Überlebende auf der Flucht: „So viele Tote“

Spezial / 10.11.2013 • 22:37 Uhr
Viele haben fast alles verloren. Und sind glücklich, wenn sie, ihre Kinder und weitere Angehörige zumindest überlebt haben. Foto: EPA
Viele haben fast alles verloren. Und sind glücklich, wenn sie, ihre Kinder und weitere Angehörige zumindest überlebt haben. Foto: EPA

Augenzeugenberichte aus den Katastrophengebieten.

Manila. Als Andrew Pomida in Manila aus einer Militärmaschine klettert, hat er nur ein ärmelloses Unterhemd, Shorts und Flip-Flops an. Nichts von dem, was er am Leib trägt, gehört ihm. Er musste sich die Sachen ausborgen. Taifun „Haiyan“ hat alles zerstört. Der 36-jährige Lehrer ist aus der besonders schwer betroffenen Provinz Leyte in die philippinische Hauptstadt gekommen. Nun versucht er, Medikamente, Nahrungsmittel und andere Vorräte zu kaufen. In Leyte gibt es nichts mehr.

Neun Verwandte gestorben

Pomida erzählt von Monsterwellen wie bei einem Tsunami, die am Freitag über seine Heimatstadt Tacloban gefegt sind. Er und seine zwei Kinder hätten nur überlebt, weil sie sich mit einem Seil an einem Pfosten in einem oberen Stockwerk ihres Hauses festgebunden hatten. Aber neun seiner Verwandten sind unter den Tausenden Todesopfern des Wirbelsturms auf den Philippinen.

„Allein in Tacloban gab es so viele Tote“, erzählt er. „Was passiert ist, war sehr, sehr schlimm. So viele Menschen sind tot, und viele mehr werden sterben.“

„Haiyans“ Spur der Verwüstung ruft Erinnerungen an den Tsunami in Südostasien im Jahr 2004 wach. Wie viele Menschen ums Leben gekommen sind, ist noch nicht klar, Hilfsorganisationen und lokale Behördenvertreter gehen aber von Tausenden Opfern aus.

Aneinander festgehalten

Die 27-jährige Desiree Tejano ist mit ihrer dreijährigen Tochter, ihrer Mutter und ihrer Schwester aus Tacloban geflohen. Ihr Vater und eine Schwester blieben zurück, um das beschädigte Haus der Familie zu bewachen. „Wir hatten Angst, sie zurückzulassen, aber wir hatten keine Wahl. Es gab dort nichts zu essen und zu trinken“, sagt Tejano. Als der Sturm über sie hereinbrach, hielten sie sich aneinander fest, erinnert sie sich. So haben sie überlebt.

„Es war, als ob wir von Tsunami und Hurrikan gleichzeitig getroffen wurden“, erzählt sie. Überall auf den Straßen seien Tote gelegen, der Gestank von verwesenden Leichen habe sich ausgebreitet. Ihre Familie habe trotz all dem Glück gehabt. Sie hätten alle überlebt. „Die meisten unserer Nachbarn sind tot. Der Tod ist überall.“

„Willkommen in Tacloban City“: Das Ortsschild steht noch. Häuser gibt es in der 220.000-Einwohner-Stadt nicht mehr viele. Foto: AP
„Willkommen in Tacloban City“: Das Ortsschild steht noch. Häuser gibt es in der 220.000-Einwohner-Stadt nicht mehr viele. Foto: AP
In vielen Orten herrscht Rechtlosigkeit und Chaos: Geschäfte werden geplündert. Foto: AP
In vielen Orten herrscht Rechtlosigkeit und Chaos: Geschäfte werden geplündert. Foto: AP
Wie nach einem Tsunami: Ganze Schiffe wurden im Sturm aus dem Meer ans Land gespült. Foto: AP
Wie nach einem Tsunami: Ganze Schiffe wurden im Sturm aus dem Meer ans Land gespült. Foto: AP
Die gemauerte Kirche von Tacloban trotzte dem Sturm – und dient daher als Notquartier. Foto: AP
Die gemauerte Kirche von Tacloban trotzte dem Sturm – und dient daher als Notquartier. Foto: AP