Papst überraschte mit der Rücktrittserklärung

Benedikt XVI. will sich in ein Kloster zurückziehen. Nachfolger soll im März gewählt werden.
Vatikanstadt. Papst Benedikt XVI. hat gestern völlig überraschend seinen Rücktritt angekündigt: Der 85-Jährige sagte bei einer Vollversammlung der Kardinäle in Vatikanstadt, er werde sein Amt am 28. Februar niederlegen, da ihm die Kraft für die Aufgaben des Papstes inzwischen fehle. Nur einmal hatte es bisher in der Kirchengeschichte einen vergleichbaren Rücktritt gegeben.
Der Grund seines Rücktritts sei „ingravescentem aetatem‘‘, also sein fortgeschrittenes Alter, erklärte der Papst laut Nachrichtenagentur ANSA. „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben“, sagte Benedikt bei einem Konsistorium für die Seligsprechung von zwei süditalienischen Märtyrern.
Nachfolger bis Ostern?
Im Herbst 2010 hatte der Papst erklärt: „Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amts nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten.“ Auf eine akute Erkrankung sei die Entscheidung aber nicht zurückzuführen, versicherte der Vatikan gestern. Allerdings hätten in den letzten Monaten Benedikts Kräfte nachgelassen, so Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Dies habe der Papst klar erkannt.
Lombardi zeigte sich zuversichtlich, dass bis Ostern ein neuer Papst gewählt werde. Das Konklave für die Wahl des neuen Papstes werde im März stattfinden. Benedikt werde keine Rolle im Konklave spielen. Auch in der Zeit, in dem der Stuhl Petri vakant sein werde, soll der Papst keine Funktion ausüben.
Bis zum Ende seines Pontifikats wird sich Benedikt XVI. nach Castel Gandolfo zurückziehen, bis die Restaurierungsarbeiten eines ehemaligen Klausurklosters im Vatikan abgeschlossen sind, wo er nach seinem Rücktritt leben wird.
Österreichs Kardinal Schönborn, der bereits als einer der Nachfolger von Benedikt gehandelt wird, bezeichnete die Rücktrittserklärung als „ganz außergewöhnlichen Schritt“, der „höchsten Respekt und Hochachtung verdient“. Die Wettquote für Schönborn als 266. Papst liegt laut Buchmachern bei 25 zu 1, wie die italienische Nachrichtenagentur für Spiele und Wetten, Agipro News, berichtete.
Respekt von allen Seiten
Ähnlich wie Schönborn reagierten die Vertreter der römisch-katholischen Kirche in den Bundesländern. Sowohl der Vorarlberger Diözesanadministrator Benno Elbs als auch der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer zollten der Entscheidung Respekt. Der Bischof von Eisenstadt, Ägidius Zsifkovics, sowie der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz und der Bischof der Diözese Graz-Seckau, Egon Kapellari, zeigten sich „tief bewegt“.
Als „höchst achtbaren“ Schritt bezeichnete auch Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande die Entscheidung des Papstes. Auch Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte „allerhöchsten Respekt“ vor dem Entschluss. Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber bezeichnete Benedikt als „größten Sohn Bayerns“. Israels Oberrabbiner Yona Metzger lobt die Verdienste von Benedikt XVI. im Dialog zwischen den großen Religionen.
Erster Rücktritt seit 1294
Der 85-jährige Joseph Ratzinger war im April 2005 zum Papst gewählt worden. Zuvor war der 1927 in Oberbayern geborene Kardinal Präfekt der Glaubenskongregation. In der Kirchengeschichte trat ein einziger Papst, Coelestin V., der 1294 gewählt worden war, nach wenigen Monaten aus Gewissensgründen von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger Bonifaz VIII. ließ ihn einsperren. Er starb 1296 in Gefangenschaft.
Das ist ein ganz außergewöhnlicher Schritt, der höchsten Respekt und Hochachtung verdient.
Kardinal Schönborn





Stichwort
Papstrücktritt
Nach dem Kirchenrecht kann ein Papst aus freiem Entschluss auf sein Amt verzichten. Ein Amtsverzicht führt – ebenso wie der Tod des Papstes – zur Vakanz des Apostolischen Stuhls. Im Canon 332, Paragraf 2, des kirchlichen Gesetzbuches „Codex Iuris Canonici“ heißt es: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird“.
Die Bedingungen, dass der Rücktritt aus freien Schritten erfolgen und hinreichend publik gemacht werden muss, wurden erst 1983 bei der Neufassung des Kirchenrechts unter Papst Johannes Paul II. ins Gesetz aufgenommen. Neben der Vakanz kennt das Kirchenrecht auch die Möglichkeit der „völligen Behinderung des römischen Bischofstuhls“. Dabei ist gemäß Canon 335 ebenso zu verfahren wie im Fall einer Vakanz. Das Kirchenrecht schreibt nicht vor, von wem und in welchem Verfahren eine „völlige Behinderung“ festgestellt wird.