Rekordkurs bei Annäherungs- und Betretungsverboten

Gewalt gegen Frauen als weitverbreitetes Phänomen: Land fordert vom Bund Gesetzesänderung für Gewaltambulanz.
Bregenz Es ist eine traurige Bilanz, die Manuela Auer (SPÖ) im Landtag wiedergab: 15 Femizide, 37 Mordversuche an Frauen allein in diesem Jahr in Österreich. Jede dritte Frau ab 15 Jahren ist laut Statistik Austria von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. “Sie passiert im Verborgenen, dort, wo wir glauben, dass wir sicher sind, in der Familie, zu Hause, in der Partnerschaft.” Auch in Vorarlberg sind die Annäherungs- und Betretungsverbote deutlich angestiegen. Alle Parteien waren sich am Donnerstag in der Landtagssitzung einig: Es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem und es muss mehr dagegen getan werden. Die Opposition forderte erneut eine Gewaltambulanz in Vorarlberg. Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) erklärte aber, dass es dafür zuerst eine Gesetzesänderung auf Bundesebene braucht.

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Die Polizei kann gegen mögliche Gefährderinnen und Gefährder ein Betretungsverbot für die gemeinsame Wohnung mit dem Opfer aussprechen, damit verbunden ist auch ein Annäherungsverbot im Umkreis von 100 Meter. Sicherheitslandesrat Daniel Allgäuer (FPÖ) schilderte, dass es heuer bis dato in Vorarlberg 540 Betretungs- und Annäherungsverbote gab. Bis Ende des Jahres könnten es sogar 600 werden. Hauptsächlich, zu 80 Prozent, seien Frauen betroffen. Zusätzlich wurden mehr als 1200 Fälle häuslicher Gewalt polizeilich erfasst, ein Wert, der seit Jahren auf konstant hohem Niveau bleibe. “Gewalt gegen Frauen ist in Vorarlberg kein Randthema”, stellte Allgäuer fest. Es handle sich um ein weitreichendes Sicherheitsproblem.

Die Betretungs- und Annäherungsverbote steigen seit Jahren, wie Zahlen der Landespolizeidirektion zeigen. “Den Anstieg erklären wir uns nicht damit, dass die Gewalt in Vorarlberg zunimmt, sondern dass sich Betroffene schneller an Beratungseinrichtungen und an die Polizei wenden und diese die Annäherungs- und Betretungsverbote auch präventiv anordnet”, sagt Angelika Wehinger, Geschäftsführerin des Vorarlberger Gewaltschutzzentrums. Es zeige sich, dass Präventions- und Sensibilisierungsarbeit wirkt.

Im Dezember und im Jänner steigt die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote, fährt Wehinger fort. “Es ist eine Zeit, an die viele Erwartungen geknüpft werden und es rasch zu einer Eskalation kommen kann”, sagt sie über Weihnachten. Zum Teil wendeten sich Betroffene zeitversetzt an die Einrichtungen.
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Die Grünen verwiesen in der Landtagssitzung auf die vielen verschiedenen Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Strukturelle Gewalt ist der Abgeordneten Eva Hammerer zufolge die Hauptursache für alle anderen Formen, sei es körperliche, sexualisierte, psychische oder auch ökonomische Gewalt. Die Neos-Abgeordnete Katharina Fuchs forderte, dass alte Rollenbilder aufgebrochen werden müssten, zentraler Baustein sei die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Laut FPÖ ist es nötig, genauer auf die Täter zu blicken. “Fakt ist, ein erheblicher Anteil schwerer Übergriffe auf Frauen wird von Männern mit mehrfacher Gewaltgeschichte begangen”, sagte Nicole Feurstein-Hosp. Ein überproportional hoher Anteil entfalle auf nicht-österreichische Staatsbürger.
In der Landtagssitzung forderte die SPÖ erneut, eine Gewaltambulanz in Vorarlberg einzurichten. In diesen Einrichtungen werden Gewaltopfer untersucht, medizinisch versorgt, psychologisch beraten und Beweise gesichert. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) entgegnete, dass dies derzeit nicht möglich sei, auch wenn die Landesregierung das gerne hätte. “Weil wir derzeit in Vorarlberg keine Gerichtsmedizin haben.” Das Land plädiere daher schon lange beim Bund für eine Gesetzesänderung, damit alle Bundesländer Zugriff auf die Finanzierung bekämen.