Drei Grad wärmer: Was das für Vorarlberg bedeutet

Die Naturgefahrentagung in Dornbirn widmete sich Hitze und Wetterextremen. Der August war noch frisch in Erinnerung.
Dornbirn Die Naturgefahrensituation in Österreich hat sich deutlich verändert. Extremwetterereignisse, die mit Hitze oder Starkregen in der warmen Jahreszeit in Verbindung stehen, treten klimawandelbedingt häufiger auf und verlaufen intensiver. “Die Abstände werden kürzer, die Intensität nimmt zu”, sagt Peter Kaufmann, Kommandant der größten Feuerwehr im Land in Dornbirn.
Ein einprägsames Ereignis war der Starkregen im August. Teile des Landes standen unter Wasser. “Dieses Jahr waren die Gewässer kaum betroffen – es war fast ausschließlich Oberflächenwasser. So etwas haben wir in dieser Form noch nie erlebt”, berichtet Feuerwehrmann Clemens Pfurtscheller. Trotz Wetterwarnungen habe die Dynamik selbst erfahrene Einsatzkräfte überrascht. Ein Blick auf die Zahlen zeigt die Dimension des Ereignisses: “In Dornbirn fahren wir im Schnitt 500 bis 600 Einsätze pro Jahr. An diesem einen Abend waren es 280 Einsatzstellen”, so Pfurtscheller.
Drei Grad Celsius mehr im Alpenraum
Die zunehmende Intensität solcher Wetterereignisse hängt eng mit der Temperaturentwicklung zusammen, erklärt Johannes Vergeiner von Geosphere Austria: “Das Hauptsignal des Klimawandels ist die Erwärmung – global, im Alpenraum und auch in Vorarlberg. Eine wärmere Atmosphäre enthält mehr Energie. Wenn die Bedingungen passen, entstehen mächtigere Gewitterwolken, es kann stärker regnen, hageln und stürmen.” Pro Grad Celsius Erwärmung könne Luft rund sieben Prozent mehr Feuchtigkeit speichern – das führe zwangsläufig zu heftigeren Niederschlägen.
Vergeiner ergänzt: “Wir brechen mittlerweile jedes Jahr neue Temperaturrekorde.” Im Alpenraum liege die Erwärmung bereits bei rund drei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Das zeige sich in vielen Bereichen: bei direkter Hitzebelastung, in der Vegetation, in den Grenzen der Anpassungsfähigkeit – und damit zunehmend auch in den Bergen. “Wenn der Permafrost taut, verliert der Berg seinen natürlichen Kleber. Felsstürze und Muren nehmen zu – das ist ein Risiko für alle alpinen Regionen, auch für Vorarlberg.”
Hohe Warnstufen werden häufiger
Als staatlicher Wetterdienst hat Geosphere die Aufgabe, vor solchen Ereignissen zu warnen. “Wir arbeiten mit einem Ampelsystem – grün, gelb, orange, rot. Wenn man die Einsatzdaten mit den Warnlagen vergleicht, zeigt sich ein klarer Trend: Tage mit Unwetterpotenzial der Warnstufe orange haben seit den 1990er-Jahren um 15 Prozent, jene der Warnstufe rot sogar um 30 Prozent zugenommen.“ In Zukunft kann das weiter zunehmen”, sagt Vergeiner. Besonders bei Starkregen seien die Spielräume gering: “Die Vorwarnzeit beträgt oft nur 45 Minuten. Dann ist das Wasser einfach da.”
Wie wichtig Vernetzung und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Behörden und Einsatzorganisationen sind, zeigte die Naturgefahrentagung im Oktober im Kulturhaus Dornbirn. “Die Tagung findet jedes Jahr im Herbst in einer anderen Region Österreichs statt – heuer erstmals in Vorarlberg”, erklärt Vergeiner. Der Schwerpunkt lag diesmal auf Hitze und ihren Auswirkungen. Das Publikum setzte sich aus Vertretern von Feuerwehr, Geosphere, Bund, Ländern, Gemeinden, Klimawandelanpassungsregionen und Wirtschaft zusammen – eine Verbindung von Theorie und Praxis.
Veranstaltet wird die Tagung von der ASDR-Plattform (Austrian Strategy for Disaster Risk Reduction), der österreichischen Antwort auf die internationale Initiative der Vereinten Nationen zur Minderung von Katastrophenrisiken. Koordiniert wird sie von Geosphere Austria, mit Unterstützung des Klima- und Energiefonds sowie des Disaster Competence Network Austria (DCNA).
Risiken ernst nehmen
Das Fazit von Johannes Vergeiner ist eindeutig: “Diese Dynamiken sind bekannt – und sie lassen sich direkt auf Vorarlberg umlegen. Wir müssen sie ernst nehmen.”