahnerstreiks sind nicht ausgeschlossen?

Stemmer Das kann auch sein, ja.

Was sagt Ihr Gewerkschafterherz dazu, dass der Beamten-Lohnabschluss auf Bundesebene wieder aufgeschnürt worden ist?

Stemmer Das ist eine schwierige Situation, aber teilweise zu verstehen. Man wird die Lohnabschlüsse jetzt wahrscheinlich sozial staffeln. Aber ich sehe das wie bei den Metallern, der jetzt auch auf zwei Jahre abgeschlossen ist. Denn auch wenn die Wirtschaft gut läuft, wird man aufschnüren und noch einmal nachverhandeln, wie jetzt umgekehrt. Es ist keine Einbahn.

Was bedeutet das Aufschnüren für die Verhandlungen der öffentlich Bediensteten in Vorarlberg?

Stemmer Wir haben im öffentlichen Dienst nicht nur unterschiedliche Dienstverhältnisse, sondern auch unterschiedliche Branchen. Etwa Landeskrankenhäuser, wo händeringend Personal gesucht wird. Da wird es mit schlechten Abschlüssen natürlich schwierig, Personal könnte in die Schweiz abwandern.

In der Schweiz waren die Abschlüsse aber wesentlich niedriger als hier.

Stemmer Die Inflation aber auch. Ja, es gab hohe Lohnabschlüsse, aber damit haben wir den Menschen das Leben ermöglicht. Was war zuerst, die Henne oder das Ei? Das Gegenüber sagt uns immer, sie müssen teurer werden, weil die Löhne angestiegen sind. Aber das stimmt nicht, das haben wir beim Handel gesehen.