„Meine Geschichte ist ein Märchen“

Brigitte Weber stammt aus Sulz, in der Türkei hat die Architektin große Karriere gemacht.
Bregenz. Brigitte Weber vergleicht ihren Lebensweg gerne mit einer Reise in den Orient, dorthin, wo die Geschichten aus 1001 Nacht entstehen. „Meine Geschichte ist ein Märchen“, sagt sie. Mit viel Fantasie und Übermut konnte sich die heute 49-Jährige immer ein eigenes Büro vorstellen. Ein türkischer Arbeitskollege hatte diese Idee mit ihr geteilt. Aber ein Büro in der Türkei? „Das war für mich vollkommen unrealistisch. Ich war nie in der Türkei und hatte überhaupt keinen Bezug zu diesem Land.“ Noch bei ihrem ersten Istanbul-Besuch stand für Weber fest: „Hier kann ich nicht leben“, erinnert sie sich. „Bei meinem zweiten Besuch war das ganz anders. Da sah es so aus, als ob man hier alles machen kann.“
Dennoch: Anfangs hatte sie kaum Hoffnung, in ihrer Wahlheimat Karriere machen zu können. Nicht deshalb, weil sie eine Frau ist: „Ich habe nie einen Job nicht bekommen, weil ich eine Frau bin. Wenn nur wenige Menschen eine gute Ausbildung haben, dann ist man als gebildeter Mann oder gebildete Frau immer im Vorteil und genießt großen Respekt.“
Es war ihre Architektur, die schlichtweg nicht den Vorstellungen der Türken entsprochen hatte. Die liebten sehr aufwendige Sachen, es sollte glitzern und wie eine französische Schlosseinrichtung aussehen. „Das konnte ich als Vorarlbergerin ganz schwer vereinbaren“, sagt sie und schmunzelt. Heute ist sie froh, dass sie sich nie darauf eingelassen hat und sich selbst treu geblieben ist. „Ich glaube, dass ein Architekt nur das machen kann, was ihm selber auch am Herzen liegt“, betont Weber.
Keine Zeit für Panik
Ihre Ausdauer und ihre Geduld haben sich gelohnt. Mit der Zeit konnte sich Weber eine Fangemeinde aufbauen. Sie war die erste ausländische Architektin in der modernen Geschichte der Türkei, zählt heute zu den wichtigsten internationalen Architektinnen überhaupt. Die 46-Jährige und ihr Team haben über 140 Projekte am Bosporus umgesetzt – darunter die Trump Towers in Istanbul. Panik vor diesem großen Projekt hatte die gebürtige Sulnerin nie. Weil sie schlichtweg keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. „Erst als ich den Aushub gesehen habe, hat mich die Panik überfallen. Aber das dauerte nur fünf Minuten, dann ging die Arbeit weiter.“ Heute ist sie ein bisschen stolz darauf, mit dem Trump Tower einen Meilenstein gesetzt zu haben.
In Ankara wurden vor zwei Wochen drei Türme von Premierminister Erdoğan eröffnet, die Zeremonie wurde live im Fernsehen übertragen. Die Größe des Auftrags sei aber nicht immer das Wesentliche. „Es ist auch die Herausforderung.“ Zu ihren derzeit aufregendsten Projekten zählt eines mit Vorarlberg-Bezug: Eine private Reitanlage samt Wohnkomplex auf einem 40.000 Quadratmeter großen Grundstück. Der Holzbau wird schlüsselfertig im Bregenzerwald hergestellt.
Haus in Hörbranz
Lustenauer Senf und Mamas Kässpätzle fehlen der Stararchitektin in der Türkei zwar. Eine berufliche Rückkehr nach Vorarlberg kann sie sich derzeit aber nicht vorstellen. „Aber ich habe heuer ein Haus gekauft in Hörbranz am Bodensee. Ich glaube, Österreich hat sehr viel in mich investiert. Meine Bildung ist das größte Gut, das ich habe. Es muss auch etwas zurückfließen.“
Die Größe eines Auftrags ist nicht immer das Wesentliche, es ist auch die Herausforderung.
Brigitte Weber
Zur Person
Brigitte Weber
die Sulnerin lebt und arbeitet als Architektin in der Türkei
Geboren: 28. Jänner 1964
Ausbildung: Architekturstudium an der TU Wien
Familie: ledig