Verwirrung um Gewaltambulanz für Vorarlberg

Politik / HEUTE • 14:37 Uhr
Verwirrung um Gewaltambulanz für Vorarlberg
In anderen Bundesländern, zum Beispiel in der Steiermark, gibt es eine Gewaltambulanz. APA/Happe

Bisher gibt es keine solche zentrale Anlaufstelle für Opfer von Gewalt. Das Land sieht den Bund am Zug, dieser spielt den Ball zurück.

Magdalena Raos & Michael Prock

Bregenz, Wien Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist in Österreich alltäglich. Jede dritte Frau hat ab dem 15. Lebensjahr schon einmal körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt, meldete die Statistik Austria im Jahr 2022. Vorarlberg ist keine Ausnahme. Die Opposition fordert daher auch im Land eine Gewaltambulanz. Diese Einrichtungen dienen dazu, Gewaltbetroffene rasch medizinisch zu versorgen und Beweise zu sichern, damit Täter strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können. Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) zufolge braucht es eine Gesetzesänderung auf Bundesebene, andernfalls könne keine Gewaltambulanz in Vorarlberg entstehen. Das Justizressort winkt ab. Diese sei gar nicht nötig. Das wiederum kann Rüscher nicht nachvollziehen.

Kostenlose Hilfe

Seit dem Vorjahr ist in Österreich ein Gesetz zur Förderung von Gewaltambulanzen in Kraft. Eine solche ist zum Beispiel an der Medizinischen Universität in Graz entstanden. Dorthin können sich alle Menschen wenden, die von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen sind. Auch Personen, die zum Beispiel vermuten, dass sie Opfer von K.-o.-Tropfen wurden, haben hier eine Anlaufstelle. Eine Anzeige bei der Polizei ist nicht nötig, ebenso fallen keine Kosten an. Die Betroffenen werden medizinisch versorgt, Ärztinnen und Ärzte können Verletzungen dokumentieren und Spuren sichern. Außerdem bekommen Gewaltopfer Informationen über weitere Hilfsangebote.

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Auch in Vorarlberg brauche es endlich eine Gewaltambulanz, verlangten zuletzt SPÖ und Grüne gemeinsam. Sie sprachen von einer bestehenden Lücke und einem unhaltbaren Zustand. Gesundheitslandesrätin Rüscher bekundete im Landtag zwar die Bereitschaft, eine solche Ambulanz einzurichten. Dies sei aber momentan gesetzlich nicht möglich, da es keine Gerichtsmedizin gibt. Das Land plädiere daher schon lange beim Bund für eine Gesetzesänderung, damit alle Bundesländer Zugriff auf die Finanzierung bekämen.

Gerichtsmedizin muss mitmachen

Das Justizministerium hat einen anderen Standpunkt. Auf VN-Anfrage betont eine Sprecherin, dass es die Bestrebung gebe, Gewaltambulanzen bundesweit auszurollen. “In anderen europäischen Ländern konnte durch die Einrichtung von Gewaltambulanzen die Verurteilungsquote, insbesondere bei Fällen häuslicher oder sexueller Gewalt, deutlich gesteigert werden.” Es sei zwar notwendig, diese Einrichtungen an ein gerichtsmedizinisches Institut anzubinden, um Spuren erfolgreich zu sichern. Doch wie das konkret geschehe, gebe das Gesetz nicht vor. “Es sind somit auch gemeinsame Projekte beziehungsweise Vereinbarungen mit den vier bestehenden gerichtsmedizinischen Instituten in Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg denkbar”, erklärt die Sprecherin weiter. Die Förderung sei auch nicht nur auf Einrichtungen in diesen Bundesländern beschränkt. Daher bestehe aus Sicht des Justizministeriums kein Grund für eine Gesetzesänderung.

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Verwunderung im Land

Bei Rüscher lösen diese Aussagen Verwunderung aus. Bisher habe es vom Bund nur eine Absage für das Ansinnen aus Vorarlberg gegeben, sagt sie. Eine Kooperation mit einem gerichtsmedizinischen Institut, konkret jenem in Innsbruck, kann sich die Landesrätin aber gut vorstellen. Oberösterreich und Salzburg entwickelten aktuell ein gemeinsames Konzept, dies werde sich auch das Land näher ansehen. „Wir verfolgen allerdings eine etwas andere Strategie.“ Rüscher möchte nicht eine einzige Einrichtung, sondern alle Krankenhausambulanzen entsprechend ausbauen. „Egal, in welches Spital man kommt: Die Dokumentation, die Spurensicherung muss funktionieren und die Mitarbeiter geschult sein.“ Sie verweist auf die bestehenden Opferschutzgruppen in jedem Krankenhaus und die Ambulanz für sexuellen Missbrauch und Gewalt in Dornbirn. „Mein Wunsch wäre, dass wir dieses Netz mit den Mitteln vom Bund verstärken können.“