“Einsparen ist nie lustig!”

Politik / 14.11.2025 • 08:43 Uhr
"Einsparen ist nie lustig!"
Korinna Schumann hofft auf einen Erfolg der Reformpartnerschaft. VN/Philipp Steurer

Die schwierige budgetäre Situation macht auch Sozial- und Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) Sorgen.

Schwarzach Die Zeiten sind schwierig und das Geld ist knapp. Das ruft auch im Sozial- und Gesundheitsbereich nach Reformen, die teilweise jedoch umstritten sind. Die zuständige Bundesministerin, Korinna Schumann (SPÖ), plädiert für Mitsprache und Transparenz.

In Vorarlberg herrscht derzeit große Aufregung um die geplante Spitalsreform, vor allem, was die Verlegung bzw. Schließung von Abteilungen betrifft. Wie nehmen Sie das wahr?

Schumann Dies ist Ländersache, aber es werden in vielen Bundesländern Reorganisationsschritte gesetzt. Wichtig ist nur, dass man die Betroffenen rechtzeitig und sehr transparent einbindet. Die Beteiligten sollten Teil dieses Veränderungsprozesses sein. Das ist aus meiner Sicht eine der wichtigsten Grundlagen.

"Einsparen ist nie lustig!"
Gesundheits- und Sozialministerin Korinna Schumann stellte sich den Fragen von VN-Redakteurin Marlies Mohr.

Viele im Land fühlen sich nicht eingebunden. Es gibt eine Petition mit 57.000 Unterschriften. Wäre das nicht Grund genug, die Leute anzuhören?

Schumann Für mich als Bundesministerin ist es schwierig, auf die Ländersituation zu schauen. Das muss in Vorarlberg gelöst werden. Veränderungen gerade in Strukturen des Gesundheitswesens sind immer problematisch und auch mit viel Verunsicherung verbunden.

Was halten Sie vom Vorschlag der Salzburger Landeshauptfrau, die Krankenhäuser in die Kompetenz des Bundes zu übertragen?

Schumann Es ist ein Vorschlag, und ich bin sehr froh, dass wir eine Reformpartnerschaft zwischen Bund und Ländern haben und wir uns jetzt einmal gemeinsam die Versorgungsstrukturen genau anschauen. Bis Ende April werden wir von externen Institutionen die Rückmeldung bekommen, was wer wo machen soll und daraus die nächsten Schritte ableiten. Gleichzeitig gibt es vier Reformgruppen, in denen wir uns mit der klinischen Notfallversorgung beschäftigen, mit der Digitalisierung, den Berufsbildern, aber auch der Frage, wie wir das öffentliche System stärken und die Zweiklassenmedizin wieder zurückdrängen können. Reformen lassen sich nicht übers Knie brechen, sondern nur gemeinsam lösen.

ÖGK-Obmann Andreas Huss hat jüngst den Vorschlag gemacht, dort, wo es an niedergelassenen Ärzten fehlt, Stützpunkte einzurichten, in denen etwa Krankenschwestern und Physiotherapeuten Dienst tun sollen. Können Sie dem etwas abgewinnen?

Schumann Jetzt ist es erst einmal wichtig, die Vorschläge zu bündeln und zu strukturieren. Positiv sehe ich, dass wir die Primärversorgungseinheiten schon stark ausgebaut haben. Mittlerweile gibt es 106 solcher Einrichtungen. Das ist zusätzlich zum niedergelassenen Bereich eine Möglichkeit, um eine umfassende gute Versorgung für die Menschen sicherzustellen. Es geht oft nicht nur um die Frage von Krankheit und Heilung, sondern auch um nichtmedizinische Belange wie Sozialarbeit oder psychologische Betreuung. Da können solche Zentren viel leisten.

Der zweite Aufreger im Land betrifft die Kürzungen für Sozialinstitutionen. Ist das nicht ein Sparen am falschen Platz?

Schumann Auch wir im Bund stehen vor einer schwierigen budgetären Ausgangslage. Im Bereich der Menschen mit Behinderung haben wir mit einem 100-Millionen-Euro-Defizit im Ausgleichstaxfonds ein schweres Erbe übernommen. Das ist schon etwas, das Sorgen macht. Ich bin froh, dass wir es mit einer zusätzlichen Dotierung von 65 Millionen Euro stabilisieren konnten und es gelungen ist, gemeinsam mit den Behindertenorganisationen die Einsparungen abzustimmen. Es ist wichtig, dass man nicht über die Betroffenen, sondern mit den Betroffenen redet und schaut, wo Sparmaßnahmen noch verträglich sind. Einsparen ist nie lustig.

"Einsparen ist nie lustig!"
Korinna Schumann besuchte während ihres Vorarlberg-Aufenthalts die Integra in Wolfurt.

Die Sozialhilfe soll ebenfalls reformiert werden, Bezieher sollen schneller wieder arbeiten. Wie will man das bewerkstelligen, in der Wirtschaftskrise und bei steigenden Arbeitslosenzahlen?

Schumann Da ist ebenfalls ein gemeinsamer Reformprozess am Laufen. Die Zielrichtung muss sein, all jene, die arbeitsfähig sind, in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Von den 8800 Menschen, die im letzten Jahr dazugekommen sind, waren 9 von 10 als arbeitssuchend registriert. Wir brauchen Fachkräfte, und zwar dringend. Das erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen dem AMS und den zuständigen Länder-Behörden. Da ruckelt es manchmal noch ein bisschen. Die Sozialhilfe war jedoch nie als letztes Netz gedacht, in dem man hängen bleibt.

Geplant ist außerdem eine Vereinheitlichung. Was wäre der Vorteil?

Schumann Der Vorteil wären einheitliche Standards über alle Bundesländer hinweg. Es wird nicht alles gänzlich gleichgeschaltet werden können, gerade die Frage der Wohnbeihilfe wird eine Herausforderung sein, weil etwa in Vorarlberg die Wohnkosten andere sind als vielleicht irgendwo im Waldviertel. Es geht auch um eine Zukunftssicherung für Kinder. Wir müssen schauen, dass wir die Kinder aus der Sozialhilfe herausbringen, um nicht Generationen von Sozialhilfeempfängerinnen und -Empfängern zu bekommen.

Ein ÖVP-Sprecher hat gemeint, die Sozialhilfe sollte auf ein vernünftiges Maß beschränkt werden. Was ist denn vernünftig?

Schumann Wesentlich ist, dass die Menschen nicht ins Bodenlose fallen. Wir müssen schauen, dass sie aus der Armut und Armutsgefährdung herauskommen, das gilt besonders auch für Frauen. Die Sozialhilfe soll kein dauerhafter Platz sein, außer bei Menschen, bei denen es der Gesundheitszustand nicht erlaubt.

Es ist Impfzeit, allerdings wächst die Impfskepsis. Was sagen Sie als Gesundheitsministerin dazu?

Schumann Ich würde alle bitten, die kostenlosen Impfungen zu nützen. Der Impfschutz ist nicht nur ein Gewinn für die Gesundheit, sondern auch für das Gesundheitssystem, weil Hospitalisierungen verhindert werden können.