„Hilfe, wir brauchen Essen!“

Spezial / 12.11.2013 • 22:14 Uhr
Am Wochenende hat der Taifun „Haiyan“ fast alles zerstört. Gestern kam strömender Regen hinzu, der die Unglücksgebiete in Schlammwüsten verwandelt. Viele Menschen wollen nur noch eins: weg. Foto: Reuters
Am Wochenende hat der Taifun „Haiyan“ fast alles zerstört. Gestern kam strömender Regen hinzu, der die Unglücksgebiete in Schlammwüsten verwandelt. Viele Menschen wollen nur noch eins: weg. Foto: Reuters

Auf den Philippinen wächst in den Kata­strophengebieten die Verzweiflung.

Manila. Heftiger Dauerregen und anhaltende Probleme bei der Versorgung mit Hilfsgütern haben das Leid von Hunderttausenden Taifun-Überlebenden auf den Philippinen weiter vergrößert. Die Ausläufer eines neuen Sturmtiefs setzten gestern weite Teile des verwüsteten Kata­strophengebiets unter Wasser. Trümmerberge behinderten den Abfluss des Wassers. Viele Menschen, die seit Tagen nur unter notdürftig zusammengebauten Dachresten oder Plastikplanen leben, standen in der verwüsteten Stadt Tacloban teils knietief in einer durch Fäkalien, Kadaver und Müll verseuchten stinkenden Brühe.

Innenminister beruhigt

Immer noch erreicht viele Menschen die Hilfe nicht. Überall haben verzweifelte Überlebende Hilferufe an Container und Hauswände gemalt: „Wir brauchen Essen!“ „Rettet uns!“ „Hilfe!“ steht darauf. Kinder stehen weinend am Straßenrand, berichten Helfer, die im Notstandsgebiet unterwegs sind. „Die Probleme sind immens, das Gebiet ist riesig, aber wir tun alles Menschenmögliche“, versicherte Innenminister Mar Roxas.

Die Zahl der Opfer durch den gewaltigsten Taifun, der je an Land kam, ist weiter völlig unklar. Schätzungen gehen in die Tausende. Allein auf der Insel Samar, wo Taifun „Haiyan“ am Freitag über die Küste hereinbrach, seien mehr als 500 Menschen in Massengräbern beigesetzt worden, sagte Gouverneurin Sharee Ann Tan im Rundfunk. 2000 Menschen würden vermisst.

Flughafen belagert

In Tacloban sind alle Geschäfte, in denen Lebensmittel vermutet wurden, geplündert, berichten Lokalsender. In ihrer Verzweiflung sind Leute auf selbst gebauten Flößen vor der Küste unterwegs und versuchen, mit bloßer Hand Fisch zu fangen.

Im strömenden Regen belagern Verzweifelte mit behinderten Angehörigen und kranken Babys den Flughafen und hoffen, ausgeflogen zu werden. Die Plätze in den Maschinen reichen bei Weitem nicht. Soldaten halten sie davon ab, das Rollfeld zu stürmen.

Aus aller Welt traf Hilfe auf den Philippinen ein. Energiekekse des Welternährungsprogramms, Fertigbauteile für Hütten aus Malaysia, Räumgerät aus Japan. Der Regierungssender zeigt die Lufthansa-Maschine, die mit Medizingerät und Decken aus Frankfurt in Manila gelandet ist. Tag und Nacht sortieren dort 2000 Freiwillige Essenspakete: In jede Plastiktüte kommen Reis, Sardinen, Kekse. Das Problem ist nach wie vor, die Tüten zu den Bedürftigen zu bekommen.

Ein Team des Senders ABS-CBN erreichte die fast völlig zerstörten Ortschaften Dulag, Tolosa und Palo gut 20 Kilometer südlich von Tacloban. Sie haben noch keine Hilfe bekommen. Auf einer Verkehrsinsel seien dort zahlreiche Tote notdürftig begraben worden, berichteten die Reporter.

Vor allem Gebrechliche sind auf Hilfe angewiesen. Foto: AP
Vor allem Gebrechliche sind auf Hilfe angewiesen. Foto: AP
Auf dem Flughafen von Tacloban versuchen Hunderte Menschen, einen Platz in einem Flugzeug zu ergattern. Foto: EPA
Auf dem Flughafen von Tacloban versuchen Hunderte Menschen, einen Platz in einem Flugzeug zu ergattern. Foto: EPA
„Bitte, helft uns“, steht auf dem Schild des Buben. Foto: EPA
„Bitte, helft uns“, steht auf dem Schild des Buben. Foto: EPA