Höhere Beiträge von Kinderlosen

Politik / 08.12.2025 • 13:48 Uhr
Höhere Beiträge von Kinderlosen
Laut Prognose von Ulrike Famira-Mühlberger (WIFO) wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen, die stationär betreut werden müssen, auch in Vorarlberg bis 2050 mehr als verdoppeln. Foto: APA

Pflegefinanzierung: Expertin bringt Lösung nach deutschem Vorbild ins Spiel.

SCHWARZACH. Stärker noch als die Ausgaben für Pensionen werden in Österreich künftig jene für Gesundheit und Pflege steigen. Davon geht der Fiskalrat aus. Ulrike Famira-Mühlberger vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO rechnet damit, dass die Ausgaben für Pflege allein bis 2050 um einen Prozentpunkt auf 2,6 Prozent des BIP und bis 2060 um eineinhalb Prozentpunkte auf 3,1 Prozent zunehmen werden.

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Das setzt vor allem auch Ländern und Gemeinden zu, die für die Pflege zuständig sind. Wie berichtet drängen sie daher darauf, zur Finanzierung der stationären Betreuung auch die 13. und 14. Pension der Bewohner zu bis zu 80 Prozent heranzuziehen. Derzeit ist das ausschließlich bei den monatlichen Pensionszahlungen eins bis zwölf der Fall. Allein: Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) winkt ab.

Höhere Beiträge von Kinderlosen
Sozialministerin Korinna Schumann lehnt es ab, bei Heimbewohnern die 13. und 14. Pension in die Finanzierung einzubeziehen. Foto: APA

Auch Vorarlbergs Seniorenvertreter sind dagegen. Sie sehen den Handlungsbedarf jedoch und machen andere Vorschläge: Werner Huber vom Seniorenbund der ÖVP ist der Überzeugung, dass eine verpflichtende Pflegeversicherung notwendig wird, Manfred Lackner vom sozialdemokratischen Pensionistenverband ist für eine zweckgebundene Erbschaftssteuer.

Famira-Mühlberger hält beides für unrealistisch. So würde eine Pflegeversicherung zu einer Erhöhung der Lohnnebenkosten führen, die in Österreich ohnehin schon sehr hoch sind. Eine Erbschaftssteuer wiederum sei politisch kaum durchsetzbar.

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Die WIFO-Expertin bringt im VN-Gespräch unter anderen eine Lösung nach deutschem Vorbild ins Spiel: „Höhere Beiträge von Kinderlosen.“ Eins zu eines übertragbar wäre das deutsche Modell nicht: Dort zahlen Menschen ohne Nachwuchs mit 4,2 Prozent des Bruttoeinkommens einen um 0,6 Prozentpunkte höheren Beitrag zur Pflegeversicherung. Eine solche gibt es hierzulande nicht. Daher müsste man bei bestehenden Steuern oder den Sozialversicherungsbeiträgen ansetzen, so Famira-Mühlberger: „Man könnte über einen Solidarbeitrag von Kinderlosen diskutieren“, sagt sie: „Das ist heikel, klar. Aber warten, bis wir vor einem Desaster stehen, sollten wir nicht.“ Denkbar wären auch höhere Eigenleistungen von Pflegebedürftigen mit einer hohen Pension.

Ulrike Famira-Mühlberger
„Das ist heikel, klar“, sagt Ulrike Famira-Mühlberger zu höheren Beiträgen von Kinderlosen: “Aber warten, bis wir vor einem Desaster stehen, sollten wir nicht.“ Foto APA

Den Wunsch von Ländern und Gemeinden, bei Heimbewohnern die 13. und 14. Pension einzubeziehen, findet sie nachvollziehbar: „Wir haben in Österreich ein System, das es meines Wissens weltweit nicht gibt: Reichen das Pflegegeld und der einbezogene Teil der Pension nicht aus, zahlt die Allgemeinheit die Heimkosten – und zwar unabhängig von etwaigem Vermögen.“

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Im Regierungsprogramm ist keine Änderung der Finanzierung vorgesehen. Laut Famira-Mühlberger wird es aber dazu kommen müssen. Ihre Prognosen unterstreichen das: Gegenüber 2021 wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Personen, die auf stationäre Dienste angewesen sind, bis 2050 in allen Bundesländen mehr als verdoppeln, wird sie also um über 100 Prozent steigen. In Vorarlberg wird es sich um 135 Prozent handeln. Bei der mobilen Pflege, die hierzulande eine besondere Bedeutung hat, wird es ebenfalls einen starken Zuwachs geben. Er wird mit 123 Prozent aber nicht ganz so groß ausfallen.