Missbrauch im Heim: So ist die Lage in Vorarlberg

Politik / HEUTE • 14:27 Uhr
Missbrauch im Heim: So ist die Lage in Vorarlberg
VNKinder- und Jugendschutzanwalt Christian Netzer bearbeitet die Fälle in Vorarlberg.

SOS Kinderdorf macht Vorwürfe gegen Gründer publik. Auch in Vorarlberg bearbeitet die Opferschutzstelle laufend Fälle.

Feldkirch Die im Oktober 2010 bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft in Feldkirch eingerichtete Opferschutzstelle ist noch immer mit Fällen konfrontiert, in denen Kinder und Jugendliche in öffentlichen wie privaten Einrichtungen Gewalt ausgesetzt waren. „Oft brauchen Betroffene lange, bis sie sich dem Erlebten stellen können“, weiß Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer.

Im vergangenen Jahr bearbeitete die Opferschutzstelle 13 Fälle, wobei das Land 19.500 Euro an Unterstützungszahlungen leistete. Der Zeitpunkt der Ereignisse reichte teilweise in die frühen 1950er-Jahre zurück, in Einzelfällen ereigneten sich die Misshandlungen aber auch noch nach 2000, wie aus dem Tätigkeitsbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft hervorgeht.

Über zwei Millionen Euro ausbezahlt

Seit Bestehen der unabhängigen Einrichtung gab es 468 Meldungen, das Gros bezog sich auf Männer. Die meisten Opfer, nämlich 129, meldeten sich 2011, kurz nach Gründung der Stelle. Zwei Millionen Euro flossen bislang in Unterstützungszahlungen, 184.000 Euro in Therapie. Die Kommission trifft sich zweimal jährlich, um über anstehende Fälle zu beraten bzw. zu entscheiden. Das Land erhält die Informationen in anonymisierter Form.

Meldungen kamen bzw. kommen laut Christian Netzer aus allen relevanten Einrichtungen. Am häufigsten nennt die Statistik den „Jagdberg“. Zu den aktuellen Vorwürfen, die Hermann Gmeiner betreffen, will und kann Netzer nichts sagen, nur so viel: „Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob wir genug aus der Geschichte gelernt haben.“

Für Vorarlberg bewertet der Kinder- und Jugendanwalt die Situation positiv. „Wir sind in allen stationären Einrichtungen mit Vertrauenspersonen und Sprechstunden präsent“, spricht Netzer von vielen geschlossenen Lücken. Er bedauert, dass sich aus Zeitgründen nur drei bis vier Sprechstunden im Jahr ausgehen. Mehr wäre aus seiner Sicht wünschenswert. Die Präsenz der Kinder- und Jugendanwaltschaft in Betreuungseinrichtungen ist außerdem nicht gesetzlich verankert. In Vorarlberg fußt sie auf privaten Verträgen. Netzer: „Es funktioniert in der Praxis gut, die Einrichtungen fordern unsere Besucher sogar ein, dennoch wäre eine gesetzliche Verankerung inklusive entsprechender Frequenzen vor Ort wünschenswert.“